Atomausstieg "Teil der Richtungsentscheidung" im Herbst
Fünf Jahre nach der zwischen den Energieversorgungsunternehmen und der Bundesregierung geschlossenen Vereinbarung zum Atomausstieg hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin eine positive Zwischenbilanz gezogen. "Deutschland ist in den vergangenen Jahren auf dem Weg zur Beendigung der Plutoniumwirtschaft entscheidende Schritte vorangekommen", sagte Trittin heute in Berlin anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Zugleich warf er Union und FDP vor, mit ihrer rückwärtsgewandten Energiepolitik den "Konsens mit der Bevölkerung in der Atomenergie-Frage" aufkündigen und alte Gräben aufreißen zu wollen. "Der Ausstieg ist Teil der Richtungsentscheidung im Herbst 2005", so Trittin.
Trittin sagte, von einst 20 Atomkraftwerken in Deutschland liefen gegenwärtig noch 17. Von der im Atomkonsens vereinbarten Strommenge von 2,623 Terawattstunden (TWh) sei bereits ein gutes Drittel abgearbeitet. Die Atomtransporte in die Wiederaufarbeitung nach Frankreich und Großbritannien seien beendet worden. Trittin: "Wir haben das Ziel einer Minimierung dieser Transporte erreicht. Von ursprünglich 500 geplanten Atomtransporten fanden nur 267 statt - dank des Konzepts der dezentralen Zwischenlager, die in den vergangenen Jahren durch das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt wurden. Trittin verwies darauf, dass ab dem 1. Juli der gesetzliche Transportstopp in die Wiederaufarbeitung gilt. "Mit diesem Verbot des Atommüllexports tun wir einen wesentlichen Schritt zum Ausstieg aus der lebensbedrohlichen Plutoniumwirtschaft."
Trittin nannte den Atomausstieg "Teil der Richtungsentscheidung im Herbst 2005": "Union und FDP wollen den Konsens mit der Bevölkerung in der Atomfrage einseitig aufkündigen und das Atomgesetz ändern. Atomkraftwerke sollen länger laufen: statt 2020 werden bei der CDU Laufzeiten bis zum Jahre 2039 diskutiert. Verlängert werden sollen die Laufzeiten solcher Altmeiler wie Brunsbüttel und Biblis, denen auch im letzten Jahr ein Stammplatz in der Pannenstatistik sicher war. Die FDP will gar neue Atomkraftwerke in Deutschland bauen - schweigt sich aber vornehm aus, wo. Bei der Bundestagswahl 2005 geht es also auch um die Frage, ob wir zurück in die Energiepolitik der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gehen."
Trittin verwies auch auf die Folgen einer Laufzeitverlängerung für die Menge des zu entsorgenden Atommülls: "Längere Laufzeiten bedeuten mehr Atommüll, und mehr Atommüll verschärft das bisher ungelöste Entsorgungsproblem. Das ist verantwortungslos." Laufzeiten, wie sie bei der Union diskutiert werden, würden dazu führen, dass die Menge des Strahlenmülls sich verdoppeln würde.
Der Bundesumweltminister bekräftigte die Absicht der Bundesregierung, die Suche nach einem Atommüll-Endlager ergebnisoffen und transparent zu gestalten. Er erläuterte einen Gesetzesentwurf seines Ministeriums, mit dem Zuständigkeiten und Verfahrensschritte zur Auswahl eines Endlager-Standorts geregelt werden sollen. Der Gesetzesentwurf, der wegen des vorzeitigen Endes der laufenden Legislaturperiode nicht mehr ins Parlament gelangen kann, orientiert sich an den Empfehlungen des Arbeitskreises Endlagerstandorte (AkEnd). Folgende Rahmenbedingungen wurden ihm zugrunde gelegt:
Ein Endlager für alle Arten radioaktiver Abfälle soll bis etwa 2030 betriebsbereit sein. Das Auswahlverfahren, das sich an den Empfehlungen des AkEnd orientiert und das mit einem Standortgesetz abschließt, soll transparent und nachvollziehbar gestaltet werden. Es soll das Verursacherprinzip gelten, insbesondere die verursachergerechte Finanzierung der Endlagerung. Dies soll durch Errichtung eines öffentlich-rechtlichen Verbands sichergestellt werden, dem die Atomkraftbetreiber als Hauptabfallverursacher angehören. Diesem Verband, der unter der Rechtsaufsicht des BMU steht, soll die Aufgabe der Einrichtung des Endlagers, nicht jedoch die Entscheidung über den Standort, übertragen werden. Entscheidungen über die zu vergleichenden Standorte sowie über den Endlagerstandort sind nach dem Gesetzentwurf dem Deutschen Bundestag vorbehalten.