Hochrangige Vertreter der Ostseeanrainerstaaten sowie der europäische Umweltkommissar haben heute ihren Ostseeaktionsplan für den Zeitraum 2021 bis 2030 vorgelegt. Im Fokus des Plans stehen dabei Aktivitäten gegen Verschmutzungen der Ostsee, vor allem durch Meeresmüll sowie Eutrophierung, die durch Überdüngung verursacht wird. Bis 2030 sollen 50 Prozent weniger Abfälle an den Stränden landen als heute. Die HELCOM-Partner wollen auch den Schutz von marinen Arten und Lebensräumen verbessern. Dazu soll bis 2030 ein Drittel der Ostsee unter strengen Schutz stehen und mit einem effektiven Management versehen sein. Deutschland hat derzeit den HELCOM-Vorsitz.
Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth: „Sind die Meere krank, geht es auch den Menschen schlecht. In den nächsten Jahren wollen die HELCOM-Partner die Meeresverschmutzung in den Griff kriegen und das Ökosystem Ostsee intakt bringen. Denn nur widerstandsfähige Ökosysteme können den Belastungen durch Klimawandel und menschliche Eingriffe standhalten. Vor allem darf der wirtschaftliche Aufbau nach der Corona-Krise nicht zu Lasten von Klimaschutz und Meeresschutz gehen. Die Ostseeanrainer senden heute auch ein deutliches Signal an die COP 26: Klimaschutz und Klimaanpassung werden künftig Prüfsteine aller HELCOM-Entscheidungen. Deutschland wird den Schutz der deutschen Ostsee bis spätestens 2030 erheblich verbessern und so das ostseeweite Managementsystem stärken.“
Der Baltic Sea Action Plan (BSAP) für die kommenden Jahre widmet sich umfassend allen Herausforderungen und Belastungen, denen sich das Meeresökosystem Ostsee gegenübersieht. Weniger Müll im Meer, weniger Überdüngung, geringere Beeinträchtigung der Meerestiere durch Unterwasserlärm sowie möglichst wenig Störungen des Meeresbodens gehören zu den prominenten Zielen.
Lilian Busse, Vizepräsidentin des Umweltbundesamtes und aktuelle HELCOM-Vorsitzende: „Die heute mit dem Ostseeaktionsplan erstmals verabschiedete Wissenschaftsagenda bekräftigt, dass die Vertragspartner diese Herausforderungen verstärkt durch wissenschaftliche Zusammenarbeit und auf der Grundlage neuester Erkenntnisse anpacken wollen. Der Ostseeaktionsplan schreibt die Vorbildfunktion von HELCOM als einer regionalen Meeresschutzkooperation fort und trägt beispielhaft dazu bei, die globalen Ziele für gesunde und nachhaltig genutzte Meere zu erreichen. Ich freue mich, dass mit dem Ostseeaktionsplan auch die Zusammenarbeit mit dem OSPAR-Übereinkommen zum Schutz des Nordostatlantiks, zu dem auch die Nordsee gehört, zu verschiedenen Themen gestärkt wird. Ich bin davon überzeugt, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Regionen die Belange des Meeresschutzes und die Entwicklung nachhaltiger Lösungen stärken wird. Ich freue mich, dass es gelungen ist, erstmalig einen Aktionsplan zur Reduktion des Unterwasserlärms zu verabschieden und konzertiert gegen die Munitionsaltlasten aus zwei Weltkriegen vorzugehen.“
Künftig wollen sich die HELCOM-Partner verstärkt dem Problem der Eutrophierung widmen. Durch Überdüngung geraten zahlreiche Nährstoffe aus der Landwirtschaft über das Grundwasser, die Flüsse oder auch die Atmosphäre in die Ostsee. Infolgedessen kommt es zu enormem Algenwachstum, das wiederum Meerestieren und Unterwasserpflanzen den nötigen Sauerstoff nimmt. Auf diese Weise sind verstärkt tote Zonen in der Ostsee entstanden. Mit der Verabschiedung einer Nährstoff-Recycling-Strategie reagiert HELCOM auf diese Situation. Die Partner wollen in den kommenden Jahren ein nachhaltiges Management von Nährstoffen etablieren und den Nährstoffverlust in Richtung Ostsee durch effiziente Nutzung der Nährstoffe so weit wie möglich minimieren.
Die HELCOM-Partner streben an, die geschützte Fläche der Ostsee von derzeit etwa 15 Prozent auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Bis 2030 soll ein Drittel dieser Schutzgebiete unter strengem Schutz stehen. Der Aktionsplan enthält auch gezielte Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der natürlichen Vielfalt aller Arten der Ostsee, ihrer Nahrungsnetze und Lebensräume.
Darüber hinaus wurde der 2015 beschlossene Regionale HELCOM-Aktionsplan gegen Meeresmüll aktualisiert. Bis 2025 sollen mindestens 30 Prozent und bis 2030 50 Prozent weniger Abfälle an den Ostseestränden landen, verglichen mit dem derzeitigen Referenzwert von 40 Stück Abfall pro 100 Meter Küstenlinie. Im Fokus steht dabei vor allem die Reduzierung von Kunststoffmülleinträgen in die Ostsee.
Neben konkreten Aktivitäten zur Reduzierung von Mikroplastik und Einwegkunststoffen im Meer stellen sich die HELCOM-Staaten hinter die Initiative zur Erarbeitung eines globalen Kunststoffabkommen und zur Erteilung eines Verhandlungsmandats, das unlängst auf Initiative von Deutschland, Ecuador, Ghana und Vietnam auf internationaler Ebene weiter vorangetrieben wurde. Die Ostseeanrainer wollen künftig zu einer treibenden regionalen Kraft auf UN-Ebene werden, analog zu den Anstrengungen der OSPAR-Partner. Der Ostseeaktionsplan enthält außerdem erstmalig einen Aktionsplan zur Reduktion von Unterwasserlärm, zahlreiche Maßnahmenvorschläge gegen Schadstoffe und Munitionsaltlasten sowie Festlegungen zu fachpolitischen Querschnittsthemen wie Ocean Governance, Ökosystemansatz oder GES (Good Environmental Status).
In der HELCOM arbeiten Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Schweden sowie die EU zusammen. Grundlage ist das rechtlich verbindliche Helsinki-Übereinkommen von 1992 zum Schutz der Ostsee vor allen Formen der Verschmutzung von Land, auf See und aus der Luft. Die Vertragsstaaten verpflichten sich zudem zum Schutz von Habitaten und der Meeresbiodiversität sowie zur nachhaltigen Nutzung der Meeresressourcen.
Den aktuellen HELCOM-Vorsitz hat Deutschland inne, federführend verantwortlich ist das Bundesumweltministerium. Die Vorsitzfunktionen werden von einem Bund-Länder-Team wahrgenommen. Das Umweltbundesamt stellt für den Bund die Vorsitzende, Repräsentanten aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern übernehmen für jeweils ein Jahr den Vize-Vorsitz. Damit spiegelt der Vorsitz die föderale Struktur Deutschlands wieder und unterstreicht die Bedeutung der Interessen der Küstenbundesländer für die deutsche Positionierung bei HELCOM.