Klinkert: Keine großflächigen radioaktiven Belastungen in Bergbaugebieten Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts

28.04.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 16/97
Thema: Nukleare Sicherheit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Bundeseinheitliche strahlenschutzrechtliche Altlastenregelung in Vorbereitung

Bundeseinheitliche strahlenschutzrechtliche Altlastenregelung in Vorbereitung

"Anfängliche Befürchtungen, die Bergbauregionen Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts könnten flächendeckend radioaktiv belastet sein, haben sich als unbegründet erwiesen. Das haben die seit 1994 durchgeführten Meßprogramme des Projektes ‘Erfassung und Bewertung bergbaulicher Umweltradioaktivität’ ergeben. Außerhalb der Wismut-Gelände wurden nur an einzelnen Standorten in begrenztem Umfang radioaktive Belastungen gefunden, für die Sanierungsmaßnahmen zu prüfen sind. Der weitaus größte Teil der untersuchten Gebiete kann für eine Nachnutzung freigegeben werden. Damit stellt das Bergbau-Altlastenkataster, das wie geplant noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll, einen wesentlichen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion und zur Beseitigung wirtschaftlicher Hemmnisse dar." Dies erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium Ulrich Klinkert heute während seines Informationsbesuchs in Schlema. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz Prof. Dr. Alexander Kaul stellte er in der Informationsstelle des Bundesamtes eine neue Broschüre und den aktuellen Stand der Untersuchungen zur radiologischen Situation in den Bergbaugebieten Sachsens, Thüringens und Sachsen-Anhalts (Altlastenkataster) vor.

Das Bundesamt für Strahlenschutz führt seit 1991 im Auftrag des Bundesumweltministeriums das Projekt "Altlastenkataster" durch. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 40 Millionen DM.

Ausgangspunkt für dieses Vorhaben war die Tatsache, daß in dieser Region bereits im frühen Mittelalter Erz-, Mineralstoff-, später auch Steinkohle- und Kupferschieferbergbau betrieben wurden. Dabei gelangten große Mengen Abraum mit teilweise überdurchschnittlichen Konzentrationen an natürlichen Radionukliden in die Umwelt. Diese Situation wurde durch den nach dem Zweiten Weltkrieg aufgenommenen intensiven Uranerzbergbau der Wismut verschärft. Da die politischen Verhältnisse in der DDR eine systematische Ermittlung der Auswirkungen des Bergbaus auf Mensch und Umwelt verhindert hatten, mußte nach der deutschen Einheit eine zuverlässige Bestandsaufnahme der vorhandenen Belastungssituation eingeleitet werden.

Ziel des Vorhabens ist es, diejenigen Bergbauflächen zu identifizieren, die radiologisch nicht oder nur unwesentlich belastet sind und die für eine Nutzung freigegeben werden können. Darüber hinaus gilt es, die Flächen einzugrenzen, bei denen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen in Betracht zu ziehen sind.

Im Rahmen der Untersuchung wurden die bergbaulichen Hinterlassenschaften in einem Eingrenzungsverfahren schrittweise identifiziert und bewertet. In der 1. Projektphase wurden zunächst 34 Verdachtsflächen mit einer Ausdehnung von insgesamt 1.500 Quadratkilometern bestimmt. Eine radiologische Grobbewertung zeigte jedoch, daß der überwiegende Teil dieser Verdachtsflächen nicht nennenswert kontaminiert ist. Die Untersuchungen in der 2. Projektphase konnten deshalb auf Teilflächen mit einem Gesamtumfang von 240 Quadratkilometern begrenzt werden. Auch die meisten dieser Flächen konnten im Zuge der weiteren Ermittlungen als radiologisch unbedeutend eingestuft werden. In der derzeit noch laufenden 3. Projektphase können sich die Untersuchungen daher auf Flächen mit einer Gesamtausdehnung von etwa 40 Quadratkilometern konzentrieren.

Insgesamt wurden innerhalb der Verdachtsflächen rund 5.300 Einzelobjekte untersucht. Obwohl einige der Meßprogramme noch nicht abgeschlossen sind, zeichnet sich ab, daß nach Beendigung dieser letzten Projektphase ca. 60 Prozent der Objekte uneingeschränkt und rund ein Viertel eingeschränkt nutzbar sind. Lediglich für ca. 10 - 15 Prozent müssen Sanierungsmaßnahmen geprüft werden. Ob und in welchem Umfang in diesen Fällen tatsächlich saniert werden muß, kann erst auf der Grundlage vertiefter standortspezifischer Einzeluntersuchungen und der späteren Nutzung entschieden werden. Dies wird künftig den Ländern obliegen, denen nach Abschluß des Projekts sämtliche Daten zur Verfügung gestellt werden. Für einige Flächen wird das Bundesamt für Strahlenschutz eine Grobbewertung vornehmen.

In den Meßprogrammen der 3. Projektphase werden insgesamt

200.000 Messungen der Gamma-Ortsdosisleistung durchgeführt sowie

8.000 Oberflächenmaterialproben,

9.000 Proben aus Bohrungen,

600 Biomedien-, 200 Sediment- und 600 Wasserproben

entnommen. Auf dieser Grundlage erfolgen ca. 100.000 Radionuklidbestimungen.

Soweit bei den laufenden Untersuchungen Belastungsschwerpunkte festgestellt werden, von denen überdurchschnittlich hohe Strahlenexpositionen ausgehen können, werden sie den Ländern jeweils unverzüglich mitgeteilt. Die zuständigen Landesbehörden entscheiden dann unter Berücksichtigung der konkreten Standortverhältnisse über die Notwendigkeit kurzfristiger Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr, z. B. einer Absperrung des Geländes. Dies war bislang jedoch nur vereinzelt notwendig.

Stand der Wismutsanierung

Bei den Sanierungsvorhaben der Wismut GmbH sind in den letzten Jahren deutlich sichtbare Fortschritte erzielt worden. Von den von der Bundesregierung für diese Aufgabe bereitgestellten Sanierungsmitteln in Höhe von 13 Milliarden DM sind bislang ca. 5 Milliarden DM in Anspruch genommen worden. Die untertägigen Arbeiten zur Stillegung der Bergwerke sind fast abgeschlossen. Die Gesamtlänge der bis Ende 1996 stillgelegten Stollen, Strecken und Abbaufelder beträgt 1.270 Kilometer. Untertägige Hohlräume, Schächte und Tagesöffnungen mit einem Gesamtumfang von mehr als 5,5 Millionen Kubikmetern wurden verfüllt. Inzwischen konzentrieren sich die Anstrengungen zunehmend auf den übertägigen Bereich. Hervorzuheben sind insbesondere das seit 1993 laufende Großsanierungsvorhaben zur Verfüllung des Tagebaus Lichtenberg nahe Ronneburg, der Abriß von Betriebsanlagen, die Sanierung und Rekultivierung des Haldenkomplexes in Schlema sowie sanierungsvorbereitende Arbeiten an den Absetzbecken, die trockengelegt und abgedeckt werden sollen. Bis Ende 1996 wurden 25 Millionen Kubikmeter Haldenmaterial transportiert. Beim Abriß von Betriebsanlagen fielen 78.000 Tonnen Schrott und 300.000 Tonnen Abbruchmaterial an. Es wurden 320 Hektar Spülstrand auf den Absetzbecken abgedeckt und 203 Hektar Betriebsfläche saniert. Das Bundesumweltministerium hat die Sanierungsprojekte im Rahmen der strahlenschutzrechtlichen Bundesaufsicht von Anfang an eng begleitet. Fachgutachter des Bundesumweltministeriums haben hier wesentliche Hinweise gegeben, die in die Sanierung eingeflossen sind.

Parlamentarischer Staatssekretär Klinkert: "Im Bundesumweltministerium wird zur Zeit an neuen strahlenschutzrechtlichen Altlastenregelungen gearbeitet, mit denen das in den neuen Bundesländern bislang noch fortgeltende DDR-Strahlenschutzrecht abgelöst werden soll. Die neuen Vorschriften werden bundeseinheitlich gelten und beziehen die bisherigen Erfahrungen bei der Sanierung ein. Gleichzeitig soll damit für den Bereich der Altlasten eine Umsetzung der neuen EU-Grundnormen zum Strahlenschutz erfolgen. Ziel des Novellierungsvorhabens ist es, klare praxis- und strahlenschutzgerechte Vorgaben für die Überwachung und Sanierung radiologisch relevanter Bergbau- und Industriealtlasten zu schaffen."

28.04.1997 | Pressemitteilung 16/97 | Nukleare Sicherheit
https://www.bmuv.de/PM1361
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