Merkel: Trend zur weiteren Verbesserung der Luftqualität in Böhmen und im Erzgebirge hält an Weitere Vorhaben in Vorbereitung
"In den vergangenen Jahren wurden von tschechischer Seite mit deutscher Unterstützung große Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltsituation entlang der gemeinsamen Grenze unternommen. Dies hat bereits zu einer deutlichen Verringerung der grenzüberschreitenden Umweltbelastungen geführt. Insbesondere der Trend zur Verbesserung der Luftqualität hält an. Davon profitieren vor allem die Menschen in Böhmen und im Erzgebirge. Für gemeinsame Vorhaben zur Luft- und Gewässerreinhaltung hat Deutschland seit 1992 rund 84 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hat die tschechischen Sanierungsanstrengungen von Anfang an unterstützt und wird dies auch weiter tun. Neue Vorhaben zur Senkung der Luftbelastung sind in Vorbereitung." Dies erklärte BundesumweltministerinDr. Angela Merkel heute in Bonn anläßlich des 4. Treffens der Expertengruppe zum deutsch-tschechischen Pilotprojekt "Kraftwerk T 700 Chemopetrol Litvinov", der u.a. Vertreter des Bundesumweltministeriums, der tschechischen Ministerien für Umwelt sowie Industrie und Handel als auch Fachleute aus dem sächsischen Umweltministerium und von Unternehmen beider Seiten angehören. Im Anschluß an die Sitzung der Expertengruppe, die im nordböhmischen Litvinov stattfindet, haben Vertreter der Öffentlichkeit, darunter Vertreter deutscher und tschechischer Gemeinden sowie Umweltverbände, während eines Briefings mit nachfolgender Exkursion Gelegenheit, sich über Ziel und Fortgang des Pilotprojekts zu informieren.
Das deutsche Förderengagement in Litvinov geht zurück auf einen Vertrag zwischen Bundesumweltministerium, dem tschechischem Ministerium für Industrie und Handel und dem Chemieunternehmen Chemopetrol, der 1994 geschlossen wurde. Er sieht den Bau einer Rauchgasentschwefelungs- und Entstaubungsanlage für das auf Braunkohlebasis arbeitende Industriekraftwerk des Unternehmens und einen Pilotversuch zur Mitverbrennung landwirtschaftlich nicht nutzbarer tschechischer Klärschlämme vor. Mit einer Zuschußsumme von insgesamt 25,9 Millionen DM ist es das vom Fördervolumen her bislang größte Auslandspilotprojekt des Bundesumweltministeriums zur Verminderung grenzüberschreitender Umweltbelastungen.
Allein 14 Millionen DM wurden für die Errichtung der Entschwefelungs- und Entstaubungsanlage zur Verfügung gestellt. Sie ist nach modernen, den Vorgaben der Europäischen Union entsprechenden Standards ausgelegt und befindet sich seit Frühjahr dieses Jahres erfolgreich in Betrieb. Die Anlage wird den Schadstoffausstoß des Kraftwerks jährlich um rund 33.000 Tonnen SO2, 2.000 Tonnen NOX sowie 900 Tonnen Staub verringern und so einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Luftbelastung im Erzgebirge leisten. Darüber hinaus wurde die Kraftwerkstechnik weiter optimiert, so daß auch die klimarelevanten Kohlendioxidemissionen deutlich gesenkt werden konnten. Die Anlage wurde mit einem Investitionsaufwand von insgesamt 160 Millionen DM errichtet.
Darüber hinaus wurden von deutscher Seite über 10 Millionen DM bereitgestellt, um bei Chemopetrol neue Wege für die umweltverträgliche Entsorgung von Klärschlämmen aus Nordböhmen zu erproben. Da Zahl und Leistungsfähigkeit der industriellen und kommunalen Kläranlagen am Oberlauf von Elbe und Neiße - darunter auch mit deutscher Hilfe - deutlich gestiegen sind und mit verstärkten Anstrengungen zur Gewässerreinhaltung weiter zunehmen werden, stoßen die bislang dominierenden Klärschlammentsorgungspfade in Tschechien - landwirtschaftliche Verwertung bzw. Deponierung - an ihre Grenzen.
Mit diesem Pilotprojekt soll daher die umweltverträgliche Mitverbrennung von Klärschlämmen in Großfeuerungsanlagen als eine weitere Entsorgungsoption erprobt werden. Nach umfangreichen Vorarbeiten wurde im vergangenen Monat mit einem breit angelegten Pilotversuch im Kraftwerk T 700 begonnen. Unter streng kontrollierten Rahmenbedingungen soll dabei ermittelt werden, ob die Mitverbrennung von Klärschlämmen aus den Produktionsanlagen von Chemopetrol sowie einigen nordböhmischen, kommunalen Kläranlagen generell ein ökonomisch und ökologisch günstiger Entsorgungspfad in Tschechien sein kann.
Erste vergleichbare Versuche auf deutscher Seite, zum Beispiel im Kraftwerk Boxberg (Sachsen), haben bislang vielversprechende Ergebnisse gebracht. Eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen ist aber u.a. die Einhaltung der strengen Luftreinhaltevorschriften Deutschlands und der EU. Dieser Versuch, der noch bis Ende dieses Jahres läuft, wird von der deutsch -tschechischen Expertengruppe begleitet. Erste Zwischenergebnisse sollen der Öffentlichkeit voraussichtlich im Herbst während eines deutsch-tschechischen Fachsymposiums der TU Freiberg präsentiert werden.
Einschließlich des Vorhabens in Litvinov unterstützt das Bundesumweltministerium seit 1992 insgesamt acht Pilotprojekte zur Verminderung der grenzüberschreitenden Umweltbelastungen in der Tschechischen Republik. An zwei Vorhaben sind auch die Länder Bayern und Hamburg finanziell beteiligt. Neben Maßnahmen im Bereich der Gewässerreinhaltung liegt der Schwerpunkt der Förderung bei der Verbesserung der Luftqualität im Erzgebirge. Bislang konnten neben der Kraftwerkssanierung bei Chemopetrol zwei weitere Projekte - die Nachrüstung des Kraftwerks Prunerov I und die Umrüstung von Tisova I - erfolgreich abgeschlossen werden. Der Aufbau einer umweltfreundlichen Wärme- und Stromversorgung in Cheb (Eger) befindet sich in der Realisierungsphase. Mit diesen vier Projekten wird eine jährliche Emissionsminderung von über 100.000 Tonnen Schwefeldioxid, 6.300 Tonnen NOx sowie 2.200 Tonnen Staub erzielt. Weitere Vorhaben, u.a. zur Einführung abgasarmer Erdgasbusse in Decin (Tetschen) sowie zur Modernisierung der Fernwärmeversorgung in Dolni Poustevna (Niedereinsiedel) sind in Vorbereitung.
Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die deutsche Förderung bei Umweltinvestitionen im Kraftwerk T 700 von Chemopetrol ist eines von mehreren Beispielen, wie der deutsch-tschechische Dialog zu Fragen des Umweltschutzes durch gemeinsame Pilotprojekte auch unmittelbar spürbare Effekte für die Bevölkerung beiderseits der Grenzen hat. Von dem jetzt begonnenen Pilotversuch zur Klärschlammitverbrennung erhoffe ich mir über die unmittelbare Umweltentlastung hinaus Erkenntnisse, wie eine umweltverträgliche Klärschlammentsorgung sowohl in Tschechien, aber auch in Deutschland in Zukunft kostengünstig gestaltet werden kann."