Heute beginnt in Bonn eine gemeinsam vom Bundesumweltministerium und den kommunalen Spitzenverbänden durchgeführte Konferenz "Nachhaltige Entwicklung in Kommunen - Lokale Agenda 21". Anliegen der zweitägigen Konferenz ist die Diskussion möglicher Wege und Ziele für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland. Anhand von praktischen Beispielen und Handlungsansätzen aus Kommunen geht es darum, bereits gesammelte Erfahrungen auszutauschen und in thematischen Workshops zu erörtern. Desweiteren sollen prioritäre Handlungsfelder herausgearbeitet werden, damit die einzelnen gesellschaftlichen Akteure auf lokaler Ebene wissen, was sie tun können, um auf dem Weg einer nachhaltigen Entwicklung weiter voranzukommen. Nach Schätzungen des internationalen Rates für kommunale Umweltinitiativen (ICLEI) sind im Frühjahr 1998 in Deutschland in 400 bis 500 Kommunen Aktivitäten zur Erarbeitung von Lokalen Agenden im Gange.
Zur Eröffnung des Kongresses erklärt Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Unsere Städte und Gemeinden sind außerordentlich wichtige Akteure im Umweltschutz, denn vor Ort befindet sich die Schnittstelle zwischen Staat, Bürger und Unternehmen. Vor Ort muß auch die Infrastruktur bereitgestellt werden, die für die Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung erforderlich ist. Abfallwirtschaft, Gewässerschutz, verkehrspolitische Konzepte, Städteplanung, Flächenrecycling und kommunaler Klimaschutz zählen zu den umweltpolitischen Herausforderungen für die kommunale Ebene. Nicht von ungefähr weist die in Rio de Janeiro verabschiedete AGENDA 21 den Städten und Gemeinden rund um den Globus eine tragende Rolle bei der Verwirklichung des Leitbilds "sustainable development" zu. Das in Rio 1992 verabschiedete Aktionsprogramm fordert die Staaten auf, gerade auf lokaler Ebene diesen Leitgedanken zu verankern. Hieran hat die Bundesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden und zahlreichen Städten und Gemeinden in den letzten Jahren intensiv gearbeitet. Das Ergebnis kann sich - wie der Kongreß "Nachhaltige Entwicklung in den Kommunen, Lokale Agenda 21" zeigt - sehen lassen. Aus vereinzelten Initiativen vor Ort hat sich mittlerweile eine kräftige Bewegung entwickelt."
In Deutschland ist Umweltschutz bereits seit Jahrzehnten ein wichtiges Element kommunaler Politik und Planung. Fortschrittliche Verfahren und Methoden der Abfall- und Wasserwirtschaft werden zuerst von Städten und Landkreisen erprobt. Bei der Verkehrsberuhigung und der Förderung des Fahrradverkehrs spielen die Gemeinden eine führende Rolle. Diese und viele andere Maßnahmen sind Bausteine für ein übergreifendes Nachhaltigkeitskonzept. Die deutschen Kommunen haben damit hervorragende Grundlagen auf dem Weg zu einer lokalen Agenda geschaffen. Auch die partizipatorischen Elemente in der kommunalen Selbstverwaltung sind in Deutschland besonders stark entwickelt. Die Entscheidungsprozesse auf kommunaler Ebene werden somit bereits heute schon vielfach den Zielsetzungen der Agenda 21 gerecht.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Städte, Kreise und Gemeinden sind für die Bundesregierung unverzichtbare Partner bei der Umsetzung der internationalen und nationalen Aktivitäten zum Schutz des globalen Klimas. Vor Ort, in den Haushalten, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen wird täglich Energie verbraucht, werden Transporte durchgeführt und werden energieintensive Güter und Dienstleistungen konsumiert. Schon deshalb müssen die Kommunen, aber auch alle anderen Handelnden auf der örtlichen Ebene durch nachhaltig wirksame Maßnahmen für den kommunalen Klimaschutz ihrer umweltpolitischen Herausforderung gerecht werden."
Lokale Klimaschutzmaßnahmen erbringen nicht allein einen Beitrag zum Abbau der globalen Klimagefährdung, sondern erschließen damit oft auch deutliche wirtschaftliche Vorteile für die Kommune selbst: Intelligent betriebener globaler Klimaschutz muß nicht teuer sein!
So bringen systematische Investitionen zur Energieeinsparung im kommunalen Gebäudebestand neben der Umweltentlastung auch erhebliche Senkungen der Energiekosten mit sich. Im Stromsektor, der mit beträchtlich zunehmendem Verbrauch und steigenden Kosten die öffentlichen Kassen belastet, sind Verbrauchsrückgänge von bis zu 50 Prozent keine Seltenheit. Zum Beispiel spart in Stuttgart jede Mark, die der Kämmerer in den letzten zwei Dekaden verbrauchsmindernd investiert hat, mehr als 5,-- DM (Energiekosten) pro Jahr ein.
Die Bundesregierung unterstützt die Lokale Agenda-Prozesse durch zahlreiche Aktivitäten. Dabei will sie nicht etwa die Kommunen gängeln oder Einheitsrezepte vorgeben. Jede Kommune entscheidet selbstverständlich im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung, ob und wie sie eine Lokale Agenda erstellt und wie sie den Umsetzungsprozeß gestaltet. Die Aktivitäten des Bundesumweltministeriums zur Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Erstellung der Lokalen Agenda richten sich daher hauptsächlich auf die Förderung von Modellprojekten mit bundesweiter Bedeutung, auf ergänzende Forschungs- und Entwicklungsvorhaben oder die Bereitstellung von Arbeitshilfen.
Hierzu einige Beispiele:
- Mit dem im Mai 1997 vorgestellten Leitfaden "Klimaschutz in Kommunen", der im Auftrag des BMU und UBA durch das Deutsche Institut für Urbanistik, Berlin erstellt wurde, konnte den Städten und Gemeinden eine wertvolle Hilfe für die praktische Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz vor Ort bereitgestellt werden. In dem umfangreichen Handbuch wurden die Erfahrungen einer großen Zahl von Kommunen zusammengetragen und ausgewertet. Es enthält Maßnahmenempfehlungen und eine Vielzahl von Projektbeispielen aus der kommunalen Praxis. Für des Projekt wurden 420.000 DM Forschungsmittel bereitgestellt.
- In einem weiteren, vom Bundesumweltministerium mit 438.000 DM geförderten Forschungsvorhaben wurde die Erarbeitung der Lokalen Agenda in Berlin - Köpenick wissenschaftlich begleitet. Der im April 1998 vorgelegte Abschlußbericht informiert in einem ersten Teil über den Ablauf und die bisherigen Ergebnisse des Lokale Agenda - Prozesses in Köpenick. In einem zweiten Teil des Berichtes werden Empfehlungen systematisch und ausführlich aufbereitet und in Form von Arbeitsblättern mit Verweisen auf Ansprechpartner und Fachliteratur vorgelegt.
- Als eine weitere Handreichung hat das Bundesumweltministerium zusammen mit dem Umweltbundesamt einen Wegweiser "Lokale Agenda 21" - Literatur und Ansprechpartner - erarbeitet. Dieser gibt den Akteuren "vor Ort" Hinweise auf Handbücher, Leitfäden, Arbeitshilfen und Ansprechpartner, die in Rahmen des Lokale Agenda 21 - Prozesses bei der Umsetzung fachlicher Maßnahmen und Projekte Hilfestellung leisten.
- Angesichts der vielfältigen Lokale Agenda 21-Aktivitäten in deutschen Städten und Gemeinden besteht besonderer Bedarf an bundesweiten, umfassenden Konzepten zur Bündelung und Effektivierung. Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt haben deshalb das Forschungsvorhaben "Umweltwirksamkeit Kommunaler Agenda 21-Pläne zur nachhaltigen Entwicklung" vergeben. Im Ergebnis dieses mit 293.000 DM geförderten Forschungsvorhabens, wurde das Handbuch "Lokale Agenda 21 - Wege zur nachhaltigen Entwicklung in den Kommunen" fertiggestellt. Projektbegleitend konstituierte sich ein Projektbeirat, in dem die Bundesregierung, kommunale Verbände und Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und "Vorreiter-Städte" mitwirkten. Das Handbuch beinhaltet ganz im Sinne des Wortes "Agenda" - was zu tun ist - einen Fundus an Tips, Empfehlungen und Anregungen für die Erarbeitung einer Lokalen Agena von Praktikern für Praktiker.
Bundesumweltministerin Dr. Merkel: "Das Leitbild der Nachhaltigkeit läßt sich nicht von staatlicher Seite verordnen. Es setzt vielmehr ein aktives und eigenverantwortliches Handeln aller Bürger und aller gesellschaftlichen Gruppen voraus. Der Ausgangspunkt hierfür sind die Kommunen als unmittelbarer Lebensraum aller Beteiligten. In allen Erdteilen haben die Kommunen den Appell von Rio aufgegriffen und begonnen, Lokale Agenden zu stellen. Nie zuvor in der Geschichte hat eine Idee dazu geführt, daß an so vielen Orten der Welt gleichzeitig Menschen an einem Ziel arbeiten.
Ich möchte alle Kommunen in Deutschland ermuntern, sich weiter für die Umsetzung des Leitbildes einer nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung zu engagieren. Die Erstellung einer Lokalen Agenda kann in besonderer Weise Impulse und Eigeninitiative mobilisieren. Nur wenn auf der kommunalen Ebene die Grundlagen geschaffen werden, wird es uns gelingen, dem Prinzip der Nachhaltigkeit national und global zum Durchbruch zu verhelfen."