Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat die Absicht der Bundesregierung bekräftigt, die Erkundungsarbeiten für ein atomares Endlager im Salzstock Gorleben zu unterbrechen. "Wir wollen die rein politisch statt fachlich begründete Entscheidung früherer Bundesregierungen für den Standort Gorleben rückgängig machen", sagte Trittin am Mittwoch in Bonn. "Ich beabsichtige, die Erkundungsarbeiten in Gorleben zu unterbrechen, sobald geklärt ist, wie im Falle einer solchen Entscheidung unnötige Regreßansprüche vermieden werden können. Dies wird voraussichtlich bis Ostern der Fall sein", so Trittin.
Die Bundesregierung werde einen nationalen Entsorgungsplan für die Erblast der radioaktiven Abfälle erarbeiten. Dazu gehöre ein neues Endlagerverfahren, bei dem es "kein politisches Präjudiz" für Gorleben oder einen anderen Standort geben dürfe. Erster Schritt sei die Erarbeitung neuer Sicherheitskriterien für eine vergleichende Endlagerbewertung. Da andere Standorte in diesen Vergleich mit einbezogen werden sollen, werde es bis zur Entscheidung über einen Standort "noch Jahre dauern", sagte Trittin. Mit der Ausarbeitung der Sicherheitskriterien werde er noch in dieser Woche ein Gremium von Sachverständigen beauftragen. Darüber hinaus kündigte Trittin ein öffentliches Hearing zu Gorleben und zum Endlagerkonzept insgesamt an. "Damit möchte ich der Argumentation gegen den Standort Gorleben und für eine Suche nach Eignungskriterien für ein Endlager stärkeres fachliches und politisches Gewicht geben."
Zum Plan einer Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben meinte der Bundesumweltminister, aus seiner Sicht komme eine Genehmigung dieser Anlage zur Vorbereitung von Atommüll für die Endlagerung in Gorleben "nicht in Frage". Es sei allerdings nicht der Bund, sondern das Land Niedersachsen, das eine privatwirtschaftliche Vereinbarung zur Abwicklung des Verfahrens getroffen habe. "Niemand zwingt Niedersachsen, die Anlage zu genehmigen."
Zum Vorwurf des niedersächsischen Umweltministers Jüttner, die Bundesregierung tue zu wenig für den Stopp in Gorleben, erklärte Trittin: "Statt mit dem Finger auf Bonn zu zeigen, sollte Wolfgang Jüttner seinen Ministerpräsidenten fragen, welches Ziel eigentlich die Landesregierung in Hannover verfolgt. Die jüngsten Äußerungen von Herrn Glogowski zur Atompolitik zeugen jedenfalls nicht von einem besonders ausgeprägten Willen, den Ausstieg aus der Atomenergie wirklich voranzutreiben. Wer den Aufschub von Castor-Transporten fordert, gleichzeitig den Atomausstieg auf 20 oder 30 Jahre und mehr veranschlagt und obendrein über einen Wiedereinstieg fabuliert, der trägt nicht zur Lösung des Problems bei, sondern zu seiner Verschärfung."
Hinweis:Bei seinem für heute und morgen geplanten Besuch in Gorleben wird Bundesumweltminister Trittin mit Vertretern der Anti-Atom-Initiativen zusammentreffen. Außerdem wird er das Erkundungsbergwerk und das Zwischenlager Gorleben besichtigen.
Für heute Nachmittag gegen 16.45 Uhr ist eine kurze Presseunterrichtung mit dem Minister geplant. (Schützenhaus Dannenberg). Wegen schlechter Wetterverhältnisse ist eine Verspätung möglich.