GRS legt Abschlußbericht zur Ursachenklärung vor

14.09.1998
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 56/98
Thema: Klimaschutz
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998

- Vorschläge zu technischen Verbesserungsmöglichkeiten unterbreitet

- Praxistest steht noch aus

- Erörterungen mit den Ländern werden fortgesetzt

"Die Ende April 1998 bekannt gewordenen radioaktiven Kontaminationen bei Transporten bestrahlter Brennelemente zu den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich und Großbritannien sowie bei der Anlieferung leerer Behälter in deutsche Kernkraftwerke haben zu einem erheblichen Vertrauensverlust geführt, weil die festgestellten Grenzwertüberschreitungen seit Jahren von den Betreibern der betroffenen Kernkraftwerke nicht abgestellt worden sind. Als Reaktion auf diese Vorkommnisse habe ich einen 10-Punkte-Plan vorgelegt. Er sieht unter anderem vor, daß der vom Bundesumweltministerium Mitte Mai verfügte Transportstop solange bestehen bleibt, bis angemessene Gegenmaßnahmen zur Vermeidung zukünftiger Grenzwertüberschreitungen ergriffen werden. Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) hat die technischen Sachverhalte untersucht, die Ursachenklärung abgeschlossen und hierzu den vereinbarten Abschlußbericht vorgelegt. Dieser Bericht unterbreitet darüber hinaus technische Verbesserungsmöglichkeiten, die so bald wie möglich einem Test unter Praxisbedingungen unterzogen werden sollen. Die Vorschläge der Betreiber und die Bewertung der GRS werden mit den Ländern diskutiert," erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel heute anläßlich der Information über den Stand der Abarbeitung des 10-Punkte-Plans.

1. Ursachenaufklärung und technische Optimierung des Kontaminationsschutzes

Die beobachteten Kontaminationen an der Oberfläche von Transportbehältern für abgebrannte Brennelemente und an der Bodenwanne der Transportwaggons haben ihre Ursache in der Beladung der Transportbehälter in den Brennelemententladebecken der Kernkraftwerke oder der Entladung in der Wiederaufarbeitungsanlage. Im Kühlkreislauf und im Abklingbecken von Kernkraftwerken befindet sich Radioaktivität sowohl in gelöster Form als auch an aus Korrosion und Abrieb herrührenden Partikeln. Diese können sich in Poren, Verbindungsspalten und Hohlräume einnisten und sich während des Transports ablösen. Die Analyse aller vorliegenden Transportdaten hat gezeigt, daß die häufigsten und in ihrer flächenbezogenen Aktivität höchsten Kontaminationen sich bei Volltransporten zur COGEMA ergaben. Bei Volltransporten zu BNFL trat im Vergleichszeitraum nur eine Kontamination am Behälter und keine Kontamination am Waggon auf. Die Häufung ist eindeutig auf den bei Transporten zur COGEMA eingesetzten Behältertyp zurückzuführen.

Da der Stachelbereich einen zuverlässig wirkenden Kontaminationsschutz benötigt, am Behälter aber noch andere Problembereiche, wie mit Silikon verfüllte Fugen und Schraubenlöcher, vorhanden sind, sind in Zukunft weitergehende prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen. Für die Transportbehälter, die zur BNFL gehen, und die deutschen Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR, die in ein Zwischenlager (Gorleben oder Ahaus) gehen, sind technische Maßnahmen bereits im Einsatz, die den Behälter weitgehend vor einem Kontakt mit Beckenwasser schützen. Für die Behälter mit Kühlstachelzone wird der Einsatz eines zusätzlichen Kontaminationsschutzes aus Plastikgewebe für den Gesamtbehälter bzw. Verwendung von ergänzenden Kappen für den oberen und unteren Behälterbereich außerhalb des metallischen Kontaminationsschutzes von der GRS empfohlen.

Die GRS hält dieses System für technisch realisierbar, empfiehlt allerdings eine Demonstration dieses verbesserten Systems vor Wiederaufnahme der Transporte.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Aus Sicht des Bundesumweltministeriums sind diese Maßnahmen grundsätzlich geeignet, zunächst Abhilfe zu schaffen. Unverzichtbar ist aus meiner Sicht, daß die für die französischen Behälter bislang nur im Konzept vorliegenden "Vollschutzhemden" unter realen Bedingungen auf ihre Eignung hin mit einem Leerbehälter geprüft werden. Der Nachweis ihrer Wirksamkeit ist eine der Voraussetzungen für die Aufhebung des Transportstopps. Das Bundesumweltministerium erwartet Vorschläge der Betreiber, wann und wo ein solcher realistischer Tauchversuch stattfinden kann. Mittelfristig müssen weitere entscheidende Schritte getan werden: Die Transportbehälter selber müssen insgesamt dekontaminationsfreundlicher gestaltet werden. Die auf hohe Wärmeabgabe aus den bestrahlten Brennelementen hin ausgelegten Behälter haben sich als kontaminationsanfällig bei gleichzeitiger hoher Dekontaminationsunfreundlichkeit erwiesen. Aus der langjährigen Transportstatistik ist zu entnehmen, daß die auf hohe Wärmeabgabe hin ausgelegten Behälter in Deutschland nur in Sonderfällen benötigt werden. Deshalb fordert das Bundesumweltministerium mittelfristig die Entwicklung und Verwendung von Behältern, die so ausgelegt und gefertigt werden, daß ihre äußere Oberfläche möglichst frei von hervorspringenden Teilen und leicht dekontaminierbar ist."

2. Erweiterung der Strahlenschutzmessungen

Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) haben Vorschläge für ein erweitertes Strahlenschutzmeßprogramm vorgelegt. Seine abschließende Bewertung ist auch nach Einschätzung der GRS derzeit noch nicht möglich, weil es an Konkretisierungen fehlt und auch die Abstimmungen mit den Wiederaufarbeitern noch nicht abgeschlossen sind.

3. Etablierung eines Informations- und Meldesystems

Die EVU haben ein Konzept für ein verbessertes Informations- und Meldesystem vorgeschlagen, das allerdings mit COGEMA und BNFL noch abgestimmt werden muß. Es sieht u.a. vor, daß im Falle von Grenzwertüberschreitungen der Absender unverzüglich unterrichtet wird und die Betreiber zeitlich gestaffelt je nach Höhe der Überschreitung die zuständigen Aufsichtsbehörden unterrichten. Die Abstimmung dieser Vorschläge mit den Ländern wurde aufgenommen. Das Bundesumweltministerium strebt die volle Transparenz hinsichtlich aller auch in der Zukunft stattfindenden Transporte durch eine internationale Datenbank an.

4. Neugestaltung der Transportverantwortlichkeiten

Das von den EVU übersandte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C ∓mp; L Deutsche Revision enthält ein Modell für die zukünftige Organisationsstruktur beim Transport bestrahlter Kernbrennelemente zwischen Kernkraftwerken und Wiederaufarbeitungsanlagen, das den Forderungen des Bundesumweltministeriums nach betreiberunabhängiger Gestaltung gerecht werden soll. Der Vorschlag wird z.Zt. geprüft und in Kürze mit den Ländern diskutiert.

5. Stand der Abarbeitung der übrigen Forderungen des 10-Punkte-Plans

Die Veröffentlichung der an Transportbehältern und -waggons festgestellten Kontaminationen ist in den GRS-Zwischenberichten erfolgt.

Die internationale Arbeitsgruppe, der neben Deutschland die zuvor genannten Länder angehören, wird einen gemeinsamen Bericht erstellen und Vorschläge für Meldekriterien zur Bewertung einzelner Vorkommnisse z. B. in Anlehnung an die INES-Skala entwickeln.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Durch die Veröffentlichung aller Transportdaten haben wir Transparenz hergestellt. Die GRS konnte die Ursachenaufklärung abschließen. Es wurden technische Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen, die unter Praxisbedingungen noch getestet werden müssen. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse und Vorschläge werden im zuständigen Bund-Länder-Arbeitskreis diskutiert. Erst wenn alle Forderungen des 10-Punkte-Plans abgearbeitet sind, wird der Transport-Stop aufgehoben."

14.09.1998 | Pressemitteilung 56/98 | Klimaschutz
https://www.bmuv.de/PM515
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