Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:
"Als einer der weltweit am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige ist der Tourismus zu einer Schlüsselbranche für das globale Ziel einer nachhaltigen, das heißt dauerhaft umweltverträglichen Entwicklung geworden. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs, der die Ostseeregion wieder zu einem gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraum zusammenwachsen läßt, bieten sich auch durch wachsenden Tourismus große Entwicklungschancen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist der Erhalt der noch weitgehend intakten Natur. Daher ist es notwendig, den Tourismus in ökologisch auch langfristig tragfähigen Formen für Natur und Landschaft zu entwickeln. Ich hoffe, daß dafür wichtige Impulse von den ‘Rügener Gesprächen’ ausgehen." Dies erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute in Bonn anläßlich der Eröffnung der internationalen Fachkonferenz "Rügener Gespräche", die sich bis zum morgigen Freitag im Ostseebad Binz (Rügen) mit Managementstrategien für einen naturschonenden Küstentourismus im Ostseeraum beschäftigt.
Die Konferenz wird von der Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung e.V. veranstaltet und von Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt sowie dem Bundesamt für Naturschutz unterstützt. An der Tagung nehmen über 110 Vertreter aus Tourismuswirtschaft, Kommunen, Wissenschaft, von Sport- und Umweltverbänden sowie von Ministerien und anderen Behörden aus neun Ostseeanrainerstaaten teil. Ziel der Konferenz ist es, ausgehend von dem 1992 auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio beschlossenen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung erstmals gemeinsame Strategien für einen umwelt- und naturverträglichen Küstentourismus im Ostseeraum zu erarbeiten und die Zusammenarbeit der Ostseeanrainer im Bereich des Tourismus zu fördern.
Die Teilnehmer der"Rügener Gespräche" werden sich im Rahmen von sechs Gesprächskreisen mit aktuellen Fragen der Tourismusentwicklung im Ostseeraum beschäftigen, so unter anderem mit:
- Veränderungen im Konsumverhalten der Reisenden und
- neuen Urlaubsformen
- Auswirkungen touristischer Großprojekte
- dem Schutz der biologischen und landschaftlichen Vielfalt als Grundlage eines tragfähigen Küstentourismus
- der Rolle der Kommunen im Ostseeraum und den Zielen einer "lokalen Agenda 21"
- den Chancen einer regionalen Zusammenarbeit sowie geeigneten Instrumenten für eine nachhaltige Tourismusentwicklung
Die Fragen der nachhaltigen Entwicklung haben mit dem Fall des Eisernen Vorhangs im Ostseeraum besonderes Gewicht erlangt, da die Ostsee und ihre Küsten als Zielregion für den internationalen Tourismus erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Dies gilt für den Badetourismus, der sich vor allem an der südlichen Küste rasch entwickelt ebenso wie für den Sporttourismus, der in der gesamten Region Zuwächse zu verzeichnen hat. So gibt es allein an der deutschen Ostseeküste inzwischen über 110 000 feste Liegeplätze für den Bootssport. In Schweden sind über 600 000 Motorsportboote registriert, die vor allem in Küsten- und Inselgewässern verkehren. Auf dem Gebiet der Kreuzfahrten liegt der Ostsseeraum bereits im internationalen Spitzenfeld.
Hinzu kommt das Problem der zunehmenden Bebauung der Küsten. Nach einer Studie im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz hat Europa zwischen 1900 und 1990 etwa 43 Prozent seiner Dünen durch Tourismus verloren, einige Mittelmeerländer sogar 75 bis 80 Prozent. Vergleichbare Entwicklungen im Ostseeraum gilt es durch eine naturverträgliche Tourismusentwicklung zu verhindern. Bislang ist an der deutschen Nord- und Ostseeküste ein Rückgang der Dünen um 15 bis 20 Prozent seit der Jahrhundertwende zu verzeichnen.
Nachhaltiger Tourismus bietet darüber hinaus die Chance, wertvolle Ökosysteme zu erhalten, Schutzgebiete zu finanzieren sowie gewachsene Kulturlandschaften, historische Stätten und Sehenswürdigkeiten zu sichern.
Die "Rügener Gespräche" stehen im Kontext von internationalen Initiativen für eine nachhaltige Tourismusentwicklung, wie sie jetzt im Rahmen der UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) sowie des "Übereinkommens über die biologische Vielfalt" verfolgt werden. Zum Abschluß der Konferenz werden "Rügener Empfehlungen" für ein ökologisch tragfähiges Management des Küstentourismus als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im Ostseeraum beschlossen, die allen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Bereich des Tourismus in den Ostseeanrainerstaaten zur Verfügung gestellt werden. Zugleich wird damit ein deutscher Beitrag zu dem von Schweden initiierten Prozeß der "Agenda 21 für den Ostseeraum" geleistet werden, die als weltweit erste regionale "Agenda 21" auch beim Tourismus einen Schwerpunkt der künftigen Ostseezusammenarbeit setzt.
Bundesumweltministerin Merkel: "Ich begrüße es, daß sich die ‘Rügener Gespräche’ im Rahmen der Diskussion um eine nachhaltige Tourismusentwicklung vor allem dem Küstentourismus zuwenden, der nach meiner Ansicht bislang noch zu wenig im Mittelpunkt der Diskussion steht. Meeresküsten gehören zu den beliebtesten Reisezielen , sind aber zugleich auch ökologisch besonders sensible Regionen, die es als Naturerbe und als eine wichtige Lebensgrundlage und Einkommensquelle der Küstenbewohner langfristig zu erhalten gilt. Auch wenn die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Bedingungen in den Ostseeanrainerstaaten sehr unterschiedlich sind, sehe ich gute Chancen, die Ostseeregion zu einem Modellraum für nachhaltige Formen des Tourismus zu entwickeln."
Hinweis für die Redaktionen: Zum Abschluß der "Rügener Gespräche" findet am morgigen Freitag, 21.11.1997, 13.00 Uhr, ein Pressegespräch statt. Ort: Strandhotel "Arkona", Kaminzimmer, Strandpromenade 59 , 18609 Binz.