Soziale Effizienzinitiative soll Privathaushalte von Stromkosten entlasten
Mit einem "Nationalen Energieeffizienzplan" will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten drastisch senken und dafür sorgen, dass die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gesenkt werden. Gabriel will diese Ziele mit einem Bündel aus marktwirtschaftlichen Investitionsanreizen und ordnungsrechtlichen Vorgaben erreichen. Im Rahmen einer "sozialen Effizienzinitiative" sollen insbesondere Empfänger von Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kinderzulage von Energiekosten entlastet werden. So sollen diese Haushalte bei der Anschaffung von besonders energieeffizienten Haushaltsgroßgeräten der Effizienzklasse A++ einen finanziellen Zuschuss erhalten, der an eine individuelle aufsuchende Beratung durch einen Energieberater gekoppelt ist. Für die restlichen zwei Monate des laufenden Jahres will Gabriel dafür bis zu 5 Millionen Euro bereitstellen, im kommenden Jahr könnten diese Mittel aus den Auktionierungserlösen im Emissionshandel auf bis zu 15 Millionen aufgestockt werden.
Gabriel: "Es sind die Menschen mit geringen Einkommen, die in den am schlechtesten gedämmten Wohnungen mit den höchsten Heizkosten leben. Sie können sich zum Beispiel den Strom sparenden Kühlschrank der Effizienzklasse A++ nicht leisten. Sie sind bisher weitgehend schutzlos den steigenden Energiepreisen ausgeliefert, sie müssen einen drastisch steigenden Anteil ihres Einkommens für Energie aufwenden. Gezielte Beratung und Hilfe für diese Bevölkerungsschichten ist deshalb dringend erforderlich. Hier setzt die soziale Effizienzinitiative des Bundesumweltministeriums an."
Nach Angaben des Zentralverbands der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) ist von den etwa 60 Millionen Kühl- und Gefriergeräten in deutschen Haushalten knapp die Hälfte mindestens 10 Jahre alt. Würden sie durch hoch effiziente Geräte ersetzt, könnten pro Jahr rund 8 Terawattstunden Strom eingespart werden. Das entspricht 5 Millionen Tonnen CO2. Bei Ausnutzung dieses Einsparpotenzials würden die privaten Haushalte jährlich um über 1,4 Milliarden Euro entlastet.
Gabriel sagte, seine Vorschläge richteten sich primär auf die bisher in der Effizienzdebatte weitgehend vernachlässigte Nachfrage nach Energie. "Seit Jahren leisten wir uns in Deutschland eine ritualisierte Debatte über den Strommix. Über nichts diskutieren wir lieber als über die Frage Atomkraft, Kohle oder erneuerbare Energien. Dabei sind die Weichen für den Strommix längst gestellt. Mit dem Atomausstieg, dem Emissionshandel, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz ist die Richtung klar vorgegeben. Jetzt müssen wir uns endlich um die wirklich wichtigen energiepolitischen Herausforderungen kümmern. Wir haben keine Stromlücke, sondern eine Effizienzlücke. Die müssen wir schnellstens schließen."
Der wichtigste Hebel für eine neue Energiepolitik ist die Steigerung der Energieeffizienz auf der Verbrauchsseite. Nach allen vorliegenden Studien bestehen hier riesige wirtschaftlich nutzbare Potenziale. Diese werden z. B. bei Raumwärme in bestehenden Gebäuden auf 70 Prozent und beim Stromverbrauch auf rund 20 Prozent geschätzt. "Diesen Schatz müssen wir heben", so Gabriel.
Der Nationale Energieeffizienzplan listet eine Reihe konkreter Maßnahmen für alle Sektoren auf und verlangt anspruchsvolle Effizienzstandards für Gebäude und Produkte. Um die Potenziale im Wärmebereich zu nutzen, schlägt Gabriel u.a. vor, die Energieeinsparverordnung konsequent fortzuschreiben, den bedarfsorientierten Energiepass für Gebäude generell zur Pflicht zu machen, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm aufzustocken sowie steuerliche Anreize zur Erhöhung der Sanierungsraten im Gebäudebestand zu schaffen. Im Verkehrsbereich soll zudem die Umstellung der Kfz-Steuer auf CO2-Basis dazu beitragen, um den Endenergieverbrauch des Verkehrs zu senken.
Für Haushaltsgeräte sollen nach dem Vorschlag in Zukunft dynamische Mindesteffizienzstandards nach dem sogenannten "Top-Runner-Prinzip" gelten: Das jeweils effizienteste und sparsamste Gerät soll den Standard in seiner Klasse setzen, den alle übrigen Marktteilnehmer innerhalb einer Frist entweder ebenfalls erreichen oder überbieten müssen. Durch eine intensive Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher am Verkaufsort, in zentralen Beratungsstellen (z.B. der Verbraucherverbände und der Sozialhilfeverbände) oder zu Hause und begleitende Marketingaktivitäten von Herstellern, Handel und öffentlichen Institutionen sollen die energiebewusste Nutzung von Strom, d.h. Stromeinsparung und der Kauf energieeffizienter Geräte unterstützt werden. Die Kennzeichnung der Geräte mit den Gesamtkosten, d. h. der Anschaffungs- und Betriebskosten sowie eine bessere Kennzeichnung des Energieverbrauchs, die dem aktuellen Stand der Technik angepasst werden, sind weitere Elemente.
Für die Wirtschaft schlägt Gabriel vor, die bisher schon bestehenden Ermäßigungen bei der Ökosteuer künftig an die Einführung von Energiemanagementsystemen zu knüpfen, da die klimaschutzpolitische Gegenleistung für die umfangreichen Ausnahmeregelungen bislang weitgehend ausgeblieben sei.