Heute hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seinen Beschluss zu der Verfassungsbeschwerde des Energieversorgungsunternehmens Vattenfall gegen die mit dem Sechzehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes (16. AtG-Novelle) geschaffenen Paragraf 7f Absatz 1 und 2, Paragraf 7g Absatz 2 Satz 1 des Atomgesetzes (AtG) verkündet. Es hat entschieden, dass die Verfassungsbeschwerde Vattenfalls zulässig und begründet ist.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Die Bundesregierung respektiert selbstverständlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Wir werden das Urteil gründlich analysieren und zügig eine Gesetzesregelung auf den Weg bringen, die den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes gerecht wird. Klar ist, dass das heutige Urteil nicht den Atomausstieg bis 2022 an sich betrifft, der vom Bundesverfassungsgericht im Wesentlichen schon 2016 bestätigt wurde. Es geht um einen Randbereich: Regelungen für gewisse etwaige Ausgleichsansprüche der AKW-Betreiber."
Mit der 16. AtG-Novelle hatte der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 umzusetzen. Paragraf 7f Absatz 1 und 2, Paragraf 7g Absatz 2 Satz 1 AtG regeln einen Ausgleichsanspruch für die Genehmigungsinhaber der Atomkraftwerke Brunsbüttel, Krümmel und Mülheim-Kärlich, soweit die diesen Atomkraftwerken im Jahre 2002 zugewiesenen Elektrizitätsmengen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 trotz ernsthaften Bemühens nicht auf ein anderes Atomkraftwerk übertragen werden.
Das BVerfG hat entschieden, dass die Verfassungsbeschwerde Vattenfalls zulässig und begründet ist. Die 16. AtG-Novelle sei nicht wirksam in Kraft getreten, da keine der beiden von der Novelle selbst vorgesehenen Inkrafttretensvoraussetzungen erfüllt seien. Zum Einen handele es sich bei dem von der EU-Kommission diesbezüglich übermittelten Schreiben ("Comfort Letter"), in welchem sie mitgeteilt hatte, eine beihilferechtliche Prüfung sei nicht erforderlich, lediglich um eine unverbindliche Stellungnahme, welche entgegen der Auffassung der Bundesregierung die Bedingungen der Inkrafttretensvorschrift nicht erfülle.
Zum Anderen hat das BVerfG festgestellt, dass das Gesetz auch materiell nicht ausreiche, die bestehenden verfassungsrechtlichen Defizite zu beseitigen. Insbesondere sei die oben genannte Bemühensobliegenheit zu unbestimmt. Zwar könne der Ausgleichsanspruch grundsätzlich an die Bedingung geknüpft werden, dass der Antragsteller versuche, die noch vorhandenen Strommengen zu verwerten. Hierfür müsse die entsprechende Regelung allerdings Bedingungen vorsehen, die es dem Antragsteller ermöglichen, klar zu erkennen, zu welchen Bedingungen eine solche Übertragung erfolgen müsse.