Magazin darf unwahre Behauptungen über Begünstigung eines Abteilungsleiters nicht weiterverbreiten
Das Landgericht Berlin hat dem Münchner Magazin "Focus" mit Urteil vom 9. August 2005 untersagt, seine erwiesen unwahren Behauptungen über die Verbeamtung eines Abteilungsleiters im Bundesumweltministerium zu wiederholen. Es bestätigte damit eine bereits am 23. Juni erlassene einstweilige Verfügung. Der Redaktion des Münchner Magazins bleibt es untersagt, den Eindruck zu erwecken, die Verbeamtung des Abteilungsleiters im Bundesumweltministerium stehe im Zusammenhang mit den geplanten Neuwahlen zum Deutschen Bundestag (Az. 27 O.569/05). Dagegen ging es bei der gestern veröffentlichten Entscheidung des Landgerichts München nicht um den materiellen Wahrheitsgehalt der Focus-Behauptungen, sondern um den Anspruch auf Gegendarstellung. Gegen die ablehnende Entscheidung des Münchner Gerichts hat das Bundesumweltministerium Berufung eingelegt.
Unter der Überschrift "Warmer Regen" hatte "Focus" in seiner Ausgabe Nr. 25 vom 20.6.2005 von einer angeblichen Beförderungswelle nach Bekanntwerden der Neuwahlabsichten in einigen rot-grün geführten Bundesministerien berichtet. Über das Bundesumweltministerium hieß es in dem Bericht: "Für ihre Leute sorgen auch die Grünen. In Trittins Umweltministerium wurde der seit zwei Jahren angestellte Leiter der Abteilung Naturschutz … am 25. Mai zum Beamten auf Lebenszeit ernannt."
Das Magazin verschwieg jedoch die Tatsache, dass das Verbeamtungsverfahren für den Abteilungsleiter bereits seit April 2005 lief, obwohl die Redaktion von der BMU-Pressestelle vor der Veröffentlichung ausdrücklich darauf hingewiesen worden war. Deshalb wurde diese Darstellung auf Antrag des BMU verboten.
Weiterhin hatte Focus behauptet: "Kollegen munkeln allerdings, die Massnahme diene der Sicherung seines Arbeitsplatzes." Auch die Weiterverbreitung dieser Behauptung wurde dem Magazin gerichtlich untersagt. Das Magazin war nämlich darüber informiert worden, dass der Abteilungsleiter durch die Übernahme ins Beamtenverhältnis in keiner Weise besser gestellt wird, sondern beamtenrechtliche Gründe seine Ernennung erfordern.
"Die angegriffenen Äußerungen [des Magazins] sind erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, die als solche nicht mehr vom Schutz der Pressefreiheit erfasst und geeignet sind, den Antragsteller im öffentlichen Ansehen herabzuwürdigen", so die Berliner Richter.
Das LG München begründet seine Entscheidung mit einer erstaunlichen Argumentation. Es bestreitet, dass das Ministerium einen Anspruch auf Gegendarstellung habe, weil es von den Behauptungen des Magazins gar nicht betroffen sei. Kernsatz: "Unmittelbar betroffen ist derjenige, auf den ein unbefangener Leser die Veröffentlichung bezieht. Es ist also auf das Verständnis des unbefangenen Lesers abzustellen." Zwar sei es richtig, dass Beamte nur von der Bundesrepublik ernannt und befördert werden könnten, aber, so die Richter, "einen irgendwie gearteten Bezug zu der Anstellungskörperschaft der betroffenen Beamten und damit zur Verfügungsklägerin vermag der der unbefangene Leser bei Lektüre des streitgegenständlichen Artikels jedoch nicht herzustellen". Betroffen seien damit lediglich "Rot-Grün" bzw. "Die Grünen".
Das Bundesumweltministerium hat Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.