Bundesregierung stellt Weichen für den Klimaschutz

18.10.2000
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 210/00
Thema: Klimaschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Jürgen Trittin
Amtszeit: 27.10.1998 - 22.11.2005
14. Wahlperiode: 27.10.1998 - 22.10.2002
Jürgen Trittin: "Das Klimaschutzziel ist erreichbar, erfordert aber zusätzliche Anstrengungen"

Jürgen Trittin: "Das Klimaschutzziel ist erreichbar, erfordert aber zusätzliche Anstrengungen"

Einen Monat vor Beginn der 6. Internationalen Klimaschutzkonferenz in Den Haag hat die Bundesregierung heute die Weichen für den Klimaschutz in den kommenden Jahren gestellt. Auf Vorschlag von Bundesumweltminister Jürgen Trittin verabschiedete das Bundeskabinett ein nationales Klimaschutzprogramm, mit dem der Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) in Deutschland bis 2005 um bis zu 70 Millionen Tonnen verringert wird. Diese Senkung ist notwendig, damit die Bundesrepublik ihre internationalen Klimaschutzverpflichtungen erfüllen kann. 1995 hatte sich Deutschland auf dem Klimagipfel in Berlin verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Dieses Ziel hatte die neue Bundesregierung 1998 bekräftigt.

Von den 50 bis 70 Millionen Tonnen Kohlendioxid sollen allein 5-7 Millionen Tonnen durch die Sanierung von Altbauten vermieden werden. Durch Maßnahmen im Verkehrsbereich sollen weitere 15 bis 20 Millionen Tonnen CO2-Einsparung hinzukommen. Zudem hat sich die Bundesregierung mit der deutschen Wirtschaft auf freiwillige Selbstverpflichtungen verständigt, mit denen der CO2-Ausstoß bis 2005 um zusätzliche 10 Millionen Tonnen und die Emission von sechs Treibhausgasen bis 2012 um weitere 10 Millionen Tonnen gesenkt wird.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Mit dem heute beschlossenen Klimaschutzprogramm stellt sich die Bundesregierung der großen umweltpolitischen Herausforderung, die der weltweite Klimawandel für die Menschheit darstellt. Wir werden unserer Verantwortung gerecht und lösen unsere Verpflichtungen durch konsequentes Handeln ein. Wir beenden den Stillstand im Klimaschutz, den uns CDU/CSU und FDP hinterlassen haben und wir sorgen dafür, dass Deutschland seine Vorreiterposition im Klimaschutz behält." Darüber hinaus werde Deutschland seinen Beitrag im Rahmen der EU-Lastenteilung zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls erbringen und bis 2008/2012 die Emissionen der sogenannten "Kyoto-Gase" (CO2, CH4, N2O, H-FKW, FKW, SF6) um insgesamt 21 Prozent gegenüber 1990 mindern.

Das Klimaschutzprogramm - es ist das fünfte seit Einrichtung der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) "CO2-Reduktion" unter Federführung des Bundesumweltministeriums im Jahr 1990 - bilanziert, was die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen bewirkt haben und listet auf, was zu tun ist, um den Kohlendioxidausstoß bis 2005 um 25 Prozent zu senken. Fazit: Mit den zwischen 1990 und 1998 beschlossenen Maßnahmen wären die Klimaschutzziele weit verfehlt worden. Es hätte sich bis 2005 allenfalls eine CO2-Minderung von maximal 15 bis 17 Prozent ergeben. "Uns wurde 1998 ein klimapolitischer Torso hinterlassen", so Bundesumweltminister Jürgen Trittin. "Es mangelte nicht nur an der Bereitschaft zu wirksamen Maßnahmen, sie wurden auch nur halbherzig angepackt. So wurde auf die Ökosteuer verzichtet und die Energiewende blockiert. Diesen Stillstand hat die rot-grüne Bundesregierung unverzüglich beendet."

Als Beispiele nannte Trittin die ökologische Steuerreform, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die Förderung schwefelarmer und schwefelfreier Kraftstoffe, um verbrauchs- und emissionsarmen Motortechniken zum Durchbruch zu verhelfen, das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien mit jährlich rund 200 Millionen DM und das 100.000 Dächer Photovoltaik-Programm.

Aber auch diese Maßnahmen, so stellt der Klimabericht fest, würden alleine nicht ausreichen. Die Ausbeute würde sich auf maximal 18-20 Prozent (180-200 Mio. t) CO2-Minderung belaufen -- mindestens 50 bis 70 Millionen Tonnen zu wenig. Deswegen definiert das Programm zusätzliche Schritte, mit denen diese Lücke bis 2005 geschlossen werden kann. Anders als frühere Klimaberichte gibt das Programm für einzelne Sektoren konkrete Minderungsbeiträge vor. Demnach müssen in privaten Haushalten und im Gebäudebereich 18-25 Millionen Tonnen, in Energiewirtschaft und Industrie 20-25 Millionen und im Verkehr 15-20 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis 2005 zusätzlich eingespart werden. Jürgen Trittin: "'Business as usual' hilft uns nicht weiter bei der Bekämpfung des Treibhauseffekts."

Die wichtigsten Maßnahmen im einzelnen:

  • Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung mit Hilfe einer Quotenregelung. Ziel: bis 2005 wird eine zusätzliche CO2-Minderung von rund 10 Millionen Tonnen und bis 2010 eine zusätzliche CO2-Minderung von 23 Millionen erschlossen. Die Quotenregelung soll spätestens bis Mitte 2001 wirksam sein.
  • Energieeinsparverordnung: Ziel: Senkung des Energiebedarfs von Neubauten gegenüber den bisherigen Standards um durchschnittlich 30 Prozent.
  • Programm für die Sanierung von Altbauten: Ziel: Minderung des CO2-Ausstoßes um 5 bis 7 Millionen Tonnen bis 2005. Zinsgünstige Kredite zur Wärmedämmung, Fenstererneuerung, Verbesserung der Haustechnik und Austausch von ineffizienten Heizkesseln, Durchführung von Energiediagnosen und Einbau von sogenannten bivalenten Anlagen (Kombination von Solarkollektoren mit traditioneller Heiztechnik). Hierfür sind im soeben vereinbarten Zukunftsinvestitionsprogramm bis 2003 jährlich 400 Millionen DM verfügbar. Über die Fortführung des Programms wird im Rahmen der Beratungen des Haushaltes 2004 entschieden.
  • Für die Entwicklung und Demonstration umwelt- und für klimaschonender Energieformen stellt das Kabinett jährlich 100 Mio. DM über einen Zeitraum von drei Jahren zur Verfügung. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Brennstoffzelle.
  • Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft: Die Bundesregierung entwickelt die Selbstverpflichtungen der deutschen Wirtschaft weiter. Die neue "Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge" sieht vor, bis zum Jahre 2005 die spezifischen CO2-Emissionen der deutschen Wirtschaft um 28 Prozent sowie bis zum Jahre 2012 die Kyoto-Gase - ausgedrückt in CO2-Äquivalenten - um 35 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Hieraus resultiert nach übereinstimmender Auffassung von Bundesregierung und deutscher Wirtschaft eine zusätzliche CO2-Minderung von 10 Millionen Tonnen bis 2005 und weiteren 10 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2012.
  • Weitere Förderung der Bahn: Bereitstellung von jährlich 2 Milliarden DM über einen Zeitraum von drei Jahren für die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen der Deutschen Bahn AG.
  • Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen für hocheffiziente Energieerzeugung: Steuerliche Gleichstellung hocheffizienter Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerke mit Kohle- und Atomkraftwerken.
  • Streckenabhängige Autobahnbenutzungsgebühr für schwere LKW ab 2003.
  • Verstärkte Förderung verbrauchsarmer Personenkraftwagen im Rahmen der Kfz-Steuer (Förderung des "Drei-Liter Autos", aber auch des "Fünf-Liter-Autos").
  • Verstärkter Einsatz von Leichtlaufölen und von Leichtlaufreifen bei Neufahrzeugen sowie Unterstützung der Umrüstung von Altfahrzeugen durch Abschluss einer Vereinbarung mit der Automobilindustrie.
  • Einführung emissionsdifferenzierter Landeentgelte für Flugzeuge.

Darüber hinaus nimmt auch die Bundesregierung ihre eigene Verantwortung ernst. Sie hat sich verpflichtet, den Ausstoß der CO2-Emissionen in ihrem Geschäftsbereich um 25 Prozent bis 2005 und um 30 Prozent bis 2010 gegenüber 1990 zu senken. Damit will sie ein deutliches Signal für alle anderen Akteure setzen, ebenfalls die in ihrem Bereich möglichen Klimaschutzbeiträge konsequent zu erschließen.

Ausgehend von der im europäischen und internationalen Raum stattfindenden Diskussionen über die Nutzung der sogenannten "Kyoto-Mechanismen" (Joint Implementation, Clean Development Mechanism, Emissions Trading) hat das Bundesumweltministerium eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung interessierter Unternehmen und Verbände gebildet, um die Möglichkeiten, Rahmenbedingungen und Auswirkungen eines nationalen Emissionshandelssystems zu erörtern.

Schließlich hat die Bundesregierung im Rahmen des neuen Klimaschutzprogramms weitere Maßnahmen zur Minderung der anderen Kyoto-Gase verabschiedet. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Umsetzung der Maßnahmen im Bereich Siedlungsabfall, mit der bis 2005 gegenüber 1990 eine Minderung der CH4-Emissionen in der Größenordnung von 15 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten erreicht wird. Bis 2010 wird diese CH4-Minderung auf 20 Millionen Tonnen und bis 2020 auf 24 Mio. t CO2- Äquivalente ansteigen.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin hob die Rolle der sonstigen Akteure hervor: "Ausdrücklich möchte ich die Anstrengungen würdigen, die auch von den Ländern und zahlreichen Städten und Gemeinden in Deutschland unternommen werden, um ihren spezifischen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Ich appelliere an alle Akteure, die laufenden Aktivitäten und Initiativen fortzuführen und weiter voranzutreiben. Klimaschutzpolitik in Deutschland kann und darf nicht im Jahre 2012 enden. Klimaschutz ist vielmehr eine langfristige Aufgabe, die letztlich zu einer Umstrukturierung von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu einer 'Nachhaltigen Entwicklung' führen muss: Weniger Ressourceneinsatz und höhere Effizienz lautet das Motto der kommenden Jahre!"

18.10.2000 | Pressemitteilung 210/00 | Klimaschutz
https://www.bmuv.de/PM1032
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