1. Allgemeine Informationen
Bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien hat vom 15. bis 24. Mai 2006 die zweite Überprüfungskonferenz des Gemeinsamen Übereinkommens über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle stattgefunden. Die erste Überprüfungskonferenz hatte im November 2003 stattgefunden, die nächste Überprüfungskonferenz wird im Mai 2009 stattfinden. Etwa 500 Delegierte aus 40 Vertragsstaaten des Übereinkommens diskutierten die Berichte der einzelnen Vertragsstaaten in einem Frage- und Antwortprozess. Es ging dabei um die Entsorgung radioaktiver Abfälle und bestrahlter Brennelemente, die Stilllegung von kerntechnischen Einrichtungen und den Umgang mit verbrauchten umschlossenen radioaktiven Quellen. Dieser so genannte "peer review"-Prozess dauerte acht Tage.
2. Ablauf der Überprüfungskonferenz
Auf Grundlage des von jeder Vertragspartei vorzulegenden nationalen Berichts hatten die Vertragsstaaten die Möglichkeit in Form schriftlich vorgelegter und mündlicher Fragen die jeweilige nationale Entsorgungspolitik (gesetzliche und administrative Grundlagen, technischer Stand und Umsetzung der Entsorgungspolitik in einzelnen Projekten) der Vertragspartei kritisch zu hinterfragen und – wo nötig – Verbesserungen anzuregen. Die Beratungen sind gemäß Artikel 36 des Übereinkommens vertraulich und wurden in Tagesberichten des Rapporteurs sowie in einem zusammenfassenden mündlichen Bericht allen anderen Vertragsparteien während der Überprüfungskonferenz bekannt gegeben. Die Ergebnisse der Konferenz wurden in Form eines schriftlichen Abschlussberichts des Präsidenten veröffentlicht.
3. Vorstellung und Diskussion des deutschen Berichtes
Die deutsche Präsentation fußte auf dem nationalen Bericht vom Oktober 2005 (BR-Drucksache 767/05 vom 18. Oktober 2005) sowie auf wesentlichen Entwicklungen seit seiner Abgabe, auf den Fragen der anderen Vertragsparteien und auf offenen Fragen aus der Diskussion der ersten Überprüfungskonferenz; wesentliche Punkte der Präsentation waren:
Im Ergebnis der Diskussion des deutschen Berichts durch die Vertragsparteien wurden im Bericht des Rapporteurs folgende Punkte als Herausforderungen für die zukünftige Arbeit zur dauerhaften Gewährleistung einer sicheren und umweltgerechten Entsorgung der radioaktiven Abfälle und bestrahlten Brennelemente genannt:
- Klare Trennung zwischen dem Betreiber eines Endlagers (Bundesamt für Strahlenschutz) und der Aufsicht über den Betrieb eines Endlagers (Eigenaufsicht des Bundesamtes für Strahlenschutz).
- Zügige Entscheidungen im Hinblick auf die Endlagerung von radioaktiven Abfällen und bestrahlten Brennelementen auch mit dem Ziel einer verbesserten Akzeptanz durch klare und transparente Auswahlkriterien und ein Prozedere für die Auswahl eines Standorts entsprechend der Praxis in Staaten mit einem fortgeschrittenen Endlagerprogramm.
- Ein in allen Bundesländern harmonisiertes Vorgehen für Altstandorte, die nicht durch die WISMUT GmbH saniert werden.
- Überprüfung der Praxis der Bildung von Stilllegungs- und Entsorgungsrückstellungen bei den Energieversorgungsunternehmen.
- Fertigstellung und Veröffentlichung eines Nationalen Entsorgungsplans.
- Fortführung der Verfahren mit dem Ziel des Verschlusses des Endlagers Morsleben und des Forschungsbergwerkes Asse.
Über die weiteren Schritte zur Klärung dieser offenen Punkte muss Deutschland in der dritten Überprüfungskonferenz im Mai 2009 den Vertragsstaaten des Übereinkommens berichten. Durch die Vertragsparteien wurde im Rahmen des Reviews die ausreichende Lagerkapazität für bestrahlte Brennelemente aus Kernkraftwerken bis zu deren Stilllegung sowie die Berücksichtigung aller Arten äußerer Einwirkungen einschließlich der Bewertung des Absturzes großer Verkehrsflugzeuge im Rahmen der Genehmigungsverfahren für die Zwischenlager hervorgehoben (Genehmigung nach Paragraf 6 des Atomgesetzes für die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen). Auch die Fortschritte bei der Stilllegung und dem Rückbau kerntechnischer Einrichtungen mit dem Ziel der "Grünen Wiese" sowie die Sanierungsaktivitäten der WISMUT GmbH wurden positiv herausgestellt. Die fortgeschrittene Verwertung des aus der Wiederaufarbeitung resultierenden Plutoniums wurde ebenfalls positiv bewertet.
4. Ergebnisse der Überprüfungskonferenz
Übereinstimmend stellten die Vertragsparteien fest, dass seit der ersten Überprüfungskonferenz erhebliche Fortschritte erreicht wurden, gleichwohl bestand auch Übereinstimmung, dass insbesondere auf den Feldern
- der Entwicklung von langfristigen nationalen Strategien für die Entsorgung von radioaktiven Abfällen und bestrahlten Brennelementen,
- der Behandlung von radioaktiven Abfällen aus Altlasten,
- der Zusammenarbeit mit den Verursachern radioaktiver Abfälle und der Öffentlichkeit,
- der Kontrolle ausgedienter umschlossener radioaktiver Quellen einschließlich des Umgangs mit vagabundierenden Quellen,
- des Wissensmanagements und der Gewinnung von qualifiziertem Personalweiterer erheblicher Handlungsbedarf besteht.
Die Vertragsparteien des Übereinkommens waren übereinstimmend davon überzeugt, dass nur durch eine verstärkte Beteiligung der Öffentlichkeit eine Akzeptanz bei der Umsetzung der Planungen zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen und bestrahlten Brennelementen möglich ist. Bei der Endlagerung von radioaktiven Abfällen oder bestrahlten Brennelementen in tiefen geologischen Formationen besteht immer noch eine Vielzahl von offenen Fragen; allerdings berichteten einige Vertragsstaaten hier von Fortschritten bei der Durchführung von Auswahlverfahren für mögliche Standorte für solche Anlagen.
Im Hinblick auf die Stilllegung und den Rückbau von kerntechnischen Einrichtungen und die Sicherstellung der finanziellen Voraussetzungen für die spätere Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurde festgestellt, dass viele Vertragsparteien Regelungen zur Finanzierung dieser Aufgaben getroffen haben; jedoch überprüfen viele Vertragsstaaten diese Regelungen um auch im Hinblick auf die zunehmende Liberalisierung des Strommarktes die finanziellen Voraussetzungen zur Wahrnehmung dieser Aufgaben langfristig gewährleisten zu können.
5. Ausblick
Die dritte Überprüfungskonferenz wird vom 11. bis 22. Mai 2009 stattfinden. Die nationalen Berichte, die auch die in der zweiten Überprüfungskonferenz offen gebliebenen Punkte aus den Rapporteurberichten behandeln sollen, müssen bis zum 11. Oktober 2008 vorgelegt werden.