Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ist ein großer Erfolg für den Naturschutz. Sie bringt aber auch Probleme und Herausforderungen mit sich. Mit der wachsenden Wolfspopulation sind zunehmend auch Risse an Weidetieren zu beobachten. Wölfe, die trotz Herdenschutz Weidetiere reißen, sollen zukünftig schneller und unbürokratischer abgeschossen werden können. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte deshalb Anfang Oktober Vorschläge vorgelegt, die in den betroffenen Regionen Schnellabschüsse ermöglichen. Die Umweltministerkonferenz der Länder ist diesem Vorschlag gefolgt und hat hierzu am 1. Dezember ihren Beschluss gefasst.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: "Die Umweltministerkonferenz in Münster endet mit einem großen Erfolg: Wir haben gemeinsam eine Regelung beschlossen, die es bundesweit möglich macht, Wölfe nach Rissen auf Weidetiere schnell und unkompliziert abzuschießen. Diese Schnellabschüsse sind unbürokratisch und praktikabel umsetzbar. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene sind dafür nicht nötig. Die EU-Kommission hat uns in einem Schreiben bestätigt, dass unser Vorschlag dem europäischen Artenschutzrecht entspricht und so umgesetzt werden kann. Die Umweltministerkonferenz trägt mit dieser Lösung den Sorgen der betroffenen Weidetierhalter*innen gemeinsam Rechnung und gibt ihnen mehr Schutz und Sicherheit. Die Debatte über den Wolf wird in Deutschland oft emotional geführt: Dass der Umweltministerkonferenz heute diese Balance von Wildtier- und Weidetierschutz einstimmig gelingt, sendet ein wichtiges Signal der Versöhnung. Gleichzeitig hat die Umweltministerkonferenz weitere Fortschritte beim Umwelt- und Klimaschutz eingefordert. Mich freut besonders, dass die Landesumweltministerinnen und -minister die Bedeutung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz betont haben. Mit diesem wollen wir wichtige Elemente der Natur wie Wälder, Moore und Auen wiederherstellen und damit das Klima und unser Wasser schützen. Wir brauchen mehr Tempo und Mut beim Umwelt- und Klimaschutz."
UMK bestätigt unkomplizierte Schnellabschüsse
Die Umweltministerinnen und Umweltminister der Länder beschließen eine Änderung des Praxisleitfadens Wolf und überführen damit den Vorschlag der Bundesumweltministerin aus der Beratung der Bund-Länder Arbeitsgruppen für Schnellabschüsse in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen direkt in die Praxis. Der Vorschlag fußt dabei auf einer neuen Auslegung des geltenden Rechts, die sich aus wissenschaftlichen Erkenntnissen ableitet. Langwierige Gesetzesänderungen auf nationaler oder europäischer Ebene sind nicht nötig. Der Beschluss sieht Folgendes vor:
- Zukünftig ist in Gebieten mit erhöhtem Rissaufkommen bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren durch einen Wolf eine Abschussgenehmigung möglich. Diese soll zeitlich für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis von bis zu 1.000 Metern um die betroffene Weide im betroffenen Gebiet zulassen.
- Gebiete mit erhöhtem Rissaufkommen werden von den Ländern festgesetzt. Sie können sich zum Beispiel an Wolfsterritorien, naturräumlichen Gebieten oder raumordnerischen (zum Beispiel kommunalen) Grenzen orientieren. So ermöglicht die Regelung ein regional differenziertes Wolfsmanagement bei vermehrtem Auftreten von Übergriffen auf geschützte Tiere.
- Praxistauglich: Eine genetische Individualisierung des schadensstiftenden Wolfs vor der Abschussgenehmigung kann entfallen. Die zuständige Behörde entscheidet auf Basis aller Indizien und Fachkenntnisse über die Eindeutigkeit eines Wolfs als Verursacher der Risse.
- Eine schnellere Genehmigungspraxis wird zukünftig auch durch die Erarbeitung weiterer Best-Practice-Instrumente wie zum Beispiel Musterbescheide unterstützt werden. Dazu wird die gute Zusammenarbeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Wolf fortgesetzt.
Konkrete Verbesserungen in der Praxis
Die neue Genehmigungspraxis ermöglicht schnellere Verfahren, mehr Schutz und Sicherheit für die Weidetierhalterinnen und -halter, Rechtssicherheit für die Bundesländer und Konsistenz mit europäischen und nationalen Regelungen. Sie erfordert keine europäischen und nationalen Rechtsänderungen, ist lösungsorientiert und praktisch. Die EU-Kommission hat dem BMUV bestätigt, dass die Vorschläge im Einklang mit der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie stehen (FFH-Richtlinie).
Durch die Umkreisregelung ist außerdem die Effizienz der Wolfsabschüsse sichergestellt. Laut wissenschaftlicher Erkenntnisse versucht es ein Wolf nach einem erfolgreichen Übergriff mit hoher Wahrscheinlichkeit an derselben Herde erneut. Daher ist davon auszugehen, dass es sich unmittelbar nach einem Übergriff in räumlicher Nähe um den schadensverursachenden Wolf handelt. Die neue Praxis gewährleistet daher eine hohe Wahrscheinlichkeit, den schadensstiftenden Wolf sehr zeitnah zu treffen und so weitere Risse zu verhindern.