BMU und VKU schaffen Voraussetzungen für mehr Herstellerverantwortung und warnen vor Bioplastik
Das Bundesumweltministerium (BMU) will die Kommunen bei den Kosten für die Stadtreinigung zukünftig entlasten. Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) und Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling haben dazu heute in Berlin ein gemeinsames Vorgehen angekündigt – basierend auf der EU-Einweg-Kunststoffrichtlinie, die im Mai 2019 von den EU-Mitgliedsstaaten verabschiedet wurde. Demnach sind Hersteller von Einweg- oder Wegwerfartikel künftig an Reinigungs- und Entsorgungskosten im öffentlichen Raum zu beteiligen. Diese erweiterte Herstellerverantwortung gilt für Fast-Food-Verpackungen, Getränkebecher, leichte Kunststofftragetaschen sowie für Zigarettenfilter.
Das BMU wird im ersten Schritt im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Rechtsgrundlage für eine spätere Verordnung zur Kostenbeteiligung von Herstellern typischer Wegwerfartikel schaffen. Wie hoch ihr Anteil in den öffentlichen Abfallbehältern, auf den Straßen und Parks ist, will der VKU wiederum in einer deutschlandweiten Untersuchung ermitteln.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: "Der Trend zu mehr Wegwerfartikeln führt in manchen Städten zu einer regelrechten Müllflut, vor allem in öffentlichen Parks und belebten Straßen. Für die Kommunen wird es immer schwieriger Straßen, Plätze und Parks sauber zu halten. Die Kosten dafür trägt bisher die Allgemeinheit. Jetzt haben wir im Europarecht die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Hersteller von Zigaretten, Einweg-Bechern und anderen typischen Wegwerfartikeln zur Kasse zu bitten. Wer mit Wegwerfartikeln sein Geld verdient, soll sich künftig an den Kosten für die Stadtreinigung beteiligen. Das ist nicht nur eine Umweltfrage, sondern auch eine der Gerechtigkeit. Im ersten Schritt schaffen wir jetzt in Deutschland die gesetzliche Grundlage für eine spätere Verordnung."
VKU-Präsident Michael Ebling: "Die Kosten der Stadtreinigung werden bisher über Straßenreinigungsgebühren und die kommunalen Haushalte finanziert. Hier brauchen wir mehr Verursachungsgerechtigkeit. Dank der neuen Vorgaben aus Europa müssen sich die Hersteller bald an den Folgen ihrer umweltschädigenden Ex-und-Hopp-Geschäftsmodelle finanziell beteiligen. Außerdem entstehen so für alle Akteure neue Anreize für abfallarme Alternativen – etwa auf Mehrweggeschirr umzusteigen."
Viele Zigaretten und Einweg-Produkte werden im öffentlichen Raum konsumiert und landen in den öffentlichen Abfallbehältern. Die VKU-Mitgliedsunternehmen beobachten, dass die Menge der Einweg-Verpackungen dabei zunimmt. Bisher sind allein die kommunalen Stadtreinigungsbetriebe für die Entsorgung dieser Abfälle verantwortlich: Sie kümmern sich um die Straßenreinigung, unterhalten Abfallbehälter und sensibilisieren in Kampagnen für Stadtsauberkeit und Abfallvermeidung.
Bei diesen Kosten werden die Kommunen zukünftig entlastet. Dann müssen die Hersteller von Fast-Food-Verpackungen, Getränkebechern, leichten Kunststofftragetaschen und Zigarettenfiltern sowohl die Kosten für die öffentliche Sammlung dieser Produkte als auch anteilsmäßig die Kosten für die Bereitstellung der Abfallbehälter und die anschließende Entsorgung tragen.
Die Höhe der Finanzierungsbeiträge muss sich unter anderem am Aufwand für Reinigung und Entsorgung bemessen. Ebling: "Das zu berechnen, ist komplex. Wir starten daher mit einer deutschlandweiten, breit angelegten Untersuchung. Dabei ermitteln wir unter anderem, welche Abfälle sich in Abfallbehältern und auf der Straße befinden und wie hoch der Anteil an Einweg-Produkten ist. Mithilfe dieser Daten kann sich auch der Gesetzgeber ein realistisches Bild vom ökonomischen Aufwand verschaffen."
"Die Herstellerverantwortung auch auf den Bereich der Stadtsauberkeit auszuweiten, ist ein notwendiger Paradigmenwechsel, den der VKU begrüßt", so Ebling.
Svenja Schulze und Michael Ebling warnen zudem vor vermeintlich biologisch abbaubaren Verpackungen und so genanntem "Bioplastik". Viele Hersteller labeln ihre Produkte oder Verpackungen als "Bioplastik" oder "kompostierbar" und suggerieren, dass diese biologisch abbaubar seien wie ein Apfel. Viele Menschen entsorgen diese dann im Bioabfall.
Svenja Schulze: "Produkte aus sogenanntem ‚Bioplastik’ sind häufig eine Mogelpackung. Sie verrotten weder in der Biotonne noch in den Kompostieranlagen und schon gar nicht in der Umwelt. Am Ende müssen sie sogar über den Restmüll entsorgt werden. In der EU setzt sich Deutschland deshalb dafür ein, dass nur Kunststoffe, die hundertprozentig biologisch abgebaut werden auch als solche bezeichnet werden dürfen."
Michael Ebling: "Angaben zu angeblichem 'Bioplastik' sind oft hochgradig irreführend: Die meisten der Produkte sind weder recycelbar noch richtig kompostierbar. Dennoch landen viele davon im Bioabfall, was wiederum den Nutzen der Bioabfallsammlung gefährdet. Es ist gut, dass das Bundesumweltministerium Schritte unternimmt, um hier mehr Transparenz zu schaffen, etwa mit der Unterstützung der Kampagne 'Aktion Biotonne Deutschland'."
Bioabfälle sollten dagegen unbedingt in der Biotonne entsorgt werden, damit sie die Kommunen zur Kompost- und Energiegewinnung nutzen können.