Nach Auswertung der neuesten Berichte der schwedischen Atomaufsicht hat sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel heute in einem Schreiben an die für die Atomaufsicht zuständigen Länderminister gewandt und einen lückenlosen Sicherheitsnachweis für die deutschen Kernkraftwerke gefordert. "Der Vorfall in Schweden war so gravierend, dass die in Deutschland für kerntechnische Sicherheit zuständigen Minister ihrer Verantwortung nicht gerecht würden, wenn sie sich lediglich auf die Beurteilungen und Versicherungen der Betreiber verlassen würden. Erforderlich ist eine gründliche und detaillierte Prüfung der Anlagendokumentationen und der Anlagen vor Ort", betonte Gabriel.
Die Prüfung müsse klären, ob man derzeit bereits lückenlos nachweisen kann, dass sich die Vorfälle in Schweden in deutschen Anlagen nicht ereignen können. Zu untersuchen ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob Spannungsimpulse und Überspannungen zu Schäden in der Regelung der Notstromaggregate führen können und ob nachweislich gesichert ist, dass bei einem Störfall die sicherheitstechnischen wichtigen Steuerungs- und Überwachungseinrichtungen weiterhin ausreichend mit Strom versorgt werden. Wenn gleichartige Störfälle nicht nachweislich ausgeschlossen werden können, ist zu klären, ob dann alle Maßnahmen ermittelt und umgesetzt sind, die notwendig sind, um zukünftig die erforderliche Sicherheit bei gleichartigen Fällen zu gewährleisten. Außerdem muss geklärt werden, ob weitere Untersuchungen folgen müssen.
"Falls Nachweislücken vorliegen, die so gravierend sind, dass die Sicherheit des Anlagenbetriebs in Frage steht, dann ist der Betrieb der Anlage bis zur Klärung der Sicherheitsfragen vorläufig zu untersagen und die Bundesaufsicht sofort zu informieren", so Gabriel.
Der Bundesumweltminister hat zudem eine Untersuchung veranlasst, um zu klären, ob der im Kernkraftwerk Forsmark zu Tage getretene technische Versagensmechanismus aufgrund von bereits zuvor bekannten Informationen möglicherweise hätte verhindert werden können, wenn diese Informationen international besser gebündelt, ausgewertet und kommuniziert worden wären. "Wir können es uns auf Grund des hohen Risikopotentials der Atomkraft weder national noch international leisten, Fehler erst dann zu erkennen, wenn Sie mehrfach aufgetreten sind und zu ernsten Sicherheitsbeeinträchtigungen führen", so Gabriel.
Die gravierende Bedeutung des Störfalls im Atomkraftwerk Forsmark in Schweden liegt darin, dass ein Kurzschluss außerhalb der Anlage wesentliche sicherheitstechnische Systeme lahm legte und zum Ausfall wichtiger Überwachungseinrichtungen in der Warte des Kraftwerks führte. Für rund zwanzig Minuten – bis zur Inbetriebnahme zusätzlicher Notstromdiesel, die per Hand gestartet werden mussten – bestand eine Situation großer Unsicherheit. Zwar hat sich nach den bisherigen Überprüfungen bislang nicht der Verdacht erhärtet, dass sich ein ähnliches Ereignis in deutschen Kraftwerken ereignen kann. Es sind jedoch nicht alle Fragen geklärt, um ein solches Ereignis in deutschen Anlagen ausschließen zu können.
Das Bundesumweltministerium wird die Sicherheit der deutschen Kernkraftwerke bei einem solchen Störfall erst dann bestätigen, wenn die Nachweise hierfür detailliert geführt sind.