Neues Projekt für mehr biologische Vielfalt in den Kommunen
Die Wildnis zieht in Dessau-Roßlau, Frankfurt am Main und Hannover ein: Bislang intensiv gepflegte, aber auch brachliegende städtische Flächen werden ab jetzt zu "wilden" Lebensräumen. Ziel ist, die biologische Vielfalt zu erhöhen. Das Bundesumweltministerium fördert das Verbundvorhaben in den nächsten sechs Jahren mit insgesamt 3,3 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) begleitet das Projekt "Städte wagen Wildnis – Vielfalt erleben" fachlich.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, wollen aber die Natur nicht missen. Weil Stadtnatur nicht nur Naturerfahrung ermöglicht, sondern auch für ein besseres ökologisches Gleichgewicht sorgt, wollen wir dabei helfen, die Städte grüner werden zu lassen. Dieses Ziel haben wir uns unter anderem mit unserer Naturschutz-Offensive 2020 gesteckt. Deshalb freut es mich sehr, dass wir nun in kurzer Folge das zweite Projekt im Bundesprogramm fördern, das sich auf städtische Grünflächen konzentriert."
Erst vor wenigen Wochen war das Projekt "Stadtgrün – artenreich und vielfältig" in Wernigerode an den Start gegangen. Während in diesem Projekt der Fokus auf städtischem Grünflächenmanagement liegt, widmet sich das "Stadtwildnis-Projekt" ausgewählten kommunalen Flächen wie ehemaligen Kleingartenanlagen, nicht mehr genutzten Siedlungsflächen oder intensiv gepflegten Grünflächen. Diese sollen zu "wilden" Lebensräumen werden, die eine hohe biologische Vielfalt mitten in der Stadt beherbergen.
BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel: "Während öffentliche Parkanlagen für eine breite Mehrheit der Deutschen als Bestandteil der Stadtnatur sehr wichtig sind, zeigt sich bei Brachflächen – Flächen, die sich selbst überlassen bleiben – ein geteiltes Bild: Die Mehrheit von 69 Prozent der Bevölkerung befürwortet sich selbst überlassene Flächen in der Stadt. Es muss jedoch auch zur Kenntnis genommen werden, dass 30 Prozent der Befragten solchen Flächen in der Stadt ablehnend gegenüberstehen. Dies deutet darauf hin, dass urbane Wildnis oft noch als Zeichen der Verwahrlosung, als dunkler, unübersichtlicher Raum empfunden wird und eben nicht als das, was sie sein kann: ein Ort, an dem sich biologische Vielfalt entwickelt, auch zum Wohle von uns Menschen. Deshalb stehen wir hier noch vor einer großen und wichtigen Aufgabe: Wir möchten den Bürgerinnen und Bürgern die vielfältigen Funktionen solcher wilden Ecken in der Stadt vermitteln. Gleichzeitig wollen wir untersuchen, wie die Attraktivität solcher Flächen durch behutsame gestalterische Maßnahmen erhöht werden kann."
Im Projekt "Städte wagen Wildnis" soll darum die Akzeptanz der Menschen für "wilde" Flächen gefördert werden. Das Ziel ist, einen Perspektivwechsel von der negativ besetzten "unansehnlichen Brache" zu einer positiv besetzten "Stadtwildnis" mit einer großen biologischen Vielfalt und Platz für Naturerlebnis einzuleiten. Die vielfältigen Funktionen, die solche Flächen für Erholung, Naturerfahrung, aber auch Lokalklima und Artenvielfalt bieten können, sollen verdeutlicht werden. Ob Kommunen mit diesem Ansatz auch noch Geld sparen können, wird am Ende des Projektes feststehen.
Projektkoordinator ist die Stadt Frankfurt, die im Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt e. V." organisiert ist. Das Bündnis ist durch das Bundesamt für Naturschutz im Jahr 2012 initiiert worden. Es unterstützt die inhaltliche Arbeit und Zusammenarbeit von Kommunen, und bringt kommunale Interessen in aktuelle politische Entscheidungsprozesse ein. Verbundpartner im Projekt "Städte wagen Wildnis – Vielfalt erleben" sind die Städte Hannover und Dessau-Roßlau, die Leibniz-Universität Hannover, Bio-Frankfurt – Das Netzwerk für Biodiversität e. V., die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Hochschule Anhalt Köthen.
Hintergrund
Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) wird seit 2011 durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt unterstützt. Gefördert werden Vorhaben, denen im Rahmen der NBS eine gesamtstaatlich repräsentative Bedeutung zukommt oder die diese Strategie in besonders beispielhafter Weise umsetzen. Die geförderten Maßnahmen tragen dazu bei, den Rückgang der biologischen Vielfalt in Deutschland zu stoppen und mittel- bis langfristig in einen positiven Trend umzukehren. Sie dienen dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung sowie der Entwicklung der biologischen Vielfalt und gehen über die rechtlich geforderten Standards hinaus. Akzeptanzbildende Maßnahmen der Information und Kommunikation tragen dazu bei, das gesellschaftliche Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu stärken.