Merkel: Neue Etappe der deutsch-polnischen Zusammenarbeit im Umweltschutz eingeleitet - Aktive Unterstützung Deutschlands für Vorbereitung Polens auf
Unter Vorsitz von Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel und ihrem polnischen Amtskollegen Dr. Jan Szyszko fand am 29. und 30. Juni 1998 in Misdroy (Miedzyzdroje/Republik Polen) die 7. Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrats statt. Daran nahmen auch der brandenburgische Umweltminister Matthias Platzeck sowie die Umweltstaatssekretäre Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Ulrich Mann, und des Freistaates Sachsen, Dr. Dieter Reinfried, teil.
Der Europäische Rat hatte beschlossen, Verhandlungen über den Beitritt zur Europäischen Union mit mittel- und osteuropäischen Staaten, darunter mit Polen, aufzunehmen. Deshalb war die deutsche Unterstützung bei der Vorbereitung Polens auf den Beitritt zur Europäischen Union zentrales Thema der Sitzung des Deutsch-Polnischen Umweltrats. Ziel der Zusammenarbeit beider Staaten ist es, im Umweltbereich möglichst rasch die Voraussetzungen für einen Beitritt Polens zur EU zu schaffen. Dabei geht es vorrangig um die Rechtsangleichung sowie die Schaffung entsprechender Verwaltungsstrukturen für einen wirksamen Vollzug des Umweltrechts in Polen. Dazu erklärten sich Bund und Länder u.a. bereit, deutsche Fachleute als Berater in polnische Einrichtungen zu entsenden, um ihre Erfahrungen für die polnische Seite nutzbar zu machen. Finanziert werden die Experteneinsätze von der Europäischen Union, die im Rahmen von Beitrittspartnerschaften zwischen Einrichtungen in Mitglieds- und Beitrittsstaaten eine umfassende Übernahme des Gemeinschaftsrechts und die Schaffung der Strukturen zu seiner Umsetzung praxisnah erreichen möchte. Der Umweltschutz gehört zu den wichtigsten Bereichen bei der Heranführung der mittel- und osteuropäischen Beitrittsstaaten an die EU.
Die Vorsitzenden unterzeichneten heute einen Beschluß zur Einrichtung eines gemeinsamen Ausschusses, der die deutsch-polnische Zusammenarbeit im Rahmen des Heranführungsprozesses an die Europäische Union leiten und koordinieren wird. Im Mittelpunkt der Arbeit werden Fragen der Luftreinhaltung, des Gewässerschutzes und der Abfallwirtschaft sowie des Naturschutzes und der Finanzierung von Umweltschutzmaßnahmen stehen. Aufgabe des Ausschusses wird es sein, neben der Ausarbeitung eines langfristigen Rahmenprogramms auch konkrete Projekte vor Ort zu entwickeln und Kontakte auf zentraler, regionaler und lokaler Ebene zu vermitteln.
Darüber hinaus bot Bundesumweltministerin Merkel an, weiterhin Fördermittel für Investitionsvorhaben, die zu einer Umweltentlastung auch in Deutschland führen und die Modellcharakter haben, zur Verfügung zu stellen. Diese Fördermittel sollen als Zinszuschüsse unter Einbindung der Deutschen Ausgleichsbank vergeben werden. Nunmehr komme es darauf an, so die Ministerin, daß das polnische Umweltministerium möglichst rasch geeignete Projekte vorschlägt.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich entwickelt, nicht zuletzt deutlich sichtbar auch an solchen Projekten wie den Kläranlagen Swinemünde und Gubin/Guben, die schon jetzt die Umweltstandards der EU erfüllen. Mit der langjährigen Kooperation in vielen Bereichen des Umweltschutzes haben wir bereits gute Voraussetzungen für das Gelingen des Prozesses der Heranführung Polens an die Europäische Union geschaffen. Deutschland hat ein großes Interesse an einem möglichst raschen Beitritt seines Nachbarlandes zur EU und möchte deshalb für Polen ein wichtiger Partner in diesem Prozeß sein und ihn aktiv unterstützen."
Ein weiteres Thema der Sitzung war die Reinhaltung von Oder und Ostsee. Dabei konnte der Umweltrat mit Befriedigung feststellen, daß beide Seiten den Bau von Abwasserbehandlungsanlagen weiter vorantreiben. Die gemeinsamen Kläranlagen in Swinemünde (Swinoujscie) und Gubin/Guben wurden fertiggestellt und haben im September 1997 bzw. Anfang Mai dieses Jahres ihren Betrieb aufgenommen. Deutschland hat für beide Vorhaben insgesamt rund 27 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Die Anlagen entsorgen die Abwässer deutscher und polnischer Kommunen und tragen erheblich zur Verbesserung der Gewässerqualität der Oder und der Ostsee bei. So entlastet allein die Kläranlage Swinemünde die Ostsee um jährlich ca. 5 400 Tonnen organische Kohlenstoffverbindungen, 400 Tonnen Stickstoff und 120 Tonnen Phosphor.
Die Internationale Kommission zum Schutz der Oder (IKSO), die im April 1996 gegründet wurde, hat inzwischen einen Entwurf für ein 1. Aktionsprogramm zur Reduzierung der Schad- und Nährstoffbelastung der Oder erarbeitet. Die auf Initiative von Bundesumweltministerin Merkel nach dem Hochwasser im Sommer vergangenen Jahres unter dem Dach der Oderschutzkommission eingerichtete spezielle Arbeitsgruppe Hochwasser hat das Oderflutereignis inzwischen analysiert und ausgewertet. Gegenwärtig erarbeitet sie Vorschläge für einen gemeinsamen vorbeugenden Hochwasserschutz.
Erörtert wurden auch Pläne Polens, die Oder zu einer internationalen Wasserstraße auszubauen. Dabei waren sich die deutsche und die polnische Seite einig, daß ein eventueller Ausbau nicht zu ökologischen Schäden und negativen Auswirkungen für den Hochwasserschutz führen darf. Der Umweltrat hat beschlossen, noch in diesem Jahr einen deutsch-polnischen Workshop zum Oderausbau durchzuführen, der sich mit den Details des Planes "Oder 2006" und ihren Umweltauswirkungen beschäftigen wird.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Ich halte es im Sinne einer vertrauensvollen deutsch-polnischen Umweltzusammenarbeit für wichtig, daß von Anfang an Planung und Umsetzung des Vorhabens zum Oderausbau transparent gestaltet werden, da es sich um einen für beide Seiten bedeutsamen Grenzfluß handelt. Dazu wird der gemeinsame Workshop beitragen."
Der Umweltrat stellte ferner fest, daß sich die Zusammenarbeit im Naturschutz erfolgreich entwickelt hat. Neben dem Internationalpark Unteres Odertal ist beabsichtigt, weitere grenzüberschreitender Schutzgebiete auszuweisen, so zum Beispiel im Gebiet Gottesheide/Swidwiesee. Zur Schaffung des europäischen Netzwerkes NATURA 2000 und zur Umsetzung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens sind Expertentreffen vorgesehen, die auch den Beginn einer engeren Zusammenarbeit bei der Vorbereitung Polens auf den EU-Beitritt in diesem Bereich markieren.
Darüber hinaus befaßte sich der Umweltrat mit Ergebnissen der Zusammenarbeit in den Bereichen Abfallwirtschaft, Bodenschutz und Umweltbildung. Er erörterte den Stand der Schaffung bilateraler Regelungen für die Durchführung grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfungen und der Zusammenarbeit bei Störfällen mit grenzüberschreitenden Auswirkungen.