Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum Jubiläum "50 Jahre Strahlenschutzkommission"

09.10.2024
Bundesministerin Steffi Lemke
Seit 50 Jahren berät die Strahlenschutzkommission als unabhängiges Gremium das BMUV in allen Bereichen des Strahlenschutzes. Anlässlich des Jubiläums hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke eine Rede gehalten.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Liebe Frau Prof. Dr. Nestle,
liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,
verehrte ehemalige Vorsitzende der SSK,
sehr geehrte Mitglieder der SSK und der SSK-Geschäftsstelle,
liebe Gäste,

Es ist mir eine große Freude, heute mit Ihnen das 50-jährige Bestehen der Strahlenschutzkommission zu feiern. Seit einem halben Jahrhundert steht die SSK für engagierte Arbeit und kompetente Beratung für den Schutz von Mensch und Umwelt. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken.

Das gilt ganz besonders, weil Sie, die Mitglieder der SSK, diese Aufgabe ehrenamtlich erfüllen, neben Ihren sonstigen beruflichen und privaten Verpflichtungen. Das ist wirklich nicht selbstverständlich. Und deshalb danke ich allen Mitgliedern, den aktuellen wie den ehemaligen, für ihre Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen für einen fundierten Strahlenschutz in Deutschland. Wir im Bundesumweltministerium und wir als Gesellschaft profitieren sehr von Ihrer Erfahrung und Ihrer Expertise.

Mein Dank geht selbstverständlich auch an die Geschäftsstelle, an das ganze Umfeld, das diese wertvolle Arbeit möglich macht.

In 50 Jahren hat sich vieles geändert. Deutschland hat im April 2023 seine letzten Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet. Dafür gab es viele gute Gründe. Ein entscheidender Grund war, dass die Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist und wir Deutschland mit dem Ausstieg ein Stück sicherer gemacht haben. Gleichzeitig erleben wir, dass in der Ukraine Atomkraftwerke zum Ziel russischer Angriffe werden und so neue Sicherheitsfragen aufkommen.

Als die SSK ihre Arbeit aufnahm, war das CT gerade erst erfunden, das Smartphone – und mit ihm die Debatte über Handystrahlung – war Zukunftsmusik, und man hielt die Sonnenbank für eine gute Urlaubsvorbereitung. Heute ist die Technik sehr viel weiter, unser Wissen viel umfassender.

Damals wie heute bleibt der Auftrag, Mensch und Umwelt so gut wie möglich vor den negativen Auswirkungen der Strahlung zu schützen. Die besondere Herausforderung ist, dass wir Strahlung nicht sehen, riechen oder schmecken. Sie bleibt abstrakt, manchmal sind ihre Auswirkungen erst Jahre oder Jahrzehnte später spürbar. Deswegen müssen wir hier die Gesundheit der Menschen besonders sorgfältig schützen. Und deswegen sind wir auf Ihren wissenschaftlichen Sachverstand angewiesen.

Im Rahmen Ihrer 50-jährigen Gremienarbeit haben Sie gemeinsam viele unterschiedliche Themen des Strahlenschutzes beraten: den beruflichen Strahlenschutz, die natürliche Radioaktivität, den Strahlenschutz in der Medizin oder die UV-Strahlung – um nur einige Bereiche zu nennen. Zu all diesen Feldern haben Sie dem BMUV mit gutem Rat zur Seite gestanden, und tun es bis heute.

Im Strahlenschutz, wie im Umweltschutz insgesamt, ist man nie fertig. In vielen Bereichen sind wir heute besser geschützt als vor 50 Jahren, weil mehr Wissen vorhanden ist, weil es mehr technische Möglichkeiten gibt. Aber es gibt immer wieder neue Entwicklungen und neue Herausforderungen im Zusammenhang mit Strahlung. Dabei sind Risiken einzuschätzen, zu bewerten und schließlich Entscheidungen zu treffen, um Mensch und Umwelt zu schützen.

Dabei geht gar nicht immer nur um Risiken. Mit der Nutzung von Strahlung sind auch große Chancen verbunden. Durch die SSK bleibt der Strahlenschutz up-to-date, denn Sie verfolgen und bewerten für uns die technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen weltweit.

Mit dieser Expertise im Rücken gehen wir die Herausforderungen der nächsten Jahre an. Lassen Sie mich vier Beispiele nennen:

Erstens: Ich habe es gesagt, Strahlung birgt nicht immer nur Risiken. In der Medizin rettet sie täglich Leben. Moderne Diagnostik und Therapiemöglichkeiten sind ohne den Einsatz von Strahlung kaum noch denkbar. Diese Errungenschaften bieten große Chancen, aber wir müssen verantwortungsvoll mit ihnen umgehen.

Zum Beispiel stellt sich immer mehr die Frage nach Regeln für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Radiologie und Nuklearmedizin. Das hatte natürlich vor 50 Jahren noch niemand auf dem Plan. Hier sind noch viele technische und ethische Fragen offen, die wir mit Ihrer Hilfe beantworten wollen. Der technologische Fortschritt ist rasant, und es liegt an uns, ihn zum Wohle der Menschen zu nutzen.

Zweitens: Die Sonne ist unsere Licht- und Lebensquelle, aber sie kann auch zur Gefahr werden. Durch die Klimakrise nehmen Hitze und Sonneneinstrahlung zu. Die zunehmende Versiegelung in den Städten tut ihr übriges. Das heißt: wir müssen uns auf stärkere UV-Strahlung einstellen und das Bewusstsein für die Risiken durch die Sonne weiter erhöhen. Das ist ein Thema, das jeden von uns betrifft und bei dem wir alle gefragt sind, uns im Alltag risikobewusst zu verhalten. Durch Ihre Beiträge und Stellungnahmen ist dafür gesorgt, dass die Empfehlungen und Maßnahmen immer auf dem neuesten Stand sind.

Drittens: Auch in der Vorbereitung auf mögliche radiologischen Notfälle und Krisensituationen ist die Arbeit der SSK unverzichtbar. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, das Atomkraftwerk Saporischschja als Kriegsziel – diese und andere Entwicklungen haben die Gefahr eines radiologischen Notfalls wieder sehr präsent werden lassen. Mit dem Radiologischen Lagezentrum des Bundes können wir im Krisenfall schnell und sicher reagieren. Dabei ist die Unterstützung und Expertise des SSK-Krisenstabs ein wichtiger Baustein.

Viertens: Wie in vielen Bereichen brauchen wir auch im Strahlenschutz Fachkräfte. Das bleibt auch nach dem Atomausstieg so. Ich habe eben das weite Aufgabenspektrum des Strahlenschutzes skizziert. Wir brauchen qualifizierten Nachwuchs im Ministerium, in der SSK und in internationalen Behörden und Gremien. Wie es gelingen kann, junge Menschen für dieses vielseitige und gesellschaftlich hochrelevante Thema zu begeistern, wird sicher auch gleich eine Rolle in der Podiumsdiskussion spielen: "Zukunftsthema Strahlenforschung: Was braucht die Gesellschaft?"

Lassen Sie uns dieses Jubiläum zum Anlass nehmen, uns auch zukünftig gemeinsam stark zu machen für einen guten Strahlenschutz. Indem wir Verantwortung übernehmen, Entscheidungen transparent machen und den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen suchen. Denn Strahlenschutz ist Zukunftsvorsorge – für unsere Gesundheit und unsere Sicherheit.

Ich danke Ihnen allen nochmals für Ihr Engagement und wünsche Ihnen nun einen schönen und anregenden Abend.

Vielen Dank.

09.10.2024 | Rede Strahlenschutz

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