Klimaverhandlungen vom 2. bis 13. Juni 2008 in Bonn
Auch nach Beendigung der UN-Naturschutzkonferenz bleibt Bonn für weitere zwei Wochen im Zentrum der globalen Umweltpolitik. In der Bundesstadt beginnt am heutigen Montag die zweite Verhandlungsrunde zur "Bali Roadmap". Dabei geht es um die Vorbereitung der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen, auf der über ein umfassendes Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 entschieden werden soll. Insgesamt werden in Bonn rund 1500 Vertreter aus Vertragsstaaten und Beobachter von Nichtregierungsorganisationen und Medien teilnehmen.
In der "Bali Roadmap" hatte die Staatengemeinschaft im Dezember 2007 einen Fahrplan für umfassende Verhandlungen eines Klimaregimes für die Zeit nach 2012 vereinbart, dem Ende der ersten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. Die Verhandlungen sollen auf der Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 abgeschlossen werden. Verhandelt wird in zwei parallelen Strängen: der eine steht unter der Klimarahmenkonvention, der andere unter dem Kyoto-Protokoll. Dieser komplexe Aufbau ist erforderlich, da die USA das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben und Entwicklungsländer über ihre künftigen Beiträge zum Klimaschutzregime unter der Klimarahmenkonvention verhandeln wollen (siehe weiter unten).
Die zunehmend bedrohlicher werdenden Signale aus der Wissenschaft lassen keinen Zweifel: Das künftige Klimaschutz-Abkommen muss die Weichen für eine "low carbon economy" stellen. Industrieländer haben überwiegend zum Problem beigetragen. Sie müssen eine Führungsrolle übernehmen und ihre Emissionen absolut senken. Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimawandel (IPCC) hatte in seinem 4. Sachstandsbericht im vergangenen Jahr errechnet, dass globale Emissionsminderungen von mindestens 50 Prozent bis 2050 und von 25 bis 40 Prozent für Industrieländer bis 2020 als ersten Schritt notwendig sind. Zusätzlich müssen die globalen Emissionen in spätestens 10 bis 15 Jahren auf einen Minderungspfad gebracht werden, um die von der EU vereinbarte Obergrenze von 2 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit einhalten zu können.
Dieses Ziel kann allerdings nicht allein durch Maßnahmen der Industriestaaten erreicht werden. Nötig sind auch zusätzlichen Aktivitäten der schnell wachsenden Schwellenländer. Sie müssen ihr Emissionswachstum gegenüber dem Trend deutlich senken. Dazu muss vor allem der Emissionshandel ausgebaut werden. Nur wenn Kohlenstoff einen angemessenen Preis hat, fließen die Investitionen in klimafreundliche Alternativen, in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien.
Hintergrund
Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe unter dem Kyoto Protokoll
In der Arbeitsgruppe unter dem Kyoto-Protokoll (Ad Hoc Working Group on Further Commitments for Annex I Parties under the Kyoto Protocol, AWG KP) werden die künftigen Emissionsminderungsverpflichtungen von Kyoto-Industrieländern verhandelt. Diese Gruppe existiert bereits seit 2006. Auf Bali wurde beschlossen, für Industriestaaten Minderungskorridore von 25-40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 den weiteren Überlegungen zugrunde zu legen. In Bonn stehen technische Fragen der Ausgestaltung der Minderungsmöglichkeiten für Industriestaaten auf der Tagesordnung. Bei der letzten Verhandlungsrunde im April in Bangkok bestand Einigkeit, dass Emissionshandel, CDM und JI auch in der nächsten Verpflichtungsperiode genutzt werden sollen.
Die Ad-Hoc-Arbeitsgruppe unter der Klimarahmenkonvention
In der Ad hoc Arbeitsgruppe unter der Konvention (Ad Hoc Working Group on Long-term Cooperative Action under the Convention, AWG-LCA) verhandeln die Staaten über die Emissionsminderungsbeiträge der Nicht-Kyoto-Industriestaaten, insb. der USA sowie über die Beiträge der Entwicklungsländer zu dem künftigen Klimaschutzregime. Weitere Verhandlungsthemen sind die Anpassung an den Klimawandel, Technologien zur Minderung und zur Anpassung sowie die Investitionen und die Finanzierung, die für dieses Regime erforderlich sein werden. Diese Gruppe wurde auf Bali eingerichtet und hat bei seiner ersten Verhandlungsrunde in diesem Jahr in Bangkok ihr Arbeitsprogramm festgelegt. In Bonn werden in drei Workshops zu den Themen Anpassung, Technologie und Finanzierung die Beiträge zum künftigen Klimaregime weiter konkretisiert.
Die Tagung der Nebenorgane
Parallel zu den Verhandlungssitzungen tagen in Bonn vom 4. bis 13. Juni 2008 die beiden sog. Nebenorgane der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls (Subsidiary Body for Implementation, SBI, und Subsidiary Body for Scientific and Technological Advice, SBSTA). Die Nebenorgane bereiten Entscheidungen für die Klimakonferenzen (Vertragsstaatenkonferenzen) vor und/oder verhandeln die detaillierte Umsetzung von Beschlüssen. In Bonn stehen u.a. auf der Agenda die weitere Ausgestaltung eines Arbeitsprogramms zu Anpassung, Technologietransfer und methodische Fragen wie die Einbeziehung von Kohlenstoffspeicherung in den CDM.
Die nächsten Verhandlungsrunden
Im August findet die dritte Verhandlungssitzung auf Arbeitsebene in Accra, Ghana, und vom 01. - 12. Dezember 2008 findet in Posen (Polen), die nächste Klimakonferenz statt. Auf ihr sollen die Verhandlungsergebnisse des ersten Jahres bilanziert und die Verhandlungsinhalte für das Jahr 2009 bestimmt werden.