Internationaler Workshop zur Verhinderung von Störfällen in der Industrie

07.05.1998
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 52/98 S
Thema: Nukleare Sicherheit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Klinkert: Grenzüberschreitende Auswirkungen nach dem Vorbild des Rheins minimieren

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:

Störfälle in Industrieanlagen können weitreichende grenzüberschreitende Auswirkungen haben und zur erheblichen Verschmutzung von Gewässern, insbesondere zur Einschränkung ihrer Nutzung als Trink- oder Brauchwasser sowie zur Schädigung bzw. Zerstörung der Tier- und Pflanzenwelt führen. Ein gravierendes Beispiel für einen solchen Unfall stellt der Störfall im Chemieunternehmen Sandoz/Basel im Jahre 1986 dar, der das aquatische Ökosystem schwer geschädigt und negative Folgen für die Fischerei sowie die Trink- und Brauchwassergewinnung aus dem Rhein nicht nur in der Schweiz selbst, sondern auch in Deutschland, Frankreich sowie in den 1.000 Kilometer entfernten Niederlanden hatte. Aber auch der jüngste Unfall in unmittelbarer Nähe des spanischen Donana-Nationalparks zeigt, welche schwerwiegenden Auswirkungen Industrieunfälle auf Mensch und Umwelt haben können. Deshalb findet auf Initiative des Bundesumweltministeriums vom heutigen Donnerstag bis zum 09. Mai 1998 gemeinsam mit der Europäischen Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (ECE) ein Internationaler Workshop zur Verhinderung von Störfällen in Industrieanlagen und der Begrenzung ihrer Auswirkungen auf grenzüberschreitende Gewässer im Berliner Roten Rathaus statt, der vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesumweltministerium Ulrich Klinkert eröffnet wurde.

Parlamentarischer Staatssekretär Ulrich Klinkert: "Deutschland hat mit seinen grenzüberschreitenden Flüssen Rhein, Elbe, Oder/Neiße und Donau ein besonderes Interesse an einer intensiveren Zusammenarbeit mit seinen Nachbarstaaten auf dem Gebiet der Störfallvorsorge. Mit unseren Partnern in Westeuropa ist es in den vergangenen Jahren - nicht zuletzt auch durch schmerzhafte Lehren wie im Falle Sandoz - gelungen, gut funktionierende Systeme zu etablieren, um Störfälle möglichst zu verhindern bzw. zumindest die Auswirkungen auf die Umwelt auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Erfahrungen vor allem der Rheinanlieger sollten nunmehr genutzt werden, um auch das Sicherheitsniveau in den mittel- und osteuropäischen Staaten schrittweise an das der Europäischen Union heranzuführen, insbesondere in den Staaten, die sich auf einen EU-Beitritt vorbereiten."

Während des Internationalen Workshops werden sich rund 70 Fachleute aus Europa, Asien, USA und Kanada vor allem mit der Analyse von Störfällen und ihren grenzüberschreitenden Auswirkungen auf Gewässer sowie entsprechenden technischen und organisatorischen Konsequenzen für die Anlagensicherheit, mit der Alarm- und Gefahrenabwehrplanung sowie dem Informations- und Know-how-Transfer zwischen Experten in den Behörden, der Industrie und des Gewässerschutzes beschäftigen. Am 09. Mai findet dazu eine Exkursion zum Chemieunternehmen BASF Schwarzheide GmbH statt.

Der Workshop hat zum Ziel, die Aktivitäten der 1992 gezeichneten UN/ECE-Übereinkommen "Über grenzüberschreitende Auswirkungen von Industrieunfällen" und "Zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen" innerhalb Europas besser abzustimmen und zu koordinieren. Das Gewässerübereinkommen wurde durch die Bundesrepublik 1994 ratifiziert und ist bereits in Kraft getreten. Das Ratifizierungsverfahren für das Industrieunfallübereinkommen wurde eingeleitet. Dem entsprechenden Vertragsgesetz haben Bundestag und Bundesrat bereits zugestimmt. Nachdem eine Reihe weiterer Staaten die Ratifizierung für 1998 angekündigt haben, ist davon auszugehen, daß das Übereinkommen noch in diesem Jahr in Kraft treten kann.

Darüber hinaus haben die EU-Staaten in den vergangenen Jahren grundlegende praktische Maßnahmen zur Verhinderung von Störfällen umgesetzt. Als besonders wirksam hat sich Ausarbeitung betrieblicher und behördlicher Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erwiesen, die zwischen den Staaten abgestimmt werden und durch ständige Übungen für den Notfall wirksam einsetzbar sind. Bei der Störfallvorsorge in bezug auf den Gewässerschutz haben die Internationalen Flußgebietskommissionen zum Schutz des Rheins und der Elbe (IKSR und IKSE) wichtige Arbeit geleistet. In den letzten zehn Jahren sind die Belastungen des Rheins infolge von industriellen Störfällen deutlich zurückgegangen. So sank der störfallbedingte Schadstoffeintrag in diesem Zeitraum um über 90 Prozent. Das hat zu einer deutlich verbesserten Gewässerqualität beigetragen.

Diese Erfahrungen gilt es auf Mittel- und Osteuropa zu übertragen. Insbesondere mit Polen und Tschechien hat das Bundesumweltministerium gemeinsam mit Fachleuten dieser Länder im Rahmen des Transform-Beratungsprogramms der Bundesregierung erfolgreiche Projekte zur Verbesserung der Anlagensicherheit durchgeführt, u.a. im Chemiewerk Police in Szczeczin (Stettin)/Po-len sowie im Unternehmen Spolchemie in Usti nad Labem (Aussig an der Elbe)/Tschechische Republik. Die Erfahrungen aus diesen Projekten sollen im Rahmen des Work-shops erörtert und an Fachleute in anderen Ländern weitergegeben werden.

07.05.1998 | Pressemitteilung 52/98 S | Nukleare Sicherheit
https://www.bmuv.de/PM857
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