Gemeinsam mit der Chemischen Industrie lässt das Bundesumweltministerium neue Methoden zur Messung von Chemikalien im menschlichen Körper entwickeln. Im Fokus dieses Human-Biomonitorings stehen Substanzen, die von der Bevölkerung möglicherweise vermehrt aufgenommen werden oder die eine besondere Gesundheitsrelevanz haben könnten. Für bis zu fünfzig dieser ausgewählten Stoffe soll es bis 2020 Analysemethoden geben. Kooperationspartner des Bundesumweltministeriums ist der Verband der Chemischen Industrie (VCI).
Erst wenn für möglichst viele chemische Stoffe Analysemethoden vorhanden sind, lässt sich die Belastung der Bevölkerung mit wichtigen Industriechemikalien genau einschätzen. Bisher muss hier allzu oft auf modellhafte Annahmen zurückgegriffen werden, mit denen gesundheitliche Risiken leicht über- oder unterschätzt werden. Die toxikologisch-gesundheitliche Bewertung der gefundenen Konzentrationen übernimmt die Human-Biomonitoring-Kommission, ein unabhängiges Expertengremium beim Umweltbundesamt. Allein das Vorkommen eines Stoffes im Organismus bedeutet noch nicht, dass dieser als gesundheitlich relevant angesehen werden kann.
Jedes Jahr werden im Rahmen der Kooperation mit dem VCI neue Stoffe ausgewählt, für die erstmals Nachweismethoden für das Human-Biomonitoring entwickelt werden sollen. Bei den nun für 2015 ausgewählten Stoffen handelt es sich um Climbazol, Octisalate, 7-Hydroxycitronellal und Tinuvin 328. Diese werden als Anti-Schuppenmittel, Sonnenschutzmittel, Riechstoff und als UV-Absorber in Kunststoffen eingesetzt. Die Auswahl der Stoffe basiert auf den Empfehlungen eines hochrangig besetzten Expertenkreises aus Wissenschaft und Forschung, der Industrie und einschlägigen Fachbehörden.
Insgesamt konnten seit 2010 neue Methoden für die zehn folgenden Stoffe DINCH, DPHP, MDI, HBCD, 4-Nonylphenol, 4-tert-Octylphenol, NMP, NEP, 2-MBT und 4-MBC erarbeitet werden. Weitere Methoden sind in Arbeit. Die neuen Analysemethoden werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als unabhängigem Expertengremium validiert. Bei allen im Projekt ausgewählten Stoffen handelt es sich um Substanzen, die in Verbraucherprodukten eingesetzt werden, z. B. als Weichmacher für Kunststoffe, als UV-Filter in Kosmetika, als Lösemittel oder Flammschutzmittel.
Die neuen Messmethoden werden nun im Rahmen von zwei Reihenuntersuchungen angewendet: im neuen Umwelt-Survey des Umweltbundesamtes, der 5. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit, und an Proben der Umweltprobenbank. Erste Ergebnisse liegen dazu voraussichtlich 2018 nach Abschluss der Studie vor. Für die Entwicklung der Nachweisverfahren hat der VCI die Verantwortung übernommen und wird dabei von o. g. hochrangig besetzten Expertenkreis unterstützt und beraten. Für die Anwendung der Methoden liegt die Verantwortung beim BMUB, das hier eng mit dem Umweltbundesamt zusammenarbeitet. Zu einzelnen Methoden gibt es bereits wissenschaftliche Veröffentlichungen.
Hintergrund:
Human-Biomonitoring (HBM) liefert wissenschaftlich fundierte Daten zur Belastung der Bevölkerung mit Chemikalien aus Verbraucherprodukten. Durch die Messungen lässt sich feststellen, ob und in welchem Ausmaß Stoffe vom menschlichen Körper aufgenommen werden, ob es in der Bevölkerung Gruppen mit besonders hohen Belastungen gibt und ob chemikalienrechtliche Regelungen zum gewünschten Rückgang von Belastungen geführt haben.