Rede von Dr. Bettina Hoffmann bei der 44. Antarktisvertragsstaatenkonferenz (ATCM)

24.05.2022
Bei den Konsultativtagungen zum Antarktis-Vertrag (ATCM) hob Dr. Bettina Hoffmann die Grundsätze des Vertrages wie das Vorsorgeprinzip hervor. Sie sollen weiterhin die Leitschnur für den Schutz der Antarktis sein.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Frau Staatssekretärin Jennifer Morgan,
liebe Frau von Uslar Gleichen,
liebe Frau Njåstad,
lieber Herr Lluberas,
liebe Delegierte,

ich freue mich sehr, Sie heute zur Eröffnung der ATCM zu begrüßen. Leider ist es mir nicht möglich, heute persönlich zu Ihnen zu sprechen. Dennoch möchte ich Sie auf diesem Weg willkommen heißen. Und es ist gut, dass wir mittlerweile alle erfahren genug sind im virtuellen Austausch – so können sich alle Beteiligten über diverse Zeitzonen hinweg virtuell einbringen.

Die Antarktis war immer ein Kontinent, der vom Gedanken der friedlichen Nutzung geprägt war. Auch in Zeiten, in denen sich Staaten fast unversöhnlich gegenüberstanden, ging die gemeinsame Kooperation in der Antarktis weiter. Im Kalten Krieg dienten die Konferenzen zum Antarktisvertrag als Plattform, auf der sich beide Lager begegnen und miteinander für eine gemeinsame Sache arbeiten konnten.

Heute stehen wir durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vor einer neuen Dimension politischer Herausforderungen. Ich verurteile diesen Angriff auf Schärfste. Ein Ende dieses Unrechts, ein Ende des Leides der Menschen in der Ukraine und der weltweiten Folgen des Krieges steht derzeit im Zentrum aller politischen Bemühungen der Bundesregierung. Zurecht.

Wir haben dennoch gemeinsam beschlossen, diese Konferenz abzuhalten. Unsere Arbeit für Frieden, Forschung und Umweltschutz auf diesem einzigartigen Kontinent soll nicht unter der Aggression einer Vertragspartei gegenüber einer anderen leiden.

Ich bin der Überzeugung, dass das die richtige Entscheidung ist. Denn die globalen Krisen – die Klimakrise, das Artenaussterben und die Verschmutzungskrise – warten nicht, bis uns der Krieg eine Atempause verschafft. Sie betreffen die Antarktis in ganz besonderem Maße und es ist unsere Aufgabe, sie gemeinsam zu bewältigen.

Diese Aufgabe ist nicht neu. Das Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag hat gerade sein 30. Jubiläum gefeiert. Was wir uns im Laufe dieser 30 Jahre mühsam erarbeitet haben, sollten wir gemeinsam schützen und bewahren. Seine Grundsätze wie das Vorsorgeprinzip sollten weiterhin unsere Leitschnur sein. Diese Grundsätze gilt es immer wieder aufs Neue mit Leben zu füllen. Dem dient die Vielzahl wichtiger Entscheidungen, die wir hier bei der ATCM treffen.

Drei davon will ich hervorheben:

Erstens: Die globale Klimakrise wird in der Antarktis in besonderem Maße spürbar. Einer der Leidtragenden: der Kaiserpinguin. Die Wissenschaft kann bereits absehen, dass er in den nächsten Jahren zu einer bedrohten Art werden wird. Ich setze deshalb darauf, dass wir auf dieser ATCM einen wesentlichen Schritt in Richtung eines verstärkten Schutzstatus des Kaiserpinguins gehen. Genau das bedeutet das Vorsorgeprinzip in der Praxis: nicht solange auf noch genauere wissenschaftliche Erkenntnisse warten, bis dieser majestätische Vogel schließlich akut gefährdet ist, sondern den Kaiserpinguin jetzt schützen.

Zweitens: Für den Kampf gegen das Aussterben der Arten sind Schutzgebiete essentiell. In der Antarktis gewährleisten diese, dass ihre unberührte und einzigartige Tier- und Pflanzenwelt erhalten bleibt. Dem dient das Aufstellen, Überprüfen und Anpassen von Management-Plänen. In der Vergangenheit ist es uns gemeinsam gelungen, im Rahmen des Antarktisvertrags eine Vielzahl von Schutzgebieten auszuweisen. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese wichtige Arbeit in den nächsten zwei Wochen fortsetzen können.

Die Ausweisung von Schutzgebieten nach CCAMLR will die deutsche G7-Präsidentschaft übrigens ab übermorgen auch mit den zuständigen Ministerinnen und Ministern aus den G7 Staaten voranbringen. Unter Vorsitz von Bundesumweltministerin Steffi Lemke kommen die G7 Umweltministerinnen und -minister nur wenige Kilometer von hier entfernt zusammen.

Eine dritte Entscheidung, die ich hervorheben möchte: Trotz ihrer Abgeschiedenheit schlägt sich auch die weltweite Verschmutzungskrise in der Antarktis nieder. Selbst Mikroplastik findet sich dort. Mich stimmt zuversichtlich, dass auf der letzten Weltumweltversammlung UNEA in Nairobi das Mandat zur Aushandlung einer Plastikkonvention bis 2024 angenommen wurde. Dafür hatte sich Deutschland intensiv eingesetzt und wir werden die Verhandlungen nachdrücklich unterstützen. Bei dieser ATCM wird über die Fortschritte beim Anlegen von systematischen und besser strukturierten Datenbanken mit Proben aus der Umwelt berichtet. Diese sind wichtig, um die Umweltbelastungen in der Antarktis besser zu erfassen und zu überwachen.

Eine besondere Form der Umweltverschmutzung ist der Unterwasserlärm. Diesen zu reduzieren ist wichtig für den Schutz der antarktischen Tierwelt, zum Beispiel der Wale. Hier im Konferenzzentrum haben wir einen sogenannten Sonic Chair aufgestellt, in dem man sich in die Welt des Unterwasserschalls einfühlen kann. Ich möchte Sie einladen, diesen in einer Sitzungspause mal auszuprobieren.

Die Antarktis wird seit 30 Jahren durch die umfassendsten Anforderungen im Umweltschutz geschützt, die jemals für eine Region der Erde in einem bindenden internationalen Übereinkommen festgeschrieben wurden. Das hat gute Gründe. Ihr Einsatz und Ihre Teilnahme an der diesjährigen ATCM unterstreichen die Wichtigkeit, die Sie dem Schutz der Antarktis beimessen.

Ich zähle darauf, dass wir gemeinsam diesen Schutz im Sinne der Vorsorge weiter verstärken können und die Einzigartigkeit der Antarktis bewahren. Lassen Sie uns gerade in diesen Tagen ein Zeichen setzen für die gemeinsame Bewältigung von Krisen, für das friedliche Miteinander, für den Multilateralismus.

24.05.2022 | Rede Verbraucherschutz
https://www.bmuv.de/RE10092
  • Fotogalerie Videogalerie

    Mediathek

    Das Ministerium in Bildern

  • Fotogalerie Videogalerie Interviews

    Online-Tagebuch

    Aus der täglichen Arbeit des Ministeriums

  • Newsletter

    Newsletter

    Meldungen per E-Mail empfangen

Wege zum Dialog

Gute Politik für Umweltschutz und Verbraucherschutz gelingt, wenn sie gemeinsam gestaltet wird. Schreiben Sie uns oder beteiligen Sie sich an unseren Dialogangeboten.