Landgericht Berlin bestätigt einstweilige Verfügungen gegen Springer-Verlag wegen Falsch-Zitat
Das Landgericht Berlin hat den Springer-Verlag zum Abdruck zweier Gegendarstellungen von Bundesumweltminister Jürgen Trittin in der BILD-Zeitung verurteilt. Mit seiner Entscheidung vom vergangenen Freitag bestätigte das Landgericht seine beiden am 6. und 8. September erlassenen einstweiligen Verfügungen (Az. 27.O.843/05 und 27.O.828/05) und wies den Widerspruch des Springer-Verlags zurück.
Im Rahmen seiner "Benzin-Wut"-Kampagne hatte BILD Anfang September 2005 über mehrere Tage hinweg eine Äußerung Trittins in unzulässiger Weise verkürzt und damit falsch zitiert. Trittin hatte in einem Interview der BILD-Zeitung vom 27. August wegen der hohen Benzinpreise umfangreiche Forderungen an die Politik, die Energieversorger und die Autoindustrie gerichtet. Außerdem hatte er Autofahrern geraten, zu sparsameren Autos zu wechseln, auf günstige Erdgas- oder Biodiesel-Autos umzusteigen, benzinsparend zu fahren und - so wörtlich am Ende der Aufzählung - "ab und zu das Auto stehen lassen, Bus und Bahn nutzen".
BILD verkürzte Trittins Äußerungen sowohl am 27.8. auf ihrem Titel in Grosslettern als auch in den Ausgaben der folgenden Tage sinnentstellend auf den Satz, "ab und zu das Auto stehen lassen" und machte den Minister damit zur Zielscheibe einer angeblichen "Wut auf Trittin" (so BILD am 29.8.05). Mit diesem Falsch-Zitat hatte BILD unter dem Stichwort "Benzin-Wut" tagelang eine regelrechte Kampagne ihrer Leser gegen den Bundesumweltminister losgetreten.
BILD muss nun auf seiner Titelseite folgende Gegendarstellung verbreiten (Az. 27.O.843/05):
Gegendarstellung
In BILD vom 29. August 2005 verbreiten Sie unter der Überschrift "Wut auf Trittin" über mich ein unvollständiges Zitat. Sie schreiben dort: "Der Grüne hatte in Bild wegen der hohen Spritpreise gefordert: "Ab und zu das Auto stehen lassen". Dazu stelle ich fest: In Bild hatte ich auf Ihre Frage, was ich den Verbrauchern gegen die Abzocke durch hohe Spritpreise rate, geraten, mehr regenerative Energien (z.B. Biodiesel) einzusetzen, auf sparsamere Autos zu wechseln und spritsparender fahren. Dazu hatte ich geraten: "ab und zu das Auto stehen lassen, Bus und Bahn nutzen." Berlin, den 6. September 2005 RA Johannes Eisenberg für Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Außerdem muss BILD folgende Gegendarstellung abdrucken (Az. 27.O.828/05):
Gegendarstellung
In der BILD-Zeitung vom 31. August 2005 verbreiten Sie auf S. 2 unter der Überschrift "Benzin-Wut Die Sprüche der Politiker" über mich, ich hätte erst am Samstag (27. August 2005) im BILD-Interview allen Autofahrern geraten, ab und zu das Auto stehen zu lassen. Gestern - so schreiben Sie weiter - hätte ich auf BILD-Anfrage ein Drei-Punkte-Programm gegen die Belastung der Bürger durch hohe Spritpreise präsentiert, nämlich den Verzicht auf weitere Erhöhung der Besteuerung von Sprit durch die von Frau Merkel geplante Mehrwertsteuererhöhung; mehr Biosprit und sparsamere Autos. Dazu stelle ich fest: Genau diese drei Punkte habe ich bereits in dem Interview am Samstag der BILD-Zeitung "präsentiert", in dem ich neben diesen Forderungen empfohlen habe, ab und zu das Auto stehen zu lassen und andere Fortbewegungsmittel zu nutzen. Berlin, den 31. August 2005Rechtsanwalt Johannes Eisenberg für Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.