Bundeskabinett beschließt Hochwasserschutzgesetz
Das Bundeskabinett hat heute auf Vorschlag von Bundesumweltminister Jürgen Trittin den Entwurf des Hochwasserschutzgesetzes beschlossen. "Wir müssen den Flüssen wieder mehr Raum geben. Nur so können wir verheerende Schäden wie bei der Flutkatastrophe an der Elbe vor anderthalb Jahren zukünftig verhindern", sagte Trittin. Das Gesetz verhindere zukünftig, dass Industrieanlagen und Gewerbeflächen den Flüssen in den Weg gebaut und dass dadurch erneut Milliardenschäden bei der nächsten Flutwelle programmiert werden, so Trittin weiter.
Grundlage des Gesetzentwurfs ist das nach der Flutkatastrophe von der Bundesregierung am 15. September 2002 verabschiedete 5-Punkte-Programm zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes. "Ziel des 5-Punkte-Programms war, wirksamere Strategien zur Bekämpfung der Hochwassergefahren zu entwickeln. Das Hochwasserschutzgesetz ist hierfür die wichtigste Maßnahme", sagte Trittin. Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf ist ein sogenanntes Artikelgesetz, durch das die verschiedenen hochwasserrelevanten Rechtsvorschriften des Bundes den Erfordernissen einer wirksamen Hochwasservorsorge angepasst werden. Geändert werden sollen das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Baugesetzbuch (BauGB), das Raumordnungsgesetz (ROG), das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) und das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst (DWDG).
Zukünftig wird bundeseinheitlich vorgegeben, mindestens ein sogenanntes "100-jährliches Hochwasser" für die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten zugrunde zu legen. Die Länder erhalten für die flächendeckende Festsetzung dieser Gebiete eine Frist von fünf Jahren. Es wird eine zweite Kategorie der "überschwemmungsgefährdeten Gebiete" eingeführt und unter Schutz gestellt. Das sind zum Beispiel Flächen, die bei Deichbrüchen überflutet werden. "Den Menschen muss klar werden, dass auch Deiche nicht absolut vor Hochwasser schützen", sagte Trittin. Der Gesetzentwurf verpflichtet die Länder, die Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdeten Gebiete in den Raumordnungs- und Bauleitplänen zu kennzeichnen.
In Überschwemmungsgebieten dürfen grundsätzlich keine neuen Bau- und Gewerbegebiete mehr ausgewiesen werden. "Die Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre machen deutlich, dass wegen des immensen Schadenspotenzials in Überschwemmungsgebieten nicht mehr oder nur hochwassersicher gebaut werden darf", betonte der Bundesumweltminister.
Auch die landwirtschaftliche Bodennutzung muss sich künftig an den Gefahren des Hochwassers orientieren. Der Ackerbau ist in den Überschwemmungsgebieten bis Ende des Jahres 2012 grundsätzlich einzustellen. "Ackerflächen im Überschwemmungsgebiet erhöhen insbesondere die Gefahr der Bodenerosion. Schadstoffe können von Ackerböden besonders gut ausgewaschen und in die Gewässer eingetragen werden", erläuterte Trittin.
In das Wasserhaushaltsgesetz wird außerdem eine Pflicht für alle von Hochwassergefahren Betroffenen eingeführt, möglichen Schäden vorzubeugen. Ölheizungen sind in Überschwemmungsgebieten künftig prinzipiell verboten und gegebenenfalls nachzurüsten. "Auch Rechenzentren gehören beispielsweise in Überschwemmungsgebieten nicht in den Keller", so der Bundesumweltminister.
Die Länder werden verpflichtet, flussgebietsbezogene Hochwasserschutzpläne aufzustellen und international abzustimmen. Mit diesem Instrument sollen sie unter anderem sogenannte "Retentionsräume" schaffen, in die das Hochwasser ausweichen kann, aber auch Deiche verlegen, Niederschlagswasser zurückhalten, Auen erhalten und wieder herstellen.
Die Unterhaltung sowie der Ausbau und Neubau von Bundeswasserstraßen müssen künftig hochwasserneutral durchgeführt werden.
"Dieses Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes ist anspruchsvoll und verlangt von den Betroffenen spürbare Einschränkungen. Aber nur so können wir eine durchgreifende Verbesserung, insbesondere eine deutliche Minderung der Schäden erreichen", sagte Trittin.
Das Hochwasserschutzgesetz wird jetzt dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und anschließend dem Bundestag zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.