Unter besonderem Schutz: die Nomaden der Lüfte
Als einen wegweisenden Schritt im Naturschutz hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin die Verabschiedung der EU-Vogelschutzrichtlinie vor 25 Jahren bezeichnet. "Durch diese Richtlinie haben wir viel erreicht: Die Singvögeljagd wurde verboten, einer ganzen Reihe ehemals bedrohter Vogelarten geht es heute besser und in ganz Europa entsteht ein Netz von Schutzgebieten für Vögel. Trotzdem: Es gibt noch eine Menge zu tun. Nicht alle Bundesländer haben ausreichend Vogelschutzgebiete ausgewiesen", so Trittin.
Die Vogelschutzrichtlinie schützt alle wild lebenden Vogelarten in der EU. Sie verbietet das Fangen und Töten von Vögeln, reguliert den Handel und die Jagd und verpflichtet zu Schutzmassnahmen. Die EU-Vogelschutzrichtlinie trat am 2. April 1979 in Kraft - 13 Jahre, bevor die FFH-Richtlinie zum Schutz weiterer Gruppen von Tieren und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume erlassen wurde.
Der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Prof. Dr. Hartmut Vogtmann, würdigte das breite Engagement in Deutschland für die Erhaltung der Vögel und ihrer Lebensräume: "Naturschutzbehörden, Naturschutzverbände und viele Einzelpersonen arbeiten hier Hand in Hand. Das beweisen die staatlichen Artenhilfsprogramme, gemeinsame Bestandsbeobachtungen, die alljährlichen Kampagnen zum Vogel des Jahres und zahllose private Initiativen zum Schutz seltener Arten. Kaum eine andere EU-Richtlinie erfährt so viel ehrenamtliche Unterstützung wie die Vogelschutzrichtlinie."
Die Richtlinie schützt auch alle in der EU vorkommenden Zugvögel. So sollen für die Arten, die auf besondere Flächen angewiesen sind, und für alle Zugvogelarten besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden. Die Vögel brauchendiese Lebensräume, z. B. während der Brutzeit. In Deutschland wurden bis Anfang dieses Jahres 486 Gebiete gemeldet, die 5,7 Prozent der Landesfläche ausmachen. Dies ist aber nach Ansicht der EU-Kommission noch nicht ausreichend, um die Verpflichtungen der Vogelschutzrichtlinie zu erfüllen. "Die Länder müssen ihren Verpflichtungen beim Schutz der Vogelwelt nachkommen, und die noch fehlenden Vogelschutzgebiete zügig ausweisen und effektiv schützen", forderte Bundesumweltminister Trittin.
Während des Heimzuges in ihre Brutgebiete darf auf Zugvögel keine Jagd ausgeübt werden, ebenso ist während der Fortpflanzungszeit die Jagd auf Vögel verboten. Nach Auffassung von Trittin sollen bei der anstehenden Novellierung des Bundesjagdgesetzes einige Vogelarten, z. B. alle heimischen Greifvögel, aus dem Jagdrecht entfallen, weil auf sie entsprechend der Vogelschutzrichtlinie die Jagd überhaupt nicht ausgeübt werden darf. Das Eckpunktepapier des Bundesverbraucherschutzministeriums zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes sieht eine Reduzierung der dem Jagdrecht unterliegenden Arten vor.
Bestandserholungen hat es seit dem Inkrafttreten der Vogelschutzrichtlinie bei vielen ehemals gefährdeten Vogelarten, z. B. Schwarzstorch, Kormoran, Seeadler, Habicht und Uhu, gegeben. Trotzdem stehen 43 Prozent der Brutvögel Deutschlands auf der Roten Liste. Zudem findet von Jahr zu Jahr eine schleichende Abnahme der Brutvögel und Zugvögel statt. Die Zersiedelung der Landschaft gehört zu den aktuellen Herausforderungen für den Vogelschutz.
Um den Stromschlag an Freileitungen, der vielen Grossvögeln wie Störchen, Eulen und Greifvögeln den Tod bringt, zu mindern, wurde eine Regelung in das neue Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen. Innerhalb der nächsten acht Jahre sollen alle bestehenden Mittelspannungsmasten vogelfreundlich umgerüstet werden.
Neue Aufgaben stellen sich auch mit der EU-Erweiterung im Mai. Arten, die vorwiegend in den Beitrittsstaaten vorkommen, etwa Rotfussfalke und Zwergmöwe, fallen unter die Richtlinie und bedürfen damit eines besonderen Schutzes.
Die Vogelschutzrichtlinie hängt auch eng mit internationalen Naturschutz-Übereinkommen zusammen. Zwei davon sind ebenfalls 25 Jahre in Kraft: das Übereinkommen zum Schutz der wandernden wild lebenden Tierarten (Bonner Konvention) und das Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensstätten (Berner Konvention).
Hinweis: Das Bundesumweltministerium hat eine neue Broschüre "Natur ohne Grenzen - 25 Jahre EU-Vogelschutzrichtlinie" herausgegeben.