Bundesumweltminister Jürgen Trittin will Verbot für giftiges Tributylzinn zügig auf den Weg bringen

14.03.2000
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 36/00
Thema: Chemikaliensicherheit
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Jürgen Trittin
Amtszeit: 27.10.1998 - 22.11.2005
14. Wahlperiode: 27.10.1998 - 22.10.2002
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hält an einem umfassenden Verwendungsverbot für die hochgiftige Chemikalie Tributylzinn (TBT) fest.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin hält an einem umfassenden Verwendungsverbot für die hochgiftige Chemikalie Tributylzinn (TBT) fest. Noch in diesem Frühjahr solle ein entsprechender Verordnungsentwurf zur Änderung von Chemikalienverbots- und Gefahrstoffverordnung auf den Weg gebracht werden, erklärte Trittin aus Anlass einer fachöffentlichen Anhörung von Bundesumweltministerium, Umweltbundesamt und Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, die heute in Berlin stattfindet. Damit entspricht das Bundesumweltministerium auch einem Beschluss des Deutschen Bundestages, der Beschränkungsmaßnahmen und Verbote vor allem von TBT als notwendig erachtet.

Anfang dieses Jahres hatte der Fund von Tributylzinn in Sportbekleidung für Aufsehen gesorgt. Zinnorganische Verbindungen finden sich aber auch in Desinfektionsmitteln, Pilzbekämpfungsmitteln für Leder, Holz und Papier sowie in Pflanzenschutzmitteln. In Kunststoffen werden sie als Stabilisatoren eingesetzt. TBT findet zu 80 Prozent als Antifoulingmittel bei Schiffsanstrichen Anwendung und soll den Bewuchs von Schiffen mit Algen und Muscheln verhindern. Untersuchungen belegen, dass bereits Konzentrationen von einem Milliardstel Gramm TBT pro Liter aufgrund hormonartiger Wirkungen zu Missbildungen bei Meeresschnecken führen ("Imposex"), so dass die Tiere in den belasteten Regionen aussterben. TBT reichert sich aber auch in der Nahrungskette durch belastete Fische und Muscheln an. Daher ist eine Gefährdung des Menschen nicht auszuschließen. An Zellkulturen konnte bereits nachgewiesen werden, dass TBT auch das Enzymsystem des Menschen schädigt.

TBT in Antifoulingmitteln ist in Deutschland bei Schiffen mit einer Länge von weniger als 25 Metern (d.h. vorwiegend Binnenschiffe) bereits verboten. Das von der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) angestrebte Verwendungsverbot von zinnorganischen Verbindungen in Schiffsanstrichen ab 2003 und das Totalverbot ab 2008 sollen allerdings durch eine Konvention umgesetzt werden, die die Staaten ratifizieren müssen, damit sie in Kraft treten kann. Daher ist nicht absehbar, ab wann ein solches völkerrechtlich bindendes Verbot bestehen wird. Die Bundesregierung setzt sich für ein weltweites Anwendungsverbot von TBT ein.

Experten von Umwelt- und Industrieverbänden sowie Wissenschaftler erörtern im Rahmen der heutigen Anhörung Einsatz und Alternativen von zinnorganischen Verbindungen, zu denen auch TBT gehört. Bereits am Montag wurden auf einem Symposium des Umweltbundesamtes Fragen der toxischen und ökotoxischen Wirkungen von zinnorganischen Verbindungen diskutiert. Die Expertengespräche dienen der Vorbereitung von Maßnahmen, um einen ausreichenden Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu gewährleisten und einen weiteren Eintrag dieser Chemikalien in die Umwelt zu verhindern. Denkbar sind aus Sicht des Bundesumweltministeriums u.a. Verwendungsverbote, freiwillige Minderungsmaßnahmen der Industrie bzw. Hoechstwerte für zinnorganische Verbindungen in Bedarfsgegenständen, Textilien und Lebensmitteln.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Die bislang existierenden und zum Teil bereits vorgeschlagenen Regelungen sind nicht umfassend und greifen nicht schnell genug, um Mensch und Umwelt effektiv vor den gefährlichen Wirkungen von zinnorganischen Verbindungen zu schützen. Wir stehen in der Pflicht, rasch zu handeln, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und Menschen Schaden nehmen. Daher erwarte ich von den Expertengesprächen ausgehend vom aktuellen Wissensstand konkrete Hinweise, wie wir gegebenenfalls ordnungsrechtlich bzw. auf der Basis freiwilliger Selbstverpflichtungen der Industrie bei der Reduzierung von zinnorganischen Verbindungen weiter vorankommen. Ich hoffe dabei auf die Unterstützung der Wirtschaft. Darüber hinaus werde ich dieses Thema auch im Rahmen der EU-Umweltministertreffen aufgreifen, um eine internationale Lösung dieses Problems herbeizuführen."

14.03.2000 | Pressemitteilung 36/00 | Chemikaliensicherheit
https://www.bmuv.de/PM772
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