"Der Gesetzentwurf ist der Einstieg in den ökologisch sozialen Strukturwandel. Wir werden Bürger und Wirtschaft damit entlasten, um die Kauf- und Investitionskraft zu stärken. Dazu werden die Steuersätze der direkten Steuern und die Lohnnebenkosten gesenkt. Im Gegenzug werden wir die Energie verteuern. Damit werden Anreize geschaffen, die vorhandenen Energiesparpotentiale auszuschöpfen und energiesparende und ressourcenschonende Produkte und Produktionsverfahren zu entwickeln. Die Einnahmen aus der ökologischen Steuerreform werden zur Senkung der Versicherungsbeiträge genutzt. Es ist das erklärte Ziel, die Sozialversicherungsbeiträge unter die 40-Prozent-Marke zu drücken. Damit wird eine Entwicklung umgedreht, die die Sozialversicherungsbeiträge auf immer neue Rekordhöhen getrieben hat," erklärte Bundesumweltminister Jürgen Trittin anläßlich der ersten Lesung des Gesetzes zur ökologischen Steuerreform.
In der Vergangenheit war die Nutzung der Umwelt zu billig und gleichzeitig die Schaffung von Arbeitsplätzen zu teuer. Diese Fehlentwicklung hat dazu geführt, daß der Produktivitätsfortschritt nicht zur Lösung von Umweltproblemen, sondern zur Vernichtung von Arbeitsplätzen geführt hat. Nach Ergebnissen der umweltökonomischen Gesamtrechnungen haben Rationalisierung und technischer Fortschritt in Deutschland in den vergangenen 35 Jahren den Faktor "Arbeit" weit mehr ersetzt als den Faktor "Natur". 1995 war z. B. die Produktivität der Nutzung von Energie um 31 Prozent, die von Wasser um 36 Prozent und die von Rohstoffen um 49 Prozent höher als 1960. Dagegen stieg die Arbeitsproduktivität im gleichen Zeitraum um 207 Prozent. Ein Wirtschaftsforschungsinstitut hat die Auswirkungen des ersten Schritts der ökologischen Steuerreform berechnet. Danach hat auch ein großes Unternehmen der Automobilindustrie, das demnächst die ermäßigten Steuersätze für das produzierende Gewerbe zu zahlen hat, dennoch unterm Strich zehn Millionen DM mehr in der Kasse. Wenn dieses Unternehmen noch weitere Energiesparpotentiale ausschöpft, kann es die positive betriebswirtschaftliche Bilanz noch weiter verbessern.
Der Gesetzesentwurf im einzelnen
Im ersten Schritt soll 1999 die Mineralölsteuer für Kraftstoffe um sechs Pfennig pro Liter, die Steuer auf Heizöl um vier Pfennig pro Liter, auf Gas um 0,32 Pfennig pro Kilowattstunde erhöht und für Strom eine Steuer von zwei Pfennig pro Kilowattstunde eingeführt werden. Mit diesem Steueraufkommen werden die Sozialversicherungsbeiträge im ersten Schritt um acht Prozent gesenkt. "Die schrittweise Verteuerung von Energie wird direkte Beschäftigungsimpulse auslösen, weil durch sie Energiesparpotentiale aktiviert werden und sich die Investitionen schneller amortisieren," sagte Trittin.
Ein weiteres Ziel des ökologisch sozialen Strukturwandels ist die Stärkung der erneuerbaren Energien. Dazu wird ein Teil des Stromsteueraufkommens für ein Förderprogramm verwandt. Dieses Förderprogramm wird auf fünf bis zehn Jahre angelegt sein. "Wir gehen davon aus, daß bei einem Fördervolumen von 300 Millionen DM rund 10.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert werden. Dieses Programm ist als Ergänzung zu anderen Förderinstrumenten zu verstehen," sagte Trittin. So würde die Eigenheimzulage für verstärkte Wärmedämmung, die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von Demonstrationsvorhaben festgehalten und das Stromeinspeisungsgesetz fortentwickelt werden, erläuterte der Minister.
Bundesumweltminister Trittin kündigte in der Bundestagsdebatte an, daß er die anstehende deutsche Präsidentschaft in der Europäischen Union dazu nutzen werde, die Harmonisierung der Energiebesteuerung in Europa voranzubringen.