Das Europäische Parlament hat heute dem Kompromiss zum EU-Pflanzenschutzpaket mit großer Mehrheit zugestimmt. Besonders bedenkliche Stoffe werden künftig aus Pflanzenschutzmitteln verbannt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel begrüßte die Zustimmung: "Das Verbot bedenklichster Stoffe in Pflanzenschutzmitteln ist ein Riesenfortschritt. Die Agrarindustrie steht jetzt in der Pflicht, den Landwirtinnen und Landwirten umweltfreundlichere Alternativlösungen zur Verfügung zu stellen. Aus meiner Sicht bietet dieser Innovationsanreiz aus Brüssel gerade für den Chemiestandort Deutschland große Chancen", so Gabriel. Mit Recht könne das EU-Pflanzenschutzrecht jetzt als wegweisendes Instrument des Umweltschutzes bezeichnet werden. Beschränkungen der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel sollen zusätzlichen Schutz bringen. Fest umrissene Reduktionsziele und Maßnahmen müssen nun national festgelegt werden.
Das vom Parlament beschlossene neue Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel ist ein Systemwechsel zugunsten der Umwelt: Besonders bedenkliche Stoffe sind künftig in Pflanzenschutzmitteln verboten – ungeachtet der Mengen, die bei Umwelt und Verbraucher tatsächlich ankommen. Dies gilt unter anderem für giftige Stoffe, die sich in der Umwelt anreichern oder solche, die zu den international geächteten langlebigen organischen Verbindungen, den so genannten POP-Stoffen, gehören. Auch nachweislich krebserzeugende, erbgutverändernde oder die Fortpflanzungsfähigkeit schädigende Stoffe sowie Stoffe, die das Hormonsystem stören, werden künftig EU-weit vom Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe ausgeschlossen.
Für Wirkstoffe, die solche bedenklichen Eigenschaften nicht haben, bleibt es bei der gründlichen Risikobewertung.
Das Europäische Parlament hat darüber hinaus Regelungen zugestimmt, welche erstmals EU-weit nicht nur die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch deren Verwendung regeln. Zukünftig soll beim Pflanzenschutz eine Abwägung stattfinden, damit solchen Verfahren der Vorzug gegeben wird, die möglichst geringe Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. Zu diesem Zweck soll ab 2014 der so genannte Integrierte Pflanzenschutz verpflichtend werden. Außerdem soll das Sprühen vom Flugzeug oder Hubschrauber aus, abgesehen von begrenzten Ausnahmen, verboten werden. In einem Nationalen Aktionsplan muss jeder EU-Mitgliedsstaat künftig konkrete Reduktionsziele, Maßnahmen und Zeitpläne festlegen, um die Risiken und Auswirkungen der Pflanzenschutzmittel-Anwendung auf Mensch und Umwelt zu verringern.
Die Regelungen zum neuen Zulassungsverfahren sind Bestandteil einer in Deutschland unmittelbar geltenden EU-Verordnung. Für die per EU-Rahmenrichtlinie festgelegten Anwendungsregelungen wird auch die künftige Umsetzung in nationales Recht eine entscheidende Rolle spielen. Verordnung und Rahmenrichtlinie bilden zusammen das so genannte EU-Pflanzenschutzpaket.
Der Ministerrat muss dem Kompromiss formal noch zustimmen.