"Von der Klimakonferenz in Buenos Aires war angesichts der gegensätzlichen Ausgangspositionen nicht viel zu erwarten. Der verabschiedete Aktionsplan entspricht im wesentlichen den niedrigen Erwartungen Deutschlands und der Europäischen Union. Es ist ein Fahrplan für Maßnahmen der Umsetzung der Kioto-Mechanismen bis zum Jahr 2000 verabschiedet worden. Es wird nun darauf ankommen, den Aktionsplan zügig umzusetzen. Der Versuch, statt Klimaschutz Emissionshandel jetzt schon zu ermöglichen, ist gescheitert," erklärte Bundesumweltminister Jürgen Trittin.
Die Darstellung der unterschiedlichen Positionen und die Identifizierung von Verhandlungsspielräumen zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern sowie innerhalb der Industrieländer - insbesondere EU und Umbrella-Gruppe (USA, Japan, Kanada, Australien, Norwegen, Neuseeland, Island, Rußland, Ukraine) - stand in der ersten Woche der Konferenz im Vordergrund. Es war bei den zentralen Fragen nicht möglich, eine Einigung zu erzielen. Die Verhandlungen über ein abschließendes Paket von Entscheidungen fanden während des Ministersegments in einer ca. 25 Länder umfassenden Gruppe auf Minister-/Delegationsleiterebenen statt. Da auch dort keine Fortschritte erzielt werden konnten, hielt Präsidentin Maria Julia Alsogaray schließlich die Uhr an und verlagerte in der Nacht des letzten Konferenztages die Verhandlungen in eine kleine Gruppe von Staaten. Sie konnte schließlich Einigung über den Aktionsplan von Buenos Aires erzielen. Die Entscheidungen wurden am 14.11.1998 im Plenum angenommen.
Der Aktionsplan zielt darauf ab, daß bei der 6. Vertragsstaatenkonferenz eine abschließende Entscheidung über die Regeln und über die Ausgestaltung der flexiblen Mechanismen getroffen wird. Hauptanliegen der G 77 waren die vorgezogene Ausarbeitung des Clean Development Mechanismus. Die Industrieländer konnten dieser Forderung unter der Bedingung entgegenkommen, daß die endgültige Verabschiedung der Regeln, Modalitäten und Richtlinien für alle drei Mechanismen zeitgleich stattfindet. Clean Development Mechanismen dürfen in den Entwicklungsländern schon vorzeitig begonnen werden. Anrechnungen auf Industrieländeremissionen finden aber nicht vorzeitig statt.
Hinsichtlich der von Deutschland und der Europäischen Union geforderten Festlegung einer konkreten, quantitativen Obergrenze für die Nutzung der Mechanismen war eine Einigung auf der Vertragsstaatenkonferenz - wie erwartet - nicht erreichbar. Sie wird insbesondere von der Umbrella-Gruppe, vorrangig den USA, unverändert abgelehnt, während sich die Entwicklungsländer - trotz grundsätzlich positiver Haltung hierzu - in dieser Frage zurückhalten. Es ist jedoch gelungen, die Forderung nach einer auch quantitativ zu definierenden Obergrenze in die im Arbeitsprogramm enthaltene Liste von zu behandelnden Elementen aufzunehmen. Somit wird das Thema nach der 4. Vertragsstaatenkonferenz weiter verhandelt werden.
Flexible Mechanismen
Im Zentrum der Verhandlungen standen die auf Wunsch der G 77-Staaten nunmehr als "Kioto-Mechanismen" bezeichneten Instrumente (Joint Implementation, Clean Development Mechanismus und Emissionshandel). Beträchtliche Meinungsunterschiede bestanden insbesondere zwischen den drei Blöcken EU-assoziierte Staaten/Schweiz, Umbrella-Gruppe und G 77. Diese harten Fronten verhinderten substantielle Vorgaben zur Ausgestaltung der Regeln für die Mechanismen. Gelungen ist jedoch eine Anbindung dieser Mechanismen an eine umfassende Erfüllungskontrolle.
Erst im Ministersegment konnte eine Entscheidung zur weiteren Ausgestaltung erreicht werden. Festgelegt wurden Zeitplan und Themen der weiteren Verhandlungen. Die 6. Vertragsstaatenkonferenz soll eine abschließende Entscheidung über die Ausgestaltung aller Mechanismen fällen. Im Arbeitsplan sind die wesentlichen von Deutschland und der Europäischen Union geforderten Elemente enthalten, insbesondere:
- Vorrang nationaler Maßnahmen und damit eine konkrete Obergrenze (concrete ceiling) für die Nutzung der Mechanismen,
- Vorhandensein eines Systems zur Kontrolle der Erfüllung von Verpflichtungen
- Berichterstattung, Verifizierung und Zertifizierung für alle Mechanismen,
- Anerkennung von künftigen Emissionsreduktionen aus AIJ-Projekten.
Im Katalog des Arbeitsprogramms sind aber auch für Deutschland und die Europäische Union problematische Fragestellungen enthalten insbesondere:
- Umsetzung von Maßnahmen für besonders von Klimawandel und von den Auswirkungen der Klimaschutzmaßnahmen betroffenen Ländern (Art. 4.8, 4.9 KRK, 2.3, 3.14 KP),
- Regeln für die Nutzung der Mechanismen innerhalb des EU-bubbles,
- Senken als mögliche Maßnahme auch im Rahmen des CDM.
Das Arbeitsprogramm enthält keinerlei Entscheidung darüber, ob und welche Elemente schließlich tatsächlich in die Regeln für die Mechanismen aufgenommen werden. Zusätzliche Elemente für die weitere Arbeit können hinzugefügt werden. Die Verhandlungen über die Regeln werden weiterhin äußerst schwierig bleiben.
Joint Implementation
Über die drei auf dem Klimaprotokoll basierenden Mechanismen hinaus fanden weitere Verhandlungen über die Zukunft der AIJ-Pilotphase statt. Der unter deutscher Federführung ausgehandelte Kompromiß enthält folgende Elemente:
- Fortsetzung der AIJ-Pilotphase,
- weitere Berichterstattung der Vertragsparteien über die bei der Umsetzung von AIJ-Projekten gewonnenen Erfahrungen,
- Vorbereitung eines Überprüfungsprozesses mit dem Ziel, bis zum Ende des Jahrzehnts eine endgültige Entscheidung der Vertragsstaatenkonferenz über die Pilotphase und das Vorgehen danach zu treffen.
Arbeitsprogramm zu Inventaren, Nationalberichten und deren Überprüfung
Es wurde folgender Arbeitsplan für Art. 5, 7 und 8 Klimaprotokoll verabschiedet. Erarbeitung von
- Richtlinien für nationale Systeme für Treibhausgasinventare bis zur 6. Vertragsstaatenkonferenz,
- Richtlinien für Nationalberichte bis zur 6. Vertragsstatenkonferenz
- Richtlinien zur Überprüfung von Nationalberichten und Inventaren bis zur 6. Vertragsstaatenkonferenz und
- Modalitäten für die Berechnung der in der Verpflichtungsperiode erlaubten Emissionsmenge (wofür die Emissionen im Basisjahr festgeschrieben werden müssen), möglichst bis zur 6. Vertragsstaatenkonferenz.
Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (Senken)
Gemäß Klimaprotokoll werden biologische Quellen und Senken auf die Reduktionsverpflichtung der Industrieländer im Verpflichtungszeitraum 2008 - 2012 angerechnet, soweit sie auf die direkten menschlichen Aktivitäten Aufforstung, Wiederaufforstung und Entwaldung seit 1990 zurückgehen. Auf der 1. Vertragsstaatenkonferenz des Protokolls soll entschieden werden, welche zusätzlichen Kategorien in den Bereichen landwirtschaftliche Böden, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft wie einbezogen werden sollen. Es wurde ein Beschluß mit folgenden wesentlichen Elementen gefaßt: - Festlegung der Definition von Begriffen wie Aufforstung, Wiederaufforstung und Entwaldung sowie Entscheidung über die Einbeziehung weiterer Kategorien auf der ersten Vertragsstaatenkonferenz nach Fertigstellung der IPCC-Sonderberichts zu Senken. Dieser Sonderbericht soll im Mai 2000 vorliegen. - Durchführung eines Workshops zur Frage weiterer Kategorien im Frühjahr 1999 in den USA. In Buenos Aires haben die Vertreter von rund 170 Staaten fast zwei Wochen verhandelt. Argentinien hat dabei als erstes Nicht-Industrieland offiziell angekündigt, sich bei der nächsten Klimakonferenz ebenfalls auf ein Treibhausgasziel zu verpflichten. Die Vereinigten Staaten haben am 11.11.1998 als 60. Staat das Protokoll von Kioto unterzeichnet. In Kioto hatten sich die Industriestaaten vor einem Jahr verpflichtet, ihren Ausstoß an Treibhausgasen zusammen um mindestens fünf Prozent unter das Niveau von 1990 verglichen mit dem Durchschnitt der Jahres 2008 - 2012 zu senken.