EU-Umwelt-Ministerrat - Umweltrat einigt sich auf Lastenteilung für die CO2-Reduzierung

17.06.1998
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 84/98 S
Thema: Klimaschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Umweltrat beschließt Standpunkte zur Verbesserung der Luftqualität in Europa

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:

Der zweite Umweltministerrat unter britischer Präsidentschaft in Luxemburg beschäftigte sich u.a. mit den Themen: EU-Klimastrategie, Selbstverpflichtungserklärung zur CO2-Minderung der europäischen Automobilindustrie, der Verbesserung der Luftqualität und der geplanten Wasserrahmen-Richtlinie. Dem Treffen der Umweltminister schloß sich unmittelbar ein gemeinsames Ratstreffen Umwelt und Verkehr an.

1. Gemeinschaftsstrategie zum Klimaschutz

Der Umweltrat hat sich mit Schlußfolgerungen zum Klimaschutz befaßt. Im Vordergrund stand dabei die weitere EU-Klimastrategie. Der Umweltrat hat die EU-interne Lastenverteilung der von der EU in Kioto eingegangenen Verpflichtung zur Reduktion der Treibhausgasemissionen um acht Prozent bis zum Zeitraum 2008 bis 2012 abschließend festgelegt. Die vom Umweltministerrat im vergangenen März vereinbarte vorläufige und indikative Lastenteilung wurde im Lichte des Ergebnisses von Kioto angepaßt - nicht nur wegen des dort vereinbarten Reduktionszieles von minus acht Prozent, sondern auch aufgrund der veränderten Basis des Ziels mit sechs Treibhausgasen und einer begrenzten Einbeziehung von Senken. Deutschland übernimmt in dieser Lastenteilung einen Beitrag von minus 21 Prozent und trägt damit weiterhin einen beträchtlichen Teil der Gesamtreduktionslast in der EU.

Darüber hinaus hat der Umweltrat beschlossen, zur Umsetzung des EU-Gesamtreduktionsziels weitere EU-weite gemeinsame und koordinierte Politiken und Maßnahmen vor allem in den folgenden Bereichen in die Wege zu leiten: Verringerung von Emissionen im Transportsektor, Verschärfung der Energiestandards in Gebäuden, stärkere Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung, Überprüfung von Subventionen und anderer Maßnahmen, die einer CO2-Minderung und einer Steigerung der Energieeffizienz entgegenstehen, Verbesserung der Energieeffizienz von elektrischen Geräten, stärkere Nutzung erneuerbarer Energien, stärkere Forschung und Entwicklung neuerer Technologien, Nutzung von Umweltvereinbarungen/Selbstverpflichtungen, Methan-Minde-rung bei fossilen Energien und im Abfallbereich, Minderung von N2O-Emissionen, insbesondere aus Abgas-Katalysatoren sowie Minderung/Begrenzung von HFC-, PFC- und SF6 -Emissionen.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Mit der Festlegung der internen Lastenteilung im Hinblick auf die gemeinsame Umsetzung der von der EU in Kioto übernommenen Reduktionsverpflichtung hat die Gemeinschaft die Glaubwürdigkeit ihrer aktiven Vorreiterrolle in den internationalen Verhandlungen unter Beweis gestellt. Deutschlands Anteil von 21 Prozent ist ein angemessener Beitrag zu dieser Lastenteilung. Er orientiert sich an den Beiträgen der übrigen Mitgliedsstaaten. Unabhängig von diesem Beschluß wird Deutschland weiter am nationalen CO2-Minderungsziel von 25 Prozent bis 2005 festhalten."

2. Verbesserung der Luftqualität

Der Umweltrat hat gemeinsame Standpunkte zu zwei Richtlinienvorschlägen verabschiedet, die wichtige Elemente in der Gesamtstrategie der Gemeinschaft zur Verbesserung der Luftqualität darstellen.

Die Richtlinie des Rates "zur Verringerung des Schwefelgehaltes in bestimmten flüssigen Kraft- und Brennstoff" ist wichtiger Bestandteil des Maßnahmenpakets gegen die Emissionen säurebildender Schadstoffe. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Schwefeldioxidemissionen, die sich aus der Verbrennung bestimmter flüssiger Kraft- und Brennstoffe ergeben, nachhaltig zu reduzieren. Hierzu werden Grenzwerte für Schwefelgehalte in Kraft- und Brennstoffen wie schweres Heizöl, Gasöl und Schiffsöl festgelegt bzw. verschärft. Die Verhandlungen zu dem Richtlinienvorschlag waren schwierig, da eine Reihe von Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund des vergleichsweise geringen Beitrags der von ihrem Territorium ausgehenden Emissionen zur Versauerungsproblematik wenig Bereitschaft zeigten, die mit der Einhaltung der vorgeschlagenen Grenzwerte verbundenen Kosten zu akzeptieren. Der gefundene Gesamtkompromiß im Rat beinhaltet auch einen einheitlichen Grenzwert von 0,1 Gew % für Gasöl ab dem Jahr 2008. Trotz einer weiteren Übergangsfrist von fünf Jahren für Mitgliedsstaaten, in denen die europäischen Luftqualitätsziele für SO2 eingehalten werden und von deren Territorium keine Emissionen ausgehen, die zur Überschreitung kritischer Belastungen in anderen Mitgliedstaaten beitragen, ist dies ein sowohl aus umweltpolitischer als auch aus binnenmarktpolitischer Sicht wichtiger Harmonisierungsschritt.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Diese Richtlinie ist aus deutscher Sicht in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung. Zum einen trägt die Verschärfung der Grenzwerte für die Schwefelgehalte verschiedener Brennstoffe erheblich zur Reduzierung der säurebildenden Schwefeldioxidemissionen bei. Allein die insbesondere auf deutsches Betreiben vorgesehene Halbierung des Schwefelgehaltes von leichtem Heizöl führt zu einer Emissionsreduzierung, die dem Ausstoß aus rund fünf Millionen mit Öl beheizten Einfamilienhäuser entspricht. Zum anderen realisiert die Richtlinie, wenn auch mit Übergangsfristen, erstmalig eine volle Harmonisierung der Grenzwerte für die betroffenen Brennstoffe in der EU und damit ein Stück mehr einheitlichen Binnenmarkt."

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates "zur Festlegung von Grenzwerten für Schwefeldioxid, Stickstoffoxid, Partikel und Blei in der Luft" dient der Erhaltung bzw. Verbesserung der Luftqualität in der Gemeinschaft durch die Festlegung von Immissionsgrenzwerten und einheitlichen Beurteilungsmaßstäben. Die Richtlinie ist eine "Tochterrichtlinie" zur Richtlinie des Rates über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität vom 27. September 1996, durch die einheitliche Vorgaben für die Festlegung und Überwachung gemeinschaftsweiter Luftqualitätsziele eingeführt worden sind. Flankierend sieht der Richtlinienvorschlag Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte und eine umfassende Information der Öffentlichkeit vor. Mit diesem Richtlinienvorschlag werden zugleich Eckwerte für die Planung der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die künftige Immissionssituation gesetzt.

Wegen der Prognoseuntersicherheiten, ob die vorgeschlagenen Grenzwerte in der jeweils vorgesehenen Frist durch vertretbare Maßnahmen eingehalten werden können, sieht der im Rat verabredete Kompromißvorschlag eine Revisionsklausel vor, nach der im Jahre 2003 für jeden Schadstoff über die Höhe und die Dauer der von der Richtlinie zugelassenen Abweichungen von den festgelegten Grenzwerten (Toleranzmargen) neu entschieden werden muß. Die Europäische Kommission hat in diesem Zusammenhang angekündigt, daß sie die Überprüfung der Grenzwerte unter Berücksichtigung der WHO-Grenzwerte vornehmen werde.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die mit dieser Richtlinie vorgegebenen Grenzwerte für die Konzentration bestimmter Schadstoffe in der Luft sind für den Schutz der menschlichen Gesundheit von großer Bedeutung. Die Werte sind vor allem nach Gesundheitskriterien festgelegt worden. Ihre Umsetzung in allen Mitgliedstaaten wird allerdings einige Zeit beanspruchen. In Deutschland werden die Werte zwar schon heute weitgehend eingehalten, es gibt aber auch bei uns noch Überschreitungen, etwa bei den Partikelwerten. Im Hinblick auf die für 2003 vorgesehene Überprüfung müssen wir die wissenschaftlichen Grundlagen zur weiteren Reduzierung der Partikelbelastung verbessern."

3. Wasserrahmen-Richtlinie

Mit der Wasserrahmen-Richtlinie werden die Voraussetzungen für eine einheitliche Gewässerschutzpolitik in der Gemeinschaft geschaffen. Damit wird eine von Deutschland seit langem erhobene Forderung eingelöst. Die Richtlinie gibt einen entscheidenden Impuls für die Verbesserung des Gewässerschutzes und ein einheitliches gemeinschaftliches Umweltrecht. Mit der politischen Einigung über die Eckpunkte der Richtlinie wird ein Meilenstein für die europäische Gewässerschutzpolitik gesetzt. Jetzt kommt es darauf an gemeinsam mit dem europäischen Parlament die Richtlinie baldmöglichst zu verabschieden.

4. Selbstverpflichtung des Europäischen Automobilindustrieverbandes zu CO2-Emissionen bei PKW

In seiner Tagung am 23. März 1998 hatte der Rat die Kommission beauftragt, die Verhandlungen mit dem europäischen Automobilverband ACEA auf der Grundlage eines ersten Angebotes des Verbandes mit dem Ziel fortzusetzen, eine Reihe von offenen Fragen hinsichtlich der Bedingungen des Selbstverpflichtungsangebots von ACEA zu klären. Auf der Grundlage weiterer Gespräche hat ACEA Ende Mai einen überarbeiteten Entwurf einer Selbstverpflichtung (Reduzierung der CO2-Emission im Durchschnitt der Neuwagenflotte auf 140 g/km im Jahr 2008 gegenüber derzeit ca. 185 g/km mit Zwischenschritten) an die Kommission übermittelt. Die Selbstverpflichtung läuft darauf hinaus, daß der Verbrauch im Durchschnitt aller im Jahre 2008 verkauften Neuwagen auf unter 5,8 Liter pro 100 km sinkt. Der Rat erörterte das Angebot auf der Grundlage eines Berichtes der Kommission. Einheitlich begrüßten die Minister die Verbesserungen in dem Angebot gegenüber dem ersten ACEA-Vorschlag. Der Rat beauftragte die Kommission, die Verhandlungen mit ACEA zügig abzuschließen. Es ist beabsichtigt, im Oktoberrat zu einer abschließenden Entscheidung zu kommen.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Ich bewerte das Angebot der ACEA insgesamt positiv. Die angebotene Reduzierung von heute etwa 185 g/km im Durchschnitt der europäischen Neuwagenflotte auf 140 g/km bis zum Jahre 2008 ist eine anspruchsvolle Zielsetzung. Ich begrüße sehr, daß die Automobilindustrie zudem angekündigt hat, im Rahmen einer Überprüfung ihres Angebotes im Jahre 2003 die Möglichkeiten zu prüfen, das vom Umweltrat gewünschte Ziel von 120 g/km bis 2012 zu erreichen. Angesichts der Zeit, die bis zu einem Inkrafttreten EU-weiter rechtlicher Regelungen, über deren Anforderungsniveau heute nur spekuliert werden kann, vergehen würde, ist die angebotene Selbstverpflichtung der Automobilindustrie ein geeigneter Weg zu konkreten Fortschritten. Natürlich brauchen wir hinsichtlich der Umsetzung der Selbstverpflichtung Transparenz. Deshalb begrüße ich die Ankündigung meines österreichischen Kollegen, während der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr zu Entscheidungen über ein Monitoring kommen zu wollen."

17.06.1998 | Pressemitteilung 84/98 S | Klimaschutz
https://www.bmuv.de/PM631
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