Ein Jahr rot-grüne Umweltpolitik: Der Anfang ist gemacht

27.10.1999
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 185/99
Thema: Nachhaltigkeit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Jürgen Trittin
Amtszeit: 27.10.1998 - 22.11.2005
14. Wahlperiode: 27.10.1998 - 22.10.2002

Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat eine positive Zwischenbilanz nach dem ersten Jahr rot-grüner Umweltpolitik gezogen. Zahlreiche in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Vorhaben seien in den ersten zwölf Monaten umgesetzt oder auf den Weg gebracht worden. "Auch wenn wir nicht alles erreicht haben, was wir uns vorgenommen haben: Mit dem bislang Erreichten brauchen wir uns nicht zu verstecken: Der Anfang ist gemacht", erklärte Trittin.

Klimaschutz und Energiewende

Als Kernstück der Umweltpolitik bezeichnete Trittin die Energiewende: Ausstieg aus der Atomenergie und den Einstieg in eine zukunftsfähige Energiepolitik. Dabei setze das Bundesumweltministerium auf drei Säulen: Energieeinsparung, mehr Energieeffizienz und verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. "Mit einem Mix aus finanziellen Anreizen und gezielten Förderprogrammen sind wir die ersten Schritte der Energiewende gegangen. Ein zentrales Instrument dabei ist die ökologisch-soziale Steuerreform. Die Ökosteuer trägt zur Senkung der energie- und verkehrsbedingten Schadstoffe bei und leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz", erklärte Trittin. Ziel der Ökosteuer sei es, umzusteuern zugunsten von Arbeit und Umwelt: Die Kosten für den Faktor Arbeit würden gesenkt, im Gegenzug werde der Verbrauch von Energie und Rohstoffen verteuert. Nach den Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsinstituts (RWI) habe allein die erste Stufe der Ökosteuer unter dem Strich 100.000 Arbeitsplätze geschaffen.

"Effizienter Einsatz von Energie soll sich lohnen", betonte Trittin. Deshalb solle nach dem Willen der Bundesregierung künftig bei sehr effizienten Kraftwerken - ab einem Wirkungsgrad von 55 Prozent - keine Mineralölsteuer mehr erhoben werden. Damit werde der bislang bestehende Wettbewerbsnachteil für Erdgas beseitigt und ein wichtiger Investitionsimpuls für neue hochmodernen Gas- und Dampfkraftwerke geschaffen. Gleiches gelte auch für hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 Prozent, die bereits seit der Einführung der Ökosteuer von der Mineralölsteuer befreit seien. Dies entspreche dem erklärten Ziel der Bundesregierung, die Kraft-Wärme-Kopplung zu stärken.

Zur Förderung erneuerbarer Energien habe die Bundesregierung bereits im Januar 1999 das 100.000-Dächer-Solarstromprogramm aufgelegt. Damit solle die Installation von 100.000 Photovoltaik-Anlagen mit jeweils rund 3 kW Spitzenleistung, also insgesamt 300 MW, gefördert werden. Darüber hinaus seien umfangreiche Fördermittel zur Markteinführung von Techniken zur energetischen Nutzung von Wind, Sonne, Biomasse und Erdwärme bereitgestellt worden: Ab 1999 Jahr für Jahr mindestens 200 Mio. DM. Zusammen mit den 181 Mio. DM Fördermitteln des 100.000 Dächer-Photovoltaikprogramms stünden damit in dieser Legislaturperiode etwa 1 Mrd. DM zusätzlicher Mittel für erneuerbare Energien zur Verfügung. "Ich würde mir wünschen, dass diese Energieformen in Deutschland bereits in 50 Jahren die Hälfte des Energiebedarfs decken. Dies setzt allerdings voraus, dass gleichzeitig durch Energieeinsparungen ein nennenswerter Verbrauchsrückgang erreicht wird.

Erstes Etappenziel ist es, bis 2010 den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 5 auf 10 Prozent und an der Primärenergie von heute gut 2 auf 5 Prozent zu verdoppeln", so Trittin.

Luftreinhaltung

Als richtungweisend hob der Bundesumweltminister die Beschlüsse der Bundesregierung zur Luftreinhaltung hervor. Im Zukunftsprogramm sei eine steuerliche Förderung schwefelfreier und schwefelarmer Kraftstoffe ab dem Jahr 2001 beschlossen worden. Damit wurde die Einführung des EU-weit ab 2005 vorgeschriebenen schwefelarmen Benzin- und Dieselkraftstoffs in Deutschland deutlich vorverlegt. Herkömmliche Kraftstoffe werden ab 2001 mit 3 Pfennig pro Liter zusätzlicher Mineralölsteuer belastet. Ab 2003 soll dann nur noch schwefelfreier Kraftstoff steuerlich begünstigt sein. "Das führt zu einer sofortigen Senkung der Schadstoffemissionen aller Fahrzeuge, da eine technische Umrüstung der Fahrzeuge nicht notwendig ist", so Trittin.

Außerdem werde der Weg für den Einsatz zusätzlicher Energiespartechniken im Straßenverkehr geebnet: Beim Benzin-Pkw können diese neue Technologien zu einer Verbrauchsminderung von rund 20 Prozent führen. Die neuen Kraftstoffe leisten also einen wesentlichen Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr. Außerdem ermöglichen sie den Einsatz preiswerter Partikelfilter und DeNOx-Katalysatoren für Dieselmotoren, was zu erheblichen positiven Effekten im Lkw-Verkehr führt. Denn: Eine Million Lkws produzieren soviel Partikel wie 42 Millionen Pkw, und doppelt so viele Stickoxide. Beide Effekte - technische Umstellung der Kfz-Flotte und neue Kraftstoffe wie z. B. auch Erdgas - werden trotz des prognostizierten Verkehrswachstums zwischen 2000 und 2010 zu einer Senkung der Emissionen führen - bei Rußpartikeln um 62 Prozent, bei Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen um je 55 Prozent. "Unsere Initiative ist also ein wirksamer Beitrag zum Umweltschutz und Gesundheitsschutz. Denn Stickoxide und Kohlenwasserstoffe sind Vorläufer des bodennahen Ozons, das zu dem gesundheitsschädlichen Sommersmog führt. Und Rußpartikel bei Dieselfahrzeugen gelten als krebserzeugend", so Trittin.

Abfallpolitik

Auch in der Abfallpolitik seien wesentliche Fortschritte erzielt worden, erklärte Trittin. So sei unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft die Richtlinie über die Verbrennung von Abfällen verabschiedet worden, die erstmalig Grenzwerte für die Mitverbrennung von Abfällen in industriellen Anlagen (Zementwerke, Feuerungsanlagen) umfasse. Trittin: "Damit werden Abfallexporte aus Deutschland, die aus den derzeit noch geltenden Unterschieden im Recht der Mitgliedstaaten resultieren, in Zukunft verhindert." Strengere Grenzwerte gelten nach der Richtlinie u.a. für Dioxine, Furane, Quecksilber und Stickoxide. Schlug die Abfallverbrennung im Jahr 1995 noch mit 2400 g/Jahr an Dioxinausstoß zu Buche, wird sich diese Schadstoffbelastung im Jahr 2005 auf nur 10 g/Jahr reduzieren.

Siedlungsabfälle sollen nach den Vorstellungen des Bundesumweltministeriums nicht weiterhin unbehandelt in ökologisch unzulänglichen Deponien abgelagert werden. Und es soll Alternativen zur Verbrennung geben. Trittin: "Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die oberirdische Deponierung von Siedlungsabfällen zu beenden. Der Bau neuer Deponien wird dann nicht mehr erforderlich sein. Bis dahin werden nur noch vorbehandelte Siedlungsabfälle abgelagert werden dürfen." Um dieses Ziel zu erreichen, sollen neben der thermischen Vorbehandlung von Abfällen - also der Müllverbrennung - auch hochwertige mechanisch-biologische Verfahren zugelassen werden.

Naturschutz

Unmittelbar nach dem Regierungswechsel wurde eine für den Naturschutz in Deutschland bedrohliche Entwicklung der vergangenen Jahre - die Privatisierung von Naturschutzflächen in den neuen Bundesländern durch die Bundesvermögensverwaltung - auf Initiative des Bundesumweltministers gestoppt. Langfristig sollen 10 Prozent der Landesfläche als Vorrangflächen für den Naturschutz entwickelt werden. Dazu gehört als eine der ersten im Koalitionsvertrag festgelegten Maßnahmen auch eine naturnahe Bewirtschaftung der im Bundesbesitz befindlichen Wälder.

Neue Nationalparke sind in letzter nicht nur durch juristische Entscheidungen in Frage gestellt worden. Sie sind auch zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen geworden. Beim Nationalpark Unteres Odertal habe ich mich in Gesprächen mit der Landesregierung von Brandenburg mit Erfolg dafür eingesetzt, den Pflege- und Entwicklungsplan für dieses bedeutende Projekt zu sichern. Gleichzeitig wurde daran gegangen, im Spreewald ein neues Großschutzgebiet auszuweisen. "Insgesamt wurden die Ausgaben für den Schutz von Gebieten mit gesamtstaatlich-repräsentativer Bedeutung im ersten Jahr unserer Regierungsarbeit auf 43 Mio. Mark gesteigert", erklärte Trittin.

Die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes sei in Arbeit, so Trittin. Es gehe darum, die Flächennutzung künftig natur-, umwelt- und landschaftsverträglich zu gestalten,ein großflächiges Biotopverbundsystem mit ca. 10 Prozent der Landesfläche zu schaffen,die Artenvielfalt zu schützen und die Verpflichtung zu einer flächendeckenden Landschaftsplanung aufzunehmen.

Umwelt und Gesundheit

Nach sehr langen und schwierigen Verhandlungen ist es der Bundesregierung auf europäischer Ebene gelungen, unter der deutschen Ratspräsidentschaft die Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen durchzusetzen. Die Freisetzungsrichtlinie verbessert den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher entscheidend, denn sie sieht u.a. eine Befristung der Zulassung auf maximal 10 Jahre sowie eine eindeutige Kennzeichnung gentechnisch erzeugter Produkte vor: Darüber hinaus ist der Antragsteller ist verpflichtet, die Freisetzung von unabhängiger Seite überwachen zu lassen (Monitoring).

Gemeinsam mit der Bundesgesundheitsministerin Kollegin Andrea Fischer hat der Bundesumweltminister im Sommer das Aktionsprogramm Umwelt und Gesundheit vorgestellt. Erstmalig wurden hier Strategien, Maßnahmen und Handlungsziele für eine umfassende Auseinandersetzung mit den gesundheitlichen Folgen von Umwelteinwirkungen vorgelegt. Das Programm enthält Instrumente zur Verbesserung des Umgangs mit den komplexen Fragestellungen wie Lärm, Allergien, hormonelle Wirkungen von Schadstoffen, Feinstäube und Resistenzbildung durch Arzneimittel. Aufgrund einer Initiative der Bundesregierung hat der EU-Umweltministerrat eine Änderung der europäischen Chemikalienpolitik angestoßen. Künftig soll zuverlässiger bewertet werden, welche Risiken mit welchen Chemikalien verbunden sind. Auch die Information über die zulässigen Verwendungsarten von chemischen Stoffen soll verbessert werden. Aber auch die Voraussetzungen, unter denen die Aufsichtsbehörden mit schnellen Maßnahmen eingreifen können, wenn es Anhaltspunkte für eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt gibt, sollen klarer gefasst werden. Darüber hinaus soll die Verantwortung der Hersteller, Importeure und sonstiger industrieller Nutzer für die Sicherheit ihrer Produkte gestärkt werden. So sind sie künftig zu einer Sicherheitsbewertung und zur besseren Aufklärung der Verbraucher verpflichtet.

27.10.1999 | Pressemitteilung 185/99 | Nachhaltigkeit
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