EU-Umwelt-Ministerrat am 23. März 1998 in Brüssel

23.03.1998
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 29/98 S
Thema: Europa
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Europa will Luftqualität verbessern

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:

Die Schwerpunkte der Ratstagung lagen in den Bereichen Luftreinhaltung und Klimaschutz sowie Abfallwirtschaft. Die deutsche Delegation wurde von Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel geleitet.

Luftreinhaltepolitik

In einer Orientierungsdebatte werden die Umweltminister und -ministerinnen den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Tochterrichtlinie zur Luftqualitätsrichtlinie erörtern. Mit der Tochterrichtlinie sollen EU-einheitliche Grenzwerte für die Belastung durch Schwefeldioxid, Blei, NOx und Partikel festgelegt werden. Die vorgeschlagenen Grenzwerte, insbesondere für Partikel, sind anspruchsvoll und orientieren sich an den u.a. von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Werten. Der Richtlinienvorschlag sieht vor, daß die Grenzwerte spätestens bis 2010 eingehalten werden. Er zielt auf eine kontinuierliche Verbesserung der Luftqualität und läßt daher ab Inkrafttreten der Richtlinie nur begrenzte Abweichungen von den Zielwerten für 2010 zu. Die zulässigen Abweichungen (Toleranzmargen) werden bis 2010 schrittweise bis auf Null zurückgeführt.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die von der Kommission vorgeschlagenen Luftqualitätswerte sind anspruchsvoll. Die Richtlinie wird zu einer spürbaren Entlastung von Mensch und Umwelt vor allem in den Ballungsgebieten der Gemeinschaft beitragen und ist von großer Bedeutung im Hinblick auf die Verringerung umweltbelastungsbedingter Erkrankungen."

Der Rat hat außerdem einen gemeinsamen Standpunkt zum Richtlinienvorschlag zur Begrenzung der Emissionen bei leichten Nutzfahrzeugen verabschiedet. Das Europäische Parlament hat in seiner Stellungnahme zum Kommissionsvorschlag ähnliche Verschärfungen gefordert wie beim Richtlinienvorschlag zur Begrenzung der Emissionen bei Pkw, insbesondere die Festlegung verbindlicher Grenzwerte auch für die zweite Stufe. Es wird daher auch zu diesem Vorschlag zu einem Vermittlungsverfahren zwischen Rat und Europäischen Parlament kommen. Die Präsidentschaft möchte durch die rasche Verabschiedung des gemeinsamen Standpunkts ermöglichen, daß die Vermittlungsverfahren zu dieser Richtlinie und zur Kfz-Richtlinie wegen ihrer engen inhaltlichen Bezüge zusammengeführt und zu einem raschen gemeinsamen Abschluß gebracht werden können.

Der Rat hat ebenso einen gemeinsamen Standpunkt zur Richtlinie der Reduzierung der VOC-Emissionen (flüchtige organische Kohlenwasserstoffe), die bei der anlagenbezogenen Verwendung von organischen Lösemitteln in gewerblichen und industriellen Bereichen entstehen, verabschiedet. Durch die Maßnahmen der Richtlinie sollen die VOC-Emissionen in den erfaßten Verwendungsbereichen EU-weit bis zum Jahr 2007 um 57 Prozent, bezogen auf das Jahr 1990, reduziert werden.

Gemeinschaftsstrategie zum Klimaschutz

Der Rat hat die Schlußfolgerungen angenommen, die die zentralen Bestimmungen des in Kioto ausgehandelten Protokolls bewerten. Darin werden die anstehenden Folgearbeiten auf EU- und internationaler Ebene zu dessen Umsetzung und zur Vorbereitung auf die 4. Vertragsstaatenkonferenz im November 1998 in Buenos Aires dargestellt. Auf EU-Ebene muß zur Erfüllung des in Kioto beschlossenen 8%-Ziels das Klimaschutzprogramm der Gemeinschaft weiterentwickelt werden. International müssen die Entscheidungen über die weitere Ausgestaltung des Protokolls vorbereitet werden. Dies gilt vor allem für die vom Protokoll vorgesehenen Mechanismen, mit denen die Umsetzung der Begrenzungs- und Reduktionsverpflichtungen der Industrieländer flexibilisiert werden können. Dies sind der Emissionshandel, die gemeinsame Umsetzung von Klimaschutzprojekten (Joint Implementation) und der Clean Development Mechnismus. Wichtiges Anliegen der EU ist es, die Nutzung dieser Flexibilitätsmechanismen so zu beschränken, daß Schlupflöcher weitestgehend gestopft werden können. Zu diesem Zweck fordert die Bundesregierung - über den jetzigen Entwurf der Schlußfolgerungen hinaus - daß in Buenos Aires konkrete Obergrenzen für die Nutzung dieser Mechanismen festgelegt werden. "Hierdurch soll sichergestellt werden," so Bundesumweltministerin Dr. Merkel, "daß die Industrieländer ihre Verpflichtungen hauptsächlich durch Maßnahmen im eigenen Land und insbesondere nicht durch Zukauf von Reduktionen erfüllen, die durch den wirtschaftlichen Umbruch in den mittel- und osteuropäischen Staaten, in Rußland und der Ukraine entstanden sind. Denn nur wenn in den Industrieländern selbst neue Technologien entwickelt und eingesetzt und anspruchsvolle Standards in allen klimarelevanten Sektoren angewandt werden, kann die mit dem Klimaprotokoll eingeleitete Trendwende bei den Treibhausemissionen vollzogen werden."

Der Rat hat den gemeinsamen Standpunkt zur Änderung der Entscheidung 93/389/EWG über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft verabschiedet.

Dieser Standpunkt zielt auf die Aktualisierung der Ratsentscheidung 93/389, die einen Monitoring-Mechanismus für anthropogenes CO2 und andere, vom Montrealer Protokoll nicht erfaßte Treibhausgase einführte.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Dieser Standpunkt wird von der Bundesregierung begrüßt. Die damit vorgesehene Anpassung des Monitoring-Mechanismus an die Anforderungen des Protokolls von Kioto ist eine wichtiges Element zur konsequenten Umsetzung der Klimaschutzpolitik der EU. Die Union zeigt damit, daß sie ihre Klimaschutzstrategie zügig und entschlossen fortentwickelt."

Zu den notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Klimaschutzpolitik der Union gehört ferner die Reduzierung der CO2-Emissionen im Pkw-Bereich. Der Rat hatte hierzu die Kommission ermächtigt, Verhandlungen mit der europäischen Automobilindustrie (ACEA) über eine Vereinbarung zu führen, mit dem Ziel bis spätestens zum Jahre 2010 einen Durchschnittswert von 120g CO2/km für die in Verkehr gebrachte Neuwagenflotte zu erreichen. Vor wenigen Tagen hat die Automobilindustrie in den Verhandlungen ein neues Angebot vorgelegt, das auf einen Durchschnittswert von 140 g CO2 /km bis zum Jahr 2008 abzielt und darüber hinaus vorsieht, daß bis zum Jahr 2000 von allen Herstellern Modelle angeboten werden, die nicht mehr als 120 g CO2/km emittieren. Die Kommission wurde vom Rat gebeten, noch einige offene Fragen mit ACEA zu klären, so z. B. die von ACEA vorausgesetzten Kraftstoffqualitäten.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Wir begrüßen, daß die Industrie einen deutlichen Schritt in Richtung der Zielvorstellungen des Rates getan hat. Damit ist eine gute Basis für den Abschluß einer Vereinbarung gegeben. Natürlich sind noch weitere Prüfungen, insbesondere auch der Randbedingungen, wie z. B. die Ausgestaltung eines verläßlichen Monitorings und die Einbeziehung der Importeure vorzunehmen. Ich bin aber zuversichtlich, daß insgesamt eine tragfähige Lösung gefunden werden kann."

Gemeinsamer Standpunkt für eine Richtlinie des Rates über Abfalldeponien

Bereits auf der Ratstagung vom 16.12.1997 konnte zu diesem Vorschlag eine politische Einigung erzielt werden. Nachdem die Stellungnahme des EP vom 16.02.1998 inzwischen vorliegt, wurde in der heutigen Ratstagung diese Einigung mit der Verabschiedung eines gemeinsamen Standpunktes bestätigt. Der Richtlinienvorschlag stellt gegenüber dem nach Ablehnung durch das EP zurückgezogenen Gemeinsamen Standpunkt des Rates von 1995 einen erheblichen Fortschritt dar, da er klarere Zielvorgaben enthält und die Ausnahmetatbestände einschränkt. Insgesamt wird damit eine Harmonisierung der Anforderungen an Deponien auf durchaus anspruchsvollem Niveau erreicht.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Der gemeinsame Standpunkt spiegelt das im Dezember erreichte politische Einvernehmen unter Einbeziehung der für den Rat annehmbaren Änderungsanträge des EP wider und ist daher für Deutschland grundsätzlich akzeptabel. Da die Richtlinie jedoch hinter dem Standard zurückbleibt, der nach deutscher Auffassung eine weitgehend nachsorgefreie bzw. nachsorgearme Deponie ermöglichen würde, wird Deutschland seine diesbezüglich strengeren nationalen Regelungen beibehalten. Dies ist EG-rechtlich zulässig."

23.03.1998 | Pressemitteilung 29/98 S | Europa
https://www.bmuv.de/PM931
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