Neues Instrument der Klimaschutzverträge soll Industrie Sicherheit für Umstellung ihrer Produktionsprozesse geben
In einer breit angelegten Dialogreihe hat das Bundesumweltministerium mehr als 80 Lösungswege für den Weg in ein klimaneutrales Deutschland im Jahr 2045 entwickelt. Dabei sind im Laufe eines Jahres mehr als 130 gesellschaftliche Akteure aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft, Umwelt- und Jugendverbänden ins Gespräch gekommen – sowohl untereinander als auch mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze und ihrem Team. Die Dialogreihe stand unter der Überschrift: "Wir schafft Wunder – Fortschritt sozial und ökologisch gestalten". Die Ergebnisse werden heute in einer virtuellen Abschlussveranstaltung diskutiert. Einer der mehr als 80 Lösungswege sind neue Klimaschutzverträge, mit denen der Staat Industrieunternehmen bei der Umstellung auf klimaneutrale Produktionsprozesse unterstützt.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Zielzahlen und Grenzwerte sind wichtig für die Umweltpolitik. Aber für die große Aufgabe, die vor uns liegt, brauchen wir mehr als das. Unsere Gesellschaft braucht positive Ideen davon, wie gut es sich im klimaneutralen Deutschland in 25 Jahren leben lässt – und viele durchdachte Lösungswege, um dorthin zu kommen. Eine solche Gemeinschaftsaufgabe beginnt mit einem motivierenden, vielleicht sogar identitätsstiftenden Zukunftsbild. Darum habe ich meine Dialogreihe "Wir schafft Wunder" genannt. Ich habe dabei mit vielen Umweltschützerinnen und Umweltschützern gesprochen – aber eben auch mit vielen anderen. Denn wir werden Verbündete in der gesamten Gesellschaft brauchen, um den Fortschritt sozial und ökologisch zu gestalten."
Ergebnis der Dialogreihe sind neun konkrete Zukunftsbilder, die beschreiben, wie unser Leben, unsere Wirtschaft, unsere Arbeit und unser Konsum zur Mitte des Jahrhunderts aussehen könnten, wenn wir Klima und Umwelt konsequent schützen und die biologische Vielfalt erhalten. Sie zeigen auch, auf welchen Lösungswegen diese Zukunft erreicht werden kann.
Ein Beispiel dafür ist das Zukunftsbild der klimaneutral wirtschaftenden Industrie: Deutschland ist 2045 noch immer eines der innovativsten und wirtschaftsstärksten Industrieländer der Welt. Die Industrie ist weiterhin ein Garant für Wohlstand und wirtschaftlichen Erfolg. Sie steht zugleich für Treibhausgas-Neutralität, höchste Effizienz und Nachhaltigkeit. Ihre Produkte sind weltweit gefragt. Und sie ist damit Garant für gute Arbeitsplätze in zahlreichen Branchen. Dabei spielen sowohl die Grundstoffindustrien als auch die darauf aufbauenden Wertschöpfungsketten eine wichtige Rolle. (…) Klimaschutz hat Deutschland zum Technologieführer in vielen Schlüsselbranchen der Industrie gemacht. Windkraftanlagen, grüner Stahl, Elektrolyseure und E-Mobilität "Made in Germany" sind nur einige Beispiele für die neuen Exportschlager.
Einer der vom Bundesumweltministerium identifizierten Lösungswege dorthin sind sogenannte Klimaschutzverträge, auch "Carbon Contracts for Difference" genannt. Hierbei federt der Staat die höheren Betriebskosten von Klimaschutz-Technologien übergangsweise ab - etwa in der Stahlproduktion, wenn grüner Wasserstoff anstelle billigerer fossiler Rohstoffe eingesetzt wird. Klimaschutzverträge können so zum zentralen Hebel werden, um transformativen Verfahren in der industriellen Produktion zur Marktreife und zum Marktdurchbruch zu verhelfen. Die so gewonnene Wettbewerbsfähigkeit und Planungssicherheit kann dann dabei helfen, gute Arbeitsplätze und Wertschöpfungsketten am Industriestandort Deutschland zu sichern.
Mit seinem Förderprogramm "Dekarbonisierung der Industrie" unterstützt das Bundesumweltministerium bereits Investitionen in neue CO2-arme oder CO2-freie Produktionsprozesse. Klimaschutzverträge könnten diese Förderung wirksam ergänzen, indem sie die höheren Betriebskosten übergangsweise ausgleichen – bis die neuen Technologien durch Skaleneffekte, die Schaffung grüner Leitmärkte für CO2-freie Produkte und eine steigende CO2-Bepreisung wettbewerbsfähig sind. Das Prinzip: Je höher der CO2-Preis im EU-Emissionshandel steigt, desto geringer fällt der vertraglich vereinbarte Zuschuss aus.
Das Bundesumweltministerium entwickelt derzeit ein Pilotprogramm für Klimaschutzverträge für die Stahl-, Zement-, Kalk- und Ammoniakindustrie, das 2022 starten soll. Gefördert werden sollen Projekte im industriellen Maßstab, die zu einer erheblichen Emissionsminderung führen und zum Ziel der Klimaneutralität 2045 passen. Darauf aufbauend kann das Programm abhängig von den verfügbaren Finanzmitteln auf weitere Branchen ausgedehnt werden.
Die Abschlussveranstaltung der Dialogreihe mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze, der Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings Lisi Maier, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft Verdi Frank Werneke und dem Präsidenten des Deutschen Naturschutzrings Kai Niebert, wird heute ab 16 Uhr live auf www.bmu.de/livestream übertragen.