Dr. Angela Merkel: Neues Abfallrecht ein Beitrag für eine nachhaltige Umweltpolitik
Heute sind das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie das dazugehörende untergesetzliche Regelwerk mit einer Reihe neuer Verordnungen in Kraft getreten. Hierzu erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute in Bonn:
"Ab heute wird ein neues Abfallrecht gelten, das stärker als bisher die Vermeidung von Abfällen und die umweltverträgliche Verwertung von Abfällen einfordert. Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz haben wir die Weichen für den Einstieg Deutschlands in die Kreislaufwirtschaft gestellt. Wir leisten so einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen umweltverträglichen Entwicklung des Standortes Deutschland".
Das Ziel des bereits 1994 vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes ist die langfristige Umorientierung von der Wegwerfgesellschaft in eine Kreislaufwirtschaft. Die in der Produktion unbeabsichtigt anfallenden Stoffe und die nach Gebrauch von Gütern anfallenden Abfälle sollen nicht einfach beseitigt werden, sondern soweit wie möglich wieder in die Produktion als Einsatzstoffe eingebracht werden. Hierdurch können nicht nur nachhaltig Abfälle vermieden und wertvolle Deponiekapazitäten länger genutzt, sondern vor allem auch die beschränkten Rohstoffvorkommen länger geschont werden. Bundesumweltministerin Merkel erwartet, daß die Kreislaufwirtschaft zu einer effizienteren, rohstoffschonenden und daher weniger umweltbelastenden Produktionsweise und damit zu einer durchgreifenden Modernisierung der Industrie in der Bundesrepublik führen wird. Die Kreislaufwirtschaft bilde einen wesentlichen Baustein für die nachhaltige umweltverträgliche Entwicklung des Standortes Deutschland.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel:
"Die Zahlen der Entsorgungswirtschaft belegen eindrucksvoll, daß sich die Einführung der Kreislaufwirtschaft auch für die Industrie lohnt. Die Branche hat letztes Jahr 80 Milliarden DM Umsatz erwirtschaftet und damit auch Verwertungstechnologien einen großen Nachfragemarkt eröffnet. Und man sollte auch nicht verschweigen, daß die Entsorgungsbranche gegenwärtig 240.000 Arbeitsplätze geschaffen hat. Aber nicht nur die Entsorgungsbranche profitiert von der Abfallwirtschaft. Mit intelligenter Vermeidungs- und Verwertungstechnologie werden wir zukünftig auch kostengünstiger produzieren können."
Zu den wesentlichen Inhalten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel:
"Mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nehmen wir die eigentlichen Verursacher des Abfalls, die Abfallerzeuger, in die Pflicht. Wer Güter produziert, vermarktet und konsumiert, soll in Zukunft grundsätzlich selbst für die Vermeidung, Verwertung und umweltverträgliche Beseitigung der dabei anfallenden Abfälle verantwortlich sein. Die Rollenverteilung des alten Abfallgesetzes, nach der die Wirtschaft produziert und die Kommunen auf Kosten der Allgemeinheit die dabei entstehenden Abfälle zu entsorgen hatten, wird abgelöst. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz baut anders als das alte Abfallgesetz auf dem weiten EG-Abfallbegriff auf und setzt so die Vorgaben des EG-Rechts um. Abfälle sind in Zukunft nicht mehr die lediglich zu beseitigenden Abfälle, sondern auch Abfälle zur Verwertung. Das Gesetz schafft damit die Grundlage, die Verwertung von sogenannten Reststoffen, Wertstoffen und Wirtschaftsgütern, die in der Vergangenheit dem Abfallregime entzogen waren und dadurch leider für Umweltskandale gesorgt haben, anhand strenger Umweltanforderungen zu überwachen."
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz setzt auf die Vermeidung von Abfällen und fordert bereits von den Produzenten die Produktverantwortung ein. Das Gesetz zielt auf die Produktion von möglichst abfallarmen, d.h. langlebigen, mehrfach verwendbaren, reparaturfreundlichen oder jedenfalls verwertungsfreundlichen Produkten ab. So ist es bereits mit der Verpackungsverordnung gelungen, das Gesamtaufkommen der Verpackungsabfälle in den Jahren von 1991 bis 1995 um mehr als 1,3 Millionen Tonnen zu reduzieren.
Ein weiterer Baustein der Abfallvermeidung ist die Verpflichtung der Industrie, bereits im Produktionsverfahren die Erzeugung von Abfällen durch verfahrenstechnische Maßnahmen wie etwa die Kreislaufführung und Rückgewinnung von Einsatzstoffen (z. B. ölen und Betriebs- und Lösemitteln) möglichst zu verringern.
Natürlich können nicht alle Abfälle vermieden werden. In diesem Falle fordert das Kreislaufwirtschaftsgesetz die umweltverträgliche Verwertung von Abfällen, um die wertvollen Ressourcen soweit wie möglich zu nutzen. Hierzu zählt nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht nur das Recycling von Stoffen, sondern auch die hochwertige energetische Verwertung. Strenge Umweltstandards des Gesetzes fordern, daß die Verwertung ordnungsgemäß und schadlos erfolgen muß. Die Verwertung ist nur dann geboten, wenn es technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, die hohen Verwertungsanforderungen zu erfüllen. Erst wenn eine Verwertung von Abfällen nicht mehr möglich ist, dürfen Abfälle umweltverträglich beseitigt, d.h. verbrannt oder deponiert werden. Die strengen Anforderungen des Immissionsschutzrechts und der TA Siedlungsabfall gewährleisten, daß Abfälle umweltverträglich vorbehandelt, ihr Volumen verringert, Energie genutzt und verbleibende Reste dauerhaft sicher abgelagert werden.
Eine moderne Kreislaufwirtschaft kann nur funktionieren, wenn die Erzeuger des Abfallaufkommens auch die Verantwortung und Kosten für die Verwertung und Beseitigung ihrer Abfälle tragen. Das Gesetz zielt darauf ab, daß Abfallerzeuger aus Gewerbe und Wirtschaft grundsätzlich eigenverantwortlich die Entsorgung ihrer Abfälle vornehmen. Natürlich gilt dies nicht für gewöhnliche Haushalte; auch in Zukunft können Haushaltsabfälle der städtischen Müllabfuhr überlassen werden.
Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz haben die Kommunen aber nicht mehr das Recht, auf alle Abfälle zuzugreifen. Hierzu erklärte Bundesumweltministerin Merkel:
"Im Bereich der Abfallwirtschaft ist die kommunale Daseinsvorsorge in erster Linie dort geboten, wo es um die normale Beseitigung von Abfällen geht; die Verwertung von Abfällen soll grundsätzlich im Bereich der privaten Erzeuger bleiben. Obwohl diese Arbeitsteilung eigentlich bereits im alten Abfallrecht angelegt war, ist diese gesetzliche Festlegung der Rollenverteilung von den Kommunen kritisiert worden. Ich meine jedoch, daß die Sorge vor dem Wegbrechen von Abfällen größtenteils unberechtigt ist. Soweit der allgemeine Rückgang von Abfallmengen beklagt wird, muß ich klar sagen, daß dies vom Gesetz gewollt ist. Wir wollen, daß Abfall vermieden wird. Alle Entsorger - privat- oder öffentlich-rechtlich - werden sich hierauf einstellen müssen. Soweit jedoch beklagt wird, daß die Kommunen die verwertbaren Abfälle nicht mehr erfassen dürfen, weise ich darauf hin, daß schon bisher die Kommunen auf verwertbare Stoffe eigentlich nicht zugreifen durften. Im übrigen müssen sich die Kommunen fragen lassen, ob sie überhaupt technisch und wirtschaftlich in der Lage sind, die hohen Verwertungsanforderungen des Gesetzes wirklich zu erfüllen. Ich gehe davon aus, daß es nach einer übergangszeit und einigen Anpassungen kommunaler Entsorgungsleistungen zu einer fairen Arbeitsteilung zwischen privater und öffentlich-rechtlicher Entsorgung kommen wird."
Zusammen mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz treten eine Reihe von Durchführungsverordnungen in Kraft, die im wesentlichen das abfallrechtliche überwachungsverfahren regeln. Zu diesem untergesetzlichen Regelwerk erklärte Bundesumweltministerin Merkel:
"Bei dem sogenannten untergesetzlichen Regelwerk haben wir darauf geachtet, daß die überwachung der abfallrechtlichen Pflichten so unbürokratisch wie möglich erfolgt. Auf der einen Seite muß die überwachung für die Behörden noch praktikabel durchführbar sein, damit die Behörde nicht in einem Wust von Papierverfahren erstickt, sondern sich um die leider noch vorhandenen schwarzen Schafe kümmern kann; andererseits wollen wir nicht, daß die Kreislaufwirtschaft ohne Not im Gestrüpp bürokratischer Vorschriften strauchelt. Wir haben daher in einem weiten Bereich bisherige Genehmigungsverfahren durch Anzeigeverfahren ersetzt und vor allem dort die überwachung erleichtert, wo die Entsorgungsunternehmen nachweislich besonders qualifiziert und zuverlässig sind. Trotz der durchgeführten Deregulierung des überwachungsrechts bleibt damit die Sicherung des Umweltschutzes im Abfallbereich voll gewährleistet."
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel betonte, daß mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und dem untergesetzlichen Regelwerk die Weichen für den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft gestellt seien. Der Weg in eine wirkliche Kreislaufwirtschaft mit einer Schließung von Stoffkreisläufen und einer durchgreifenden Abfallvermeidung sei jedoch noch weit. Zur Konkretisierung der im Gesetz festgelegten Produktverantwortung müßten noch einige Rechtsverordnungen und freiwillige Initiativen der Wirtschaft folgen. Als Beispiel nannte sie die in der öffentlichkeit stark diskutierte Altautoverordnung, eine Verordnung über Geräte der Informationstechnik sowie die Batterieverordnung.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel:
"Bei aller Kritik, die sich mit der Einführung eines so modernen Umweltgesetzes zwangsläufig einstellt, sollten wir stets bedenken, daß die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft auch nach dem Gesetz nicht von heute auf morgen vollzogen wird, sondern als langfristige Aufgabe zu verstehen ist. Es gilt eine Vielzahl von Einzelschritten, unsere Wegwerfgesellschaft in ökologisch und ökonomisch vernünftige Produktions-, Wirtschafts- und Konsumweisen zu überführen."