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Vorgeschichte
Mit der am 11. März 2016 in Kraft getretenen "Verordnung zur Umsetzung der novellierten Gefährlichkeitskriterien" wurde in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) unter anderem eine neue Systematik bei der Einstufung von Abfällen, die persistente organische Schadstoffe (persistent organic pollutants, POP) enthalten, als gefährliche Abfälle eingeführt. Diesbezüglich sah Nummer 2.2.3 der Anlage zu Paragraf 2 Absatz 1 der AVV vor, dass alle in Anhang IV der Verordnung (EG) Nummer 850/2004 über persistente organische Schadstoffe (EU-POP-Verordnung) aufgeführten Stoffe, die die dort angegebenen Grenzwerte erreichen oder überschreiten, zu einer Einstufung der Abfälle als gefährlich führten.
Durch diesen dynamischen Verweis in der AVV auf Anhang IV der EU-POP-Verordnung entstand durch die Aufnahme von HBCD in diesen Anhang ab dem 30. September 2016 die Situation, dass HBCD-haltige Wärmedämmstoffplatten – bis dahin nicht gefährlich – als gefährlicher Abfall eingestuft werden mussten.
Diese geänderte Rechtslage führte in Verbindung mit der ohnehin hohen Auslastung von Müllverbrennungsanlagen im Spätsommer 2016 in vielen Teilen Deutschlands zu Engpässen bei der Entsorgung dieser Wärmedämmplatten.
Um die Situation kurzfristig zu entschärfen, einigte sich der Bundesrat am 16. Dezember 2016 auf eine Änderungsverordnung zur AVV, die eine Ausnahmeregelung für HBCD-haltige Abfälle bis zum 31. Dezember 2017 enthielt. Diese Änderungsverordnung konnte von der Bundesregierung direkt in Kraft gesetzt werden, da der Bundesrat seine Zustimmung zum Verordnungsentwurf im Voraus erteilt hatte; sie trat bereits am 28. Dezember 2016 in Kraft.
Die Bundesregierung hatte im Dezember 2016 zugesichert, während dieses "Moratoriums" gemeinsam mit den Ländern eine dauerhaft tragfähige Lösung der Überwachung und Entsorgung von allen POP-haltigen Abfällen zu erarbeiten, ohne dass es deren Einstufung als gefährlicher Abfall bedarf.
Erlass der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung und Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung
Mit der "Verordnung zur Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen und zur Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung", die am 1. August 2017 in Kraft getreten ist, sollen die oben dargestellten Probleme dauerhaft und bundeseinheitlich gelöst werden. Diese Verordnung wurde am 7. Juni 2017 vom Bundeskabinett beschlossen worden. Nach der Zustimmung des Bundesrates am 7. Juli 2017 wurde die Verordnung am 24. Juli 2017 verkündet. Sie enthält in Artikel 1 die "Verordnung zur Getrenntsammlung und Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen" (POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung – POP-Abfall-ÜberwV) und in den Artikel 2 und 3 Änderungen der Abfallverzeichnis-Verordnung.
Inhalt der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung
Damit Abfälle unter den Anwendungsbereich der POP-Abfall-Überwachungs-Verordnung fallen, sind vier Voraussetzungen notwendig. Zunächst müssen die Abfälle aus POP bestehen, diese enthalten oder durch sie verunreinigt sein. Weiterhin muss mindestens ein Grenzwert der der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 über persistente organische Schadstoffe (EU-POP-Verordnung) überschritten werden. Um welche Schadstoffe und Grenzwerte es sich handelt, geht aus Anhang IV der EU-POP-Verordnung hervor. Darüber hinaus fallen nur die POP-haltigen Abfälle unter die POP-Abfall-ÜberwV, die nach der AVV als nicht gefährlich eingestuft sind. Für gefährliche Abfälle besteht diesbezüglich kein Reglungsbedarf, denn diese unterliegen bereits auf Grund des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der Nachweisverordnung (NachwV) besonderen Anforderungen, insbesondere auch einer besonderen Überwachung. Schließlich müssen die POP-haltigen Abfälle einer der in Paragraf 2 Nummer 1 Buchstabe der POP-AbfallÜberwV genannten Abfallarten zuzuordnen sein.
Die POP-Abfall-ÜberwV soll eine lückenlose Überwachung der Abfälle bis zu der Anlage gewährleisten, in der die POP zerstört oder unumkehrbar umgewandelt werden. Daher werden sowohl die in Vorbehandlungsanlagen erzeugten Gemische als auch aus angefallenen Gemischen aussortierte POP-haltige "Sekundärabfälle" in den Anwendungsbereich der Verordnung einbezogen.
Die POP-Abfall-ÜberwV konkretisiert in Bezug auf das Getrenntsammlungsgebot und das Vermischungsverbot die EU-POP-Verordnung. Hierdurch wird gewährleistet, dass POP-haltige Abfälle unabhängig von ihrer Einstufung als gefährlicher oder nicht gefährlicher Abfall in vergleichbarem Maße getrennt gesammelt werden und nur in dafür zugelassenen Anlagen vermischt werden.
Die Regelungen zu den Nachweis- und Registerpflichten sind den für gefährliche Abfälle geltenden Regelungen nachgebildet. So findet insbesondere das Sammelentsorgungsnachweisverfahren des Paragraf 9 NachwV Anwendung, allerdings mit der Modifikation, dass die in Paragraf 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 NachwV genannte Mengenbegrenzung von 20 Tonnen pro Jahr nicht gilt.
Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung
Die in Artikel 2 der "Verordnung zur Überwachung von nicht gefährlichen Abfällen mit persistenten organischen Schadstoffen und zur Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung" enthaltene Änderung der AVV begrenzt im Sinne einer "eins zu eins"-Umsetzung des einschlägigen EU-Rechts die Einstufung von POP-haltigen Abfällen als gefährliche Abfälle auf diejenigen Abfälle, die die 16 POP enthalten, die nach dem Europäischen Abfallverzeichnis als gefährlicher Abfall einzustufen sind, soweit sie einen POP-Gehalt oberhalb der der in Anhang IV der EU-POP-Verordnung aufgeführten Grenzwerte aufweisen. Daher hebt Artikel 3 die Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung vom Dezember 2016 vor ihrem Inkrafttreten am 1. Januar 2018 auf (Ende des Moratoriums). In Bezug auf HBCD-haltige Abfälle wird das Moratorium, das zu einer deutlichen Entspannung bei der Entsorgung dieser Abfälle geführt hat, damit zum Dauerzustand.