"Das Bundesumweltministerium setzt den von mir am 25.05.1998 vorgelegten 10-Punkte-Plan zügig um. Meiner Aufforderung an die Länder, alle in den Kernkraftwerken vorhandenen Meßdaten auszuwerten und uns zu übermitteln, sind einige Länder bereits nachgekommen. Die übrigen werden dies innerhalb der nächsten 14 Tage tun. Desweiteren sollen die Länder mitteilen, ob sie vor dem 24. April 1998 Kenntnisse über Grenzwertüberschreitungen hatten. Die EVU haben mir schriftlich Vorschläge zu meinen Forderungen gemacht. Diese gehen mir noch nicht weit genug. Ich habe die Länder hierzu ebenfalls um Stellungnahme gebeten. Die von uns beauftragte Gesellschaft für Reaktorsicherheit hat bereits am 26.05.1998 einen ersten Zwischenbericht anläßlich der Sitzung des Umweltausschusses im Deutschen Bundestag vorgelegt. Anläßlich der gestrigen ersten trilateralen Arbeitsgruppe der Aufsichtsbehörden aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz hat Frankreich die Übermittlung der Meßdaten der letzten zehn Jahre grundsätzlich so bald wie möglich zugesagt. Heute nachmittag tagt auf unsere Veranlassung die Strahlenschutzkommission, um sich erneut mit der radiologischen Bewertung der Transporte von abgebrannten Brennelementen zu befassen. Ich möchte kurzfristig auch noch einmal ein Gespräch mit den Polizeigewerkschaften über die Sorgen von Polizisten und ihren Angehörigen führen," erklärt Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute zum Stand der Abarbeitung des 10-Punkte-Plans.
Das gestrige Bund-Länder-Gespräch hat ergeben, daß die Länder dem Bund binnen 14 Tagen, soweit noch nicht geschehen, die Auswertung der Meßprotokolle aus den Kernkraftwerken zugänglich machen werden. Der Bund hat auch Bericht darüber erbeten, welche Kenntnisse über Vorkommnisse in der Vergangenheit in den Ländern vorhanden sind. Mit den betroffenen Ländern werden bundesaufsichtliche Gespräche hierüber geführt werden. Darüber hinaus hat die Anforderung der den Ländern vorliegenden Meßprotokolle dazu geführt, daß jetzt auch Grenzwertüberschreitungen bei der Eingangskontrolle leerer Behälter und Waggons bekannt wurden.
Die Länder haben zugesagt, dem Bund innerhalb von 14 Tagen eine erste Bewertung der kraftwerksinternen Organisationsstrukturen vorzulegen. Die Länder behalten sich weitere Schritte vor. Hessen hat mitgeteilt, daß es eine Zuverlässigkeitsüberprüfung des Betreibers RWE einleitet. Hierfür werden von Hessen nach seinen Erfahrungen mit Störfällen in der chemischen Industrie sechs bis acht Monate veranschlagt. Kein Bundesland hat sofortige Schritte gegen die Inhaber der Betriebsgenehmigung für Kernkraftwerke verlangt.
Die Betreiber haben Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel ihrerseits schriftlich Vorschläge zur Umsetzung des 10-Punkte-Plans unterbreitet. Diese Vorschläge erstrecken sich u.a. auf die innere Organisation der Kernkraftwerke, technische Maßnahmen sowie das Transportsystem und die Meldewege. Das Bundesumweltministerium wird diese Vorschläge bewerten, jedenfalls hinsichtlich des Transportsystems erwartet das Bundesumweltministerium ein weitergehendes Konzept. Die Transportfirmen sollen nicht mehr dem unmittelbaren Einfluß der EVU unterliegen.
Die zwischen der französischen Umweltministerin Dominique Voynet und Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel vereinbarte Arbeitsgruppe hat unter Einbeziehung der Schweiz gestern erstmals getagt. Wesentliches Ergebnis war die Vereinbarung eines betreiberunabhängigen zwischenstaatlichen Informationssystems. Einigkeit bestand darüber, daß die festgestellten Grenzwertüberschreitungen von Kontaminationen an Brennelementetransportbehältern und Waggons keine gesundheitlichen Auswirkungen auf Begleitpersonal und Bevölkerung hatten. Dies hat auch der französische Premierminister Lionel Jospin in einer Presseerklärung am 28. Mai 1998 erneut betont. Die nächste Sitzung der trilateralen Arbeitsgruppe ist für den 23. Juni 1998 verabredet.
Merkel: "Es bleibt bei dem von mir verhängten Transportstopp bis die Ursache der erhöhten Kontaminationen geklärt ist, Maßnahmen zu ihrer Vermeidung ergriffen sind und nach Auffassung der französischen Behörden die Situation bei Cogema geklärt ist."