Im Hinblick auf möglicherweise in diesem Herbst stattfindende Transporte von Atommüll ins Zwischenlager Ahaus hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin in einem Gespräch mit dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Norbert Spinrath, großes Verständnis für Besorgnisse und Befürchtungen von Polizeibeamten geäußert, die zur Begleitung solcher Transporte eingesetzt werden sollen. "Viele Beamte fragen sich mit Recht, ob sie bei solchen Einsätzen einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt sind. Nicht wenige befürchten, zwischen Castoren und Atomkraftgegnern zerrieben zu werden. Sie sehen sich, obwohl vielfach selber atomkritisch eingestellt, als Prügelknaben missbraucht, auf deren Rücken ein tiefgreifender gesellschaftlicher Konflikt um die künftige Energiepolitik ausgetragen wird. Dies darf in einer demokratischen Gesellschaft nicht sein. Auch deswegen gibt es zum schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie keine Alternative", sagte Trittin nach dem Treffen mit dem GdP-Bundesvorsitzenden.
Trittin rief Polizisten und Atomkraftgegner zu einem zivilen und gewaltfreien Umgang miteinander auf. Nur dies ermögliche den nötigen Respekt vor der Situation des jeweiligen Gegenübers. Der Bundesumweltminister kündigte an, sich um einen Dialog zwischen Polizei und Atomkraftgegnern zu bemühen. "Wir brauchen Spielregeln einer fairen Streitkultur. Dazu gehört, dass diejenigen, die sich auf verschiedenen Seiten der Barrikade empfinden, ihre wechselseitigen Erfahrungen und Wahrnehmungen in einer offenen Gesprächsatmosphäre diskutieren" , sagte Trittin.
Bei dem Meinungsaustausch zwischen dem Minister und dem GdP-Vorsitzenden Spinrath standen Fragen des Strahlenschutzes und der Sicherheit bei Atommüll-Transporten im Vordergrund. Der Bundesumweltminister versicherte, Atomtransporte könnten nur stattfinden, wenn gewährleistet sei, dass keine Gefährdung der begleitenden Polizeikräfte sowie der Bevölkerung auftreten.
Deshalb habe das Bundesamt für Strahlenschutz die Transportgenehmigung an die Erfüllung strenger Sicherheitsanforderungen geknüpft. Der Bundesumweltminister verwies dabei auf umfangreiche Nachweispflichten der Betreiber und darauf, dass es bei Erfüllung dieser Nachweispflichten keinen Ermessensspielraum für die Genehmigungsbehörde gebe. Trittin bot der Gewerkschaft der Polizei an, vor einem Transport ein Fachgespräch über Fragen des Strahlenschutzes zu führen. Daran sollten Polizeibeamtinnen und -beamte, Mitarbeiter des Bundesumweltministeriums, des Bundesamtes für Strahlenschutz sowie Gutachter des Öko-Institutes und der Gesellschaft für Reaktorsicherheit teilnehmen.
Trittin und Spinrath waren sich einig, dass die Zahl der Atommüll-Transporte so weit wie möglich reduziert werden sollte. Trittin: "Atomtransporte werden in der Gesellschaft nur dann akzeptiert, wenn es eine klare Perspektive für den Atomausstieg gibt. Diesen Ausstieg wollen wir möglichst im Konsens mit den Betreibern erreichen. Atomtransporte müssen auf das zur Abwicklung notwendige Maß beschränkt werden." Die zügige Einrichtung standortnaher Zwischenlager, die inzwischen fast alle Atomkraftwerksbetreiber beantragt haben, trage dazu bei, die Zahl der Atomtransporte zu reduzieren, so Trittin. Er betonte jedoch, dass die Bundesrepublik verpflichtet sei, den im Ausland lagernden Atommüll zurück zu nehmen. Diese Transporte seien unvermeidlich.