Gene Drive Anwendungen
FAQs
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Gene Drives sind gentechnische Werkzeuge, die sich gezielt in das Erbgut eines Organismus an zuvor bestimmter Stelle einbringen, um dort eine Veränderung zu bewirken. Durch spezielle Mechanismen sorgen Gene Drives dafür, dass sie an möglichst alle Nachkommen des Organismus weitervererbt werden. Damit wiederholt sich der Vorgang der gentechnischen Veränderung in den folgenden Generationen.
Ein Gene Drive vervielfältigt sich so lange selbstständig, bis ihn die ganze Population enthält, oder diese eine Resistenz dagegen entwickelt hat. Damit unterwandert er die Regeln der Vererbung und der natürlichen Evolution. Er kann das Erbgut einer ganzen Population oder einer ganzen Art verändern. Mit Gene Drives ist es sogar möglich, Gene in einer Art auszubreiten, die für diese Art nachteilig sind, wie zum Beispiel Unfruchtbarkeit.
Stand:
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Gene Drives enthalten Fremd-DNA und nutzen häufig das im Genome Editing verwendete Werkzeug CRISPR/Cas. Anders als beim Genome Editing verbleibt bei Gene Drives die Fremd-DNA und auch CRISPR/Cas immer in der Zelle und der Gene Drive wird immer weitervererbt. Die Entdeckung von CRISPR/Cas hat den Biotechnologinnen und Biotechnologen also ein mächtiges Werkzeug auch für die Entwicklung synthetischer Gene Drives an die Hand gegeben.
Stand:
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Gene Drives befinden sich derzeit noch im Entwicklungsstadium. Es werden derzeit viele mögliche Anwendungen für Gene Drives diskutiert. So könnten Gene Drives zukünftig eingesetzt werden, um Wildpopulationen im Freiland gentechnisch zu verändern. Die Forschung konzentriert sich vornehmlich darauf, invasive Arten oder krankheitsübertragende Mücken unfruchtbar zu machen. Ein Ansatz ist es beispielsweise, invasive Nagetiere wie Mäuse oder Ratten, die Brutvogelkolonien auf Inseln bedrohen, mit Hilfe von Gene Drives auszurotten. Man kann aber kaum verhindern, dass sich die Gene Drives in der Folge auch an anderen Orten ausbreiten, an denen die ursprünglichen Arten eine wichtige ökologische Funktion erfüllen. Dies wird bei der Entwicklung von Gene Drives nicht genug mitgedacht. Oder man verfolgt das Ziel, Malaria zu bekämpfen, indem man die übertragende Mücke ausrottet. Die Fragen, ob die Mücke eine wichtige ökologische Funktion hat und ob es alternative Bekämpfungsmöglichkeiten gibt, treten dabei in den Hintergrund. Zudem ist fragwürdig, ob diese Ansätze wirklich umsetzbar sind. Denn die Entwicklerinnen und Entwickler haben mit unterschiedlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Beispielsweise können sich Resistenzen gegen den Gene Drive bilden und damit lässt seine Wirksamkeit von Generation zu Generation nach. Insgesamt bleibt unklar, was die Nutzung von Gene Drives für die betroffenen Ökosysteme bedeuten würde.
Stand:
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Ja, aus Sicht des BMUV müssen zwingend noch viele grundsätzliche Fragen geklärt werden, bevor man über jegliche Anwendung von Gene Drive Organismen (GDO) in der Natur entscheiden könnte. Das Vorsorgeprinzip sieht eine stufenweise Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in die Umwelt vor. Nach Laboruntersuchungen sollen Freilandversuche und begleitende Risikoforschung Risiken minimieren. Erst nach erfolgreichen Freilandversuchen können GVO kommerziell zugelassen werden. Da GDO auch GVO sind, wird über Freisetzungen in Freilandversuchen mit GDO in Europa national entschieden, über eine kommerzialisierte Zulassung dagegen auf europäischer Ebene. Freigesetzt werden aber nach dem Gentechnikrecht nur GVO, die zuvor auf ihr Risiko überprüft wurden und bei denen die Risiken einer Freisetzung als vernachlässigbar eingeschätzt wurde. Diese Freilandversuche auf Raum und Zeit zu begrenzen, ist wegen des spezifischen Charakters von GDO, sich in der Umwelt auszubreiten aber praktisch unmöglich.
Für eine Genehmigung von Freisetzungen muss auch ein Monitoringplan bereitgestellt werden, um mögliche Auswirkungen auf die Umwelt festzustellen. Dies ist ein nahezu unmöglicher Anspruch, denn die Auswirkungen von Gene Drives können global sein. Man muss annehmen, dass GDO, wenn sie einmal in die Natur entlassen wurden, nicht mehr rückholbar sind. Denn GDO sind so ausgelegt, dass sie sich in einer Art ausbreiten und die ursprünglichen, nicht gentechnisch veränderten Lebewesen der Art verdrängen. Daher sind die Auswirkungen auf die Ökosysteme, die der Einsatz von GDO in der freien Natur hätte, nicht abschätzbar. Beispielhaft sind im Folgenden einige grundsätzliche Fachfragen und gesellschaftlich-ethische Aspekte aufgegriffen. Diese müssen aus Sicht des BMUV zwingend geklärt werden, bevor über jedwede Anwendung von Gene Drives in der Natur entschieden werden könnte:
- Wie wird damit umgegangen, dass sich die GDO über Grenzen hinweg ausbreiten werden? Welches Mitspracherecht haben andere Staaten und betroffene indigene Völker?
- Wer kommt für entstandenen Schaden auf?
- Wie kann man damit umgehen, dass GDO sich nicht rückholen lassen und es daher nicht möglich ist, bei der Freisetzung stufenweise vorzugehen?
- Wie ist eine Risikobewertung möglich, wenn sie lediglich auf im Labor erhobenen Daten und Modellen beruht?
- Wie kann man die Auswirkungen von Gene Drives beobachten, wenn der Beobachtungsraum schlimmstenfalls global sein müsste?
- Wie kann Generationengerechtigkeit gewährleistet werden?
- Wer trägt das Risiko?
- Ist es nach Naturschutzrecht erlaubt, wilde und geschützte Arten unwiederbringlich gentechnisch zu verändern? Bleibt der Schutzstatus berechtigt, wenn die Art gentechnisch verändert wurde? Widerspricht es den Zielen des Naturschutzes, Gentechnik in der Natur anzuwenden?
Bei den Vorbereitungen zu den anstehenden Verhandlungen zur Konvention zur Biologischen Vielfalt (CBD) wurde von einigen Ländern und Nichtregierungsorganisationen gefordert, dass keine Gene Drives Organismen in die Umwelt freigesetzt werden dürfen, solange die damit verbundenen Risiken nicht bewertbar und handhabbar sind. BMUV teilt diese Einschätzung.
Stand:
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Forscherinnen und Forscher verfolgen unterschiedliche genetische Ansätze, eine Beschränkung, Beendigung oder Rückholung von Gene Drives zu entwickeln. Bislang funktioniert allerdings keiner dieser Ansätze mit hinreichender Sicherheit. Ein wichtiges Problem ist außerdem, die Wirksamkeit solcher Ansätze in der natürlichen Umgebung zu überprüfen: Tests im Labor können nicht die tatsächlichen Umstände im Freiland simulieren, dafür gibt es in der Natur zu viele unterschiedliche und nicht vorhersehbare Einflüsse. Testet man Gene Drives im Freiland und der eingebaute genetische Abbruchmechanismus greift nicht, kann der Gene Drive nicht mehr angehalten oder rückgängig gemacht werden.
Stand: