Gabriel: "Aufklärung darf nicht verzögert werden"
Das Bundesumweltministerium hat heute den Entwurf eines Berichts zur Sichtung der Gorleben-Akten veröffentlicht. Der Entwurf wurde der vom Bundeskanzleramt eingerichteten interministeriellen Arbeitsgruppe vorgelegt, die anhand einschlägiger Akten prüfen soll, inwieweit 1983 auf den Inhalt eines Zwischenberichts zur weiteren Erkundung des Standortes Gorleben von Seiten der damaligen Bundesregierung politisch Einfluss ausgeübt wurde.
Dazu erklärt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel: "Die Aufklärung der wichtigen Frage, ob die damalige Bundesregierung unter Kanzler Kohl politisch Einfluss auf einen wissenschaftlichen Zwischenbericht zur weiteren Erkundung des Standortes Gorleben genommen hat, darf nicht auf einen Zeitpunkt nach der Bundestagswahl verschoben werden. Deshalb hat das Bundesumweltministerium einen Bericht vorgelegt, zu dem die Ressorts Stellung nehmen sollen."
"Die Überprüfung der bislang durchgesehenen Akten ergibt ein klares Ergebnis: Die damalige Bundesregierung hat politisch Einfluss genommen. Sie wollte in der Öffentlichkeit keine Diskussion über eine alternative Standorterkundung führen und hat deshalb die zuständige Behörde veranlasst, diese Empfehlung aus dem Bericht zu streichen. Die Darstellung der zu diesem Zeitpunkt wissenschaftlich bestehenden Zweifel an Gorleben wurde in der Zusammenfassung des Zwischenberichtes abgeschwächt."
Gabriel: "Erst konnte es dem Kanzleramt nicht schnell genug gehen, dann verlor es plötzlich sein Interesse an rascher Aufklärung. Offenbar hat man dort gemerkt, dass die Akten nicht das hergeben, was man sich davon versprochen hat. Das Ergebnis der Aktensichtung ist eindeutig. Frau Merkel hat allen Grund, sich von Kohl und seinem Regierungshandeln in Sachen Gorleben öffentlich zu distanzieren."
Den vom Regierungssprecher geäußerten Vorwurf, das BMU habe das Kanzleramt bei der Aktendurchsicht nicht genügend unterstützt und sei für die Verzögerung verantwortlich, nannte Gabriel "an den Haaren herbei gezogen". Das Bundesumweltministerium hat alle Akten geliefert inklusive einer Auflistung und - als einziges Ressort - dazu einen Bericht vorgelegt. Auch der Hinweis auf große Aktenbestände ist ein Ablenkungsmanöver. "Es geht nicht um die Aufarbeitung der jahrzehntelangen Gorleben-Geschichte, sondern um einen präzisen Vorgang aus dem Jahr 1983."
In dem Aktenbericht des BMU wird abschließend festgestellt: "Auch eine weiter reichende Aktenrecherche kann nach den nunmehr aufgefundenen und in ihrem Zusammenhang betrachteten Dokumenten keine anderen Aussagen generieren. Denn dann müssten die vielen aufgefundenen Dokumente in ihren zusammenhängenden Aussagen falsch sein. Auf welche Weise eine entsprechende Uminterpretation der Akten möglich sein sollte, ist praktisch nicht vorstellbar. Bis zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses, mit dem das Verfahren um die Frage der Erkundung alternativer Standorte damals abgeschlossen war, sind zudem bislang keine Dokumente gefunden worden, die dem dargestellten Ergebnis widersprechen."