Trotz der seit 1993 geltenden Pflicht zur Gasrückführung an Tankstellen gelangen beim Tanken immer noch Jahr für Jahr Tausende Tonnen giftiger Kraftstoffdämpfe in die Luft und gefährden Umwelt und Gesundheit. Ursache sind mangelhaft arbeitende "Saugrüssel" an den Zapfpistolen. Dagegen will Bundesumweltminister Jürgen Trittin jetzt mit einer neuen Verordnung vorgehen. Künftig soll der einwandfreie Betrieb der "Saugrüssel" sichergestellt werden. Heute beginnt in Bonn eine zweitägige Anhörung zu dem Reformvorhaben, mit dem die 21. Bundesimmissionsschutz-Verordnung novelliert werden soll.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin zeigte sich enttäuscht darüber, dass es nicht zu einer freiwilligen Vereinbarung mit der Industrie gekommen sei. "Nachdem die Gespräche mit der Mineralölwirtschaft über eine Selbstverpflichtung gescheitert sind, bleibt als einziger Weg das Ordnungsrecht, um die Einhaltung von Umweltstandards zu gewährleisten. Ich hoffe, dass die Gaspendel-Neuregelung die breite Unterstützung von Ländern und Verbänden findet."
Als "Saugrüssel" werden die in den 90er Jahren eingeführten Zapfpistolen mit Gasrückführung bezeichnet. Sie sollen die beim Betanken entweichenden Kraftstoffdämpfe absaugen und in den Lagertank der Tankstelle zurückführen. Bis auf eine geringe Anzahl kleinerer Tankstellen, die vor 1993 errichtet wurden, mussten alle Tankstellen bis Ende 1997 mit der neuen Technik ausgestattet werden. Wiederholte Kontrollen der Bundesländer hatten aber gezeigt, dass bis zu 50 Prozent der installierten Systeme nicht einwandfrei funktionierten. Bei rund einem Drittel waren sogar Totalausfälle zu verzeichnen. Als Hauptursachen wurden mangelnde Eigenkontrolle und Wartung durch die Tankstellenbetreiber festgestellt. Mit den Kraftstoffdämpfen gelangen vor allem flüchtige Kohlenwasserstoffe, insbesondere das krebserregende Benzol, in die Luft. Dies führt auch zu einer vermehrten Bildung von Sommersmog.
Auf Vorschlag des Bundesumweltministeriums sollen die Saugrüsselsysteme mit einer automatischen Überwachungsvorrichtung ausgerüstet werden, die dafür sorgt, dass die Kraftstoffabgabe automatisch unterbrochen wird, wenn Störungen der Abgasrückführung nicht binnen 24 Stunden behoben werden. Bis zur Installation dieser Überwachungseinrichtung soll das Tankstellenpersonal monatlich die Funktionsfähigkeit des Saugrüssels prüfen. Darüber hinaus wird der Zeitraum für eine Überprüfung der Saugrüsselsysteme durch einen Sachverständigen (z. B. TÜV) von bisher 5 Jahren auf 2 Jahre verkürzt. Die Kosten für die automatische Überwachungseinrichtung werden vom Umweltbundesamt im Durchschnitt auf rund 10 000 DM je Tankstelle geschätzt.