Kabinett beschließt "Wegweiser Nachhaltigkeit 2005"
Deutschlands Strategien für die Energiewende und den Schutz der biologischen Vielfalt hat heute das Bundeskabinett beschlossen und mit dem "Wegweiser Nachhaltigkeit 2005" eine Zwischenbilanz der Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung vorgelegt. "Konsequenter und durchdachter Umweltschutz ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt einer Politik, die ihrer Verantwortung für künftige Generationen gerecht wird", sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin.
Die Bundesregierung hatte im Jahr 2002 Nachhaltigkeit zum Leitbild ihrer Politik gemacht und eine Nachhaltigkeitsstrategie mit anspruchvollen Zielen verabschiedet. "Nachhaltigkeit heißt, dass wir die ökologischen, ökonomischen und sozialen Voraussetzungen und Konseqünzen bei unserer Politik mitdenken müssen; dabei ist die Begrenztheit der Ressourcen der entscheidende, weil limitierende Faktor", so der Bundesumweltminister. Deutschland liegt heute, zusammen mit Japan, weltweit an der Spitze beim effizienten Einsatz von Rohstoffen. "Das ist künftig der entscheidende Faktor in einem globalen Wettbewerb, der bei Rohstoffen von wachsender Nachfrage bei einem begrenzten Angebot geprägt ist", sagte Trittin.
Die heute vorgelegte Zwischenbilanz bekräftigt das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 mindestens ein Fünftel des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu decken. "Wir liegen heute bereits bei einem Anteil der Erneuerbaren von rund 11 Prozent. Wenn heute die CDU großspurig beteuert, sie wolle diesen Anteil bis 2010 auf 12,5 Prozent steigern, dann belegt das nur, dass sie bei den erneuerbaren Energien über den Status quo nicht hinaus will", sagte der Bundesumweltminister. Die Integration dieser Stromerzeugung, insbesondere der Windenergie, in die bestehenden Netze beurteilt die Bundesregierung als technisch und wirtschaftlich machbar. "Jeder neue Ölpreisrekord, der börsentäglich verkündet wird, ist eine ernste Mahnung: Wir müssen jetzt den Schritt wagen und in eine neue Energieversorgung investieren", betonte Trittin. Deutschland zeige, dass die Strategie der Energiewende machbar ist und sende damit weltweites Signal aus.
Ein unverzichtbarer Baustein der Strategie ist der Ausstieg aus der Atomkraft. "Die Bundesrepublik ist mit dem Energiewende endlich wieder attraktiv für Investitionen in neue Kraftwerke geworden. Nur so stoßen wir die Erneuerung des deutschen Kraftwerkparkes und den Umbau hin zu einer nachhaltigeren Stromversorgung an", sagte Trittin. In Deutschland werden seit Einführung des Emissionshandels für rund 12 Milliarden Euro neue, hochmoderne fossile Kraftwerke in einer Kapazität von 15.000 Megawatt Leistung errichtet. Das entspricht der Leistung von rund 15 Atomkraftwerken; die Hälfte davon sind hocheffiziente Gaskraftwerke mit Wirkungsgraden über 60 Prozent. "Wer die Laufzeiten von veralteten Atomkraftwerken aus ideologischen Gründen verlängert, der macht den großen Energieversorgern ein teures Wahlgeschenk. Teuer bezahlen müssen dies der Rest der Volkswirtschaft, von der Industrie bis zu den privaten Haushalten und nicht zuletzt die zukünftigen Generationen", so Trittin.
Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken würden die beherrschende Stellung der vier großen Energieversorgungsunternehmen weiter zementieren und neue Investoren benachteiligen. Wirklicher Wettbewerb und die notwendigen Anpassungen an Infrastruktur und Erzeugungseinheiten würden verhindert " die Folge wäre ein beträchtlicher Investitionsstau und ein Fadenriss in der Technologieentwicklung. "Die Strompreise würden steigen statt sinken, denn weniger Wettbewerb durch Privilegien für die vier großen Energieversorger sorgt für höhere Preise. Die vier Stromriesen haben ja auch mit brutaler Deutlichkeit klar gemacht, dass sie zwar Laufzeitverlängerungen mitnehmen, aber nicht daran denken, ihre daraus resultierenden Extraprofite an Industrie und Verbraucher weiter zu geben", sagte der Bundesumweltminister. "Und wer darauf noch zusätzlich 2 Prozent Merkelsteuer aufschlagen will, der muss sich fragen lassen, wie ernst seine Ankündigung zur Senkung der Strompreise wirklich gemeint ist", so Trittin weiter.
Den Abschied von veralteten Ideologien beschreibt der Nachhaltigkeitsbericht der Bundesregierung auch bei Konzepten zum Schutz der biologischen Vielfalt. "Wir wollen die Konfrontation zwischen "Schützen" und "Nützen" der Natur nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis überwinden", sagte Trittin und nannte als Beispiel den Tourismus, der besonders auf eine intakte Natur und Umwelt angewiesen sei. "Für rund drei Viertel der Deutschen, die im eigenen Land Urlaub machen, ist das Naturerleben besonders wichtig", so der Bundesumweltminister. Grosse Schutzgebiete sind gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen wirtschaftlich von enormer Bedeutung, schaffen Arbeitsplätze und Einkommen. Der Bundesumweltminister kündigte eine gesonderte "nationale Strategie zu biologischen Vielfalt" an, mit der dieser Gesichtpunkt vertieft werden soll. Ein Entwurf soll noch in diesem Monat vorgestellt werden.