– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Hoerner,
sehr geehrter Herr Swarttouw,
sehr geehrter Herr Dienberg,
sehr geehrter Herr Kollege Höppner,
sehr geehrter Herr Moreno,
sehr geehrte Anwesende,
ich freue mich sehr, hier bei der Velocity sein zu können – als begeisterte Radfahrerin und weil das Rad zentral ist für eine gelingende Verkehrswende.
Und ich freue mich, dass die Velocity genau hier in Leipzig stattfindet. Hier in Leipzig wurde vor 2007 die "Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt" verabschiedet. Mit ihr wurde die Grundlage für eine neue Stadtpolitik in Europa geschaffen. Sie war damals ein Meilenstein und sie ist bis heute ein zentraler Bezugspunkt für die Stadtentwicklungspolitik in Deutschland und Europa.
Die Stadtentwicklungspolitik hat eine große Bedeutung für eine nachhaltige Mobilität und damit für die Tranformation des Verkehrs. Denn Verkehr findet nicht in einem luftleeren Raum statt. Es gibt Ausgangsorte und Zielorte, Straßen, die zur Nutzung einladen oder ausladen und es gibt gute oder schlechte Verbindungen. All dies wird durch Stadtplanung gestaltet.
Insofern ist der Ort der diesjährigen Velo-City-Konferenz gut gewählt, weil die Stadt Leipzig ein gutes Beispiel ist für besondere Ideen bei der Stadtentwicklung und Mobilität. Und weil die Stadt durch die Leipzig-Charta eng verbunden ist mit einem Bekenntnis zur kompakten Stadt als einer wichtigen Voraussetzung für nachhaltigere Mobilität.
In der Charta heißt es zum Thema Verkehr: "Einen wesentlichen Beitrag für die Lebens- sowie für die Standort- und Umweltqualität leisten nachhaltige, gut zugängliche und preisgünstige Stadtverkehrssysteme […]. Hierbei ist […] der Verknüpfung der Verkehrsträger einschließlich des Rad- und Fußgängerverkehrs besondere Beachtung zu schenken. Stadtverkehr muss in Einklang mit den Nutzungsansprüchen von Wohnen, Arbeiten, Umwelt und öffentlichen Räumen stehen."
Dies macht deutlich, dass der Verkehr in der Stadt eine dienende Funktion hat. Er ist kein Selbstzweck. Das scheint banal. Wenn man sich manche verkehrspolitische Debatte anschaut, dann ist das aber leider noch nicht immer selbstverständlich. Es reicht nicht, zu schauen, wie viel Auto gefahren wird und dann alles danach auszurichten. Sondern der Verkehr muss gestaltet werden, damit Mobilität nachhaltiger wird und damit alle Bürgerinnen und Bürger mit ihren Bedürfnissen im öffentlichen Raum gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Und es geht auch darum, die Umweltbelastungen in den Blick zu nehmen, die vom Verkehr ausgehen. Es geht um bessere Luft, weniger Lärm und weniger Flächenverbrauch. Es geht damit um die Gesundheit vieler Menschen und es geht um Lebensqualität.
Hinzu kommt der Klimaschutz. Natürlich ist der Stadtverkehr nicht der Hauptverursacher für die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich. Aber wir haben uns in Deutschland darauf verständigt, die Treibhausgasemissionen bis 2045 auf nahezu Null zu senken. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, dann muss das auch in den Städten passieren.
Ein "weiter so" kann vor diesem Hintergrund nicht funktionieren. Wir brauchen Veränderungen. Wir brauchen einen deutlichen Schritt hin zu einem umweltfreundlicheren Verkehr für weniger CO2, sauberere Luft, weniger Lärm und weniger Flächenverbrauch. Wir brauchen eine echte Verkehrswende – und ich glaube nicht nur in Deutschland . Nur so können wir unsere Lebensqualität auch in Zukunft bewahren.
Das schaffen wir aber nicht mit einer einzelnen Maßnahme, die alle Probleme löst. Vielmehr ist ein breiter Mix an Aktivitäten nötig. Wir müssen den Verkehr effizienter und sauberer machen, ihn auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagern und auch Verkehr reduzieren. Das ist für die meisten von Ihnen nichts Neues. Denn das fordern auch von Ihnen hier im Saal viele schon seit Jahren und eigentlich seit Jahrzehnten.
In der zurückliegenden Zeit sind dabei durchaus Fortschritte erreicht worden: Autos sind sauberer geworden, wir haben die Elektromobilität an die Schwelle zum Massenmarkt gebracht und – last but not least – das Fahrrad ist immer mehr zu einem angesagten Verkehrsmittel geworden.
Aber es bleibt noch extrem viel zu tun!
Dabei spielt das Fahrrad aus meiner Sicht eine äußerst wichtige Rolle in dem breiten Mix an Maßnahmen, die wir brauchen, um unsere Ziele im Umwelt- und Klimaschutz zu erreichen.
Das Fahrrad ist ideal, weil man damit – wem sage ich das – zügig vorankommt, es keine Schadstoffe ausstößt, wenig Platz braucht und leise ist. Und man bleibt selbst mit einem E-Bike fit.
Das Fahrrad ist daher zentral für eine Verkehrswende.
Aber die Rahmenbedingungen für das Radfahren sind noch deutlich verbesserungswürdig. Damit alle Menschen, die gerne mehr Radfahren wollen, das auch können, brauchen wir sichere und ausreichend breite Fahrradwege. Und das nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land, denn auch dort können viele Wege auf das Fahrrad verlagert werden. Das gelingt aber nur, wenn nicht die Autos und LKWs an einem vorbeisausen, sondern man auf einem sicheren Radweg fahren kann. An Bahnhöfen muss man das Rad sicher abstellen können, damit es am Abend auch noch dort steht und es braucht auch mehr Radplätze in Zügen. Nur so wird das Radfahren für noch mehr Menschen eine attraktive Alternative zum Auto.
Das ist gut für das Klima und die Luft. Ein gut organisierter Radverkehr ist aber noch viel mehr – sicher Radfahren zu können bedeutet auch mehr Lebensqualität, bessere Gesundheit, mehr Selbstbestimmtheit und ein lebendigeres Umfeld.
Neben dem Individualverkehr kann das Rad aber auch im Wirtschaftsverkehr eine wichtige Rolle einnehmen. Auch der Wirtschaftsverkehr muss nachhaltiger werden. Allein der Lieferverkehr nimmt in unseren Städten und Gemeinden immer mehr zu. Ein Grund ist der stetig wachsende Online-Handel. In vielen anderen Teilen Europas und der Welt wird das ähnlich sein. Fast ein Fünftel der innerstädtischen verkehrsbedingten NO2-Emissionen in Deutschland stammt aus Nutzfahrzeugen, von denen viele für die Belieferung im Einsatz sind.
Auch hier kann der Radverkehr noch mehr als bisher zur Entlastung beitragen. Gute Beispiele auch aus anderen Ländern und von großen Logistikunternehmen zeigen, wie gut der Einsatz von Lastenrädern etwa bei der Zustellung von Paketen funktioniert.
Die nötige Verkehrswende erreichen wir aber nur, indem wir die Menschen mitnehmen und von Alternativen überzeugen. Während der Corona-Pandmie sind viele Menschen auf das Rad umgestiegen. Und insgesamt wissen wir, dass eine große Mehrheit es begrüßen würde, wenn wir unsere Städte und Gemeinden so weiter entwickeln, dass wir kaum noch auf ein Auto angewiesen sind, sondern zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln unseren Alltag bewältigen können. Menschen wollen die Wahl haben. Hierfür ist wiederum die Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen zentral.
In diesem Sinne und entsprechend des Mottos dieser Eröffnungssession ist es unsere Aufgabe, die richtigen Weichen zu stellen für den Weg hin zu einer nachhaltigen Mobilität der Zukunft, für diese Transformation.
Konferenzen wie diese sind eine wichtige Plattform um sich über diesen Weg und über die Beispiele auszutauschen, in denen es schon gut funktioniert und von denen wir lernen können.
Für die anstehenden Tage wünsche ich daher gute Diskussionen und spannende Erkenntnisse.
Vielen Dank!