Munitionsaltlasten im Meer
FAQs
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Bis zu 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition liegen in deutschen Gewässern der Nord- und Ostsee, davon rund 1,3 Millionen Tonnen allein im Nordseebereich. Es handelt sich um die Hinterlassenschaften aus den zwei Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Dabei spielen ausgelegte und seither nicht geborgene Seeminen sowie nicht explodierte "Blindgänger" aus Luftangriffen zahlenmäßig nur eine geringe Rolle. Die weitaus größeren Mengen stammen aus Versenkungsaktionen, die von den Alliierten bald nach dem Krieg begonnen wurden, um Deutschland nachhaltig zu entwaffnen.
Die sogenannten "Munitionsversenkungsgebiete", in denen die Munition zumeist von zivilen Schiffen aus ins Meer eingebracht wurde, sind weitgehend bekannt. Da aber auch auf Hin- und Rückfahrt bei Versenkungen Kampfmittel über Bord geworfen wurden, oft um Zeit zu sparen, gibt es kaum Gebiete in deutschen Meeresgewässern, die zweifelsfrei als nicht belastet gelten können.
Neben der konventionellen Munition wurde auch chemische Kampfstoffmunition versenkt: In deutschen Meeresgewässern sind rund 90 Tonnen vor Helgoland und rund 5.000 Tonnen südlich des Kleinen Belts in der dänischen Ostsee bekannt. Die Versenkungsfahrten in den Kleinen Belt fuhren von Flensburg aus. Es ist davon auszugehen, dass auch schon während dieser Fahrten, also noch in deutschen Gewässern, chemische Kampfstoffe über Bord gingen.
Stand:
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Für ihre Beseitigung ohne unmittelbare Gefahr gibt es keine gesetzlichen Zuständigkeiten. Die Bundesregierung wird mit dem Sofortprogramm freiwillig tätig, basierend auf dem Vorsorgeprinzip zur Abwendung langfristiger Umwelt- und auch Gesundheitsschäden. Das Ziel ist der Schutz von Umwelt und Gesundheit.
Stand:
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Es besteht die Bedrohung durch eine schleichende Vergiftung der Meeresumwelt: Im näheren Umfeld von am Meeresgrund lagernder Altmunition wurden Verfallsprodukte des TNT-Sprengstoffs im Wasser entdeckt, die als krebserregend gelten. Auch in Muscheln und Fischen fanden sich Spuren der Chemikalien wieder. Standorttreue Fische im Umfeld wiesen erhöhten Befall mit Tumoren auf. Neue Studien weisen glücklicherweise aktuell keine großräumige Gefährdung für Mensch und Umwelt außerhalb der bekannten "Hotspots" und Munitionsversenkungsgebiete aus. Bei zunehmender Korrosion der Munitionsaltlasten ist es aber nicht auszuschließen, dass die toxischen Stoffe irgendwann auch in die menschliche Nahrungskette gelangen.
Hinzu kommt die Gefahr von spontanen Explosionen, da die Zünder zum Beispiel von Seeminen und Fliegerbomben-Blindgängern mit der Zeit immer empfindlicher werden. So können Seewege, die Fischerei und auch die Arbeiten bei der Erschließung von Offshore-Windparks und dem Verlegen von Unterseekabeln und Pipelines gefährdet werden.
Stand:
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Diskussionen über die Munition im Meer begannen bereits in den Jahren nach den ersten Versenkungen: Korrosion würde über kurz oder lang dafür sorgen, dass hochgiftige Sprengstoffverbindungen in die Umwelt gelangen, hieß es schon damals. Seit Jahrzehnten wird deshalb darüber gesprochen, wie marine Munitionsaltlasten sicher und umweltgerecht geborgen, wenn notwendig entschärft und entsorgt werden könnten.
Doch bisher schien diese Riesenaufgabe nicht zu bewältigen: zu zeitaufwändig, zu hoch die Kosten, zu groß die Gefahr für Räumungstaucher.
Nun haben sich die Zeiten geändert: Nach zwei Jahrzehnten intensiver Forschung wurde die hohe Toxizität der Hinterlassenschaften nachgewiesen. Es konnten auch die hochgradig belasteten Bereiche des Meeres aufgespürt und weitgehend erfasst werden. Gleichzeitig entwickelten sich, angetrieben vom Offshore-Windkraft-Boom, die Technologien der Handhabung von Meeresmunition erheblich weiter.
Nicht zuletzt ist auch das Bewusstsein über die Bedeutung einer intakten Meeresumwelt gewachsen.
Stand:
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Die Entscheidung für die beste Eignung von Flächen für die Pilotphase des Sofortprogramms traf ein Expertengremium von 27 Mitarbeitenden aus Bundes- und Landesbehörden, Munitionsbergungsdiensten, Wissenschaft und Technik. Grundlage sind die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen und Kartierungen, die über viele Jahre Daten aus munitionsbelasteten Gebieten in der deutschen Ostsee zusammengetragen wurden. Aus diesen Fachgesprächen gingen die Munitionsversenkungsgebiete in der Lübecker/Mecklenburger Bucht als die am besten geeigneten Orte für die Pilotierung im Rahmen des Sofortprogramms hervor.
Stand:
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Sprengungen werden aus zwei Gründen so weit wie möglich vermieden: Erstens wird bei der Explosion sehr viel giftiger Sprengstoff ins Wasser freigesetzt. Zweitens wird die Meeresumwelt geschädigt: Insbesondere Meeressäuger wie die seltenen Schweinswale erleiden durch die Druckwellen einer Explosion selbst noch auf größere Entfernungen Hör- und Lungenschäden und können davon auch getötet werden. Aus diesem Grund wird in deutschen Gewässern bei Sprengungen in der Regel ein abschirmender "Blasenschleier" installiert.
Sprengungen sind daher die absolute Ausnahme und betreffen nur Blindgänger von Fliegerbomben und Seeminen, die noch scharf sind. Gesprengt wird auch nur, wenn unmittelbare Gefahr zum Beispiel für die Seeschifffahrt besteht. Der Großteil der Munition in den Versenkungsgebieten ist hingegen ohne Zünder und kann durch geeignete Technologien umweltgerecht und sicher geborgen und entsorgt werden.
Neben den großen Sprengkörpern wie Minen und Torpedos findet sich in den Versenkungsgebieten auch sehr viel Munition in kleinen Kalibern (wie Patronen oder Heeresmunition). Für deren Beseitigung sind Sprengungen nicht wirksam und kommen daher nicht infrage.
Stand:
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Für Urlaubsgäste, die ihre Ferien an der Ostsee in der Lübecker Bucht verbringen wollen, bestehen keine wesentlichen Einschränkungen oder gar Gefährdungen am Strand. Das Baden in der Ostsee wird wie gewohnt möglich sein. Für Wassersportler gilt es, eine begrenzte Sperrzone um die Bergungsstellen herum zu meiden. Diese wird präventiv zur Sicherheit ausgewiesen, klar markiert und auch überwacht. Die Pilotbergungen, die Mitte August starten, werden vom Ufer aus in einiger Entfernung zu sehen sein, aber im geplanten Betrieb so gut wie nicht zu hören. Im Rahmen der Arbeiten sind keine Sprengungen geplant.
Stand: