Trittin: Europa muss weiter voran schreiten
Vom 19. bis 20. Januar findet in Berlin auf Einladung der Europäischen Kommission eine Europäische Konferenz für Erneuerbare Energien statt. Sie dient als europäische Vorstufe für die Weltkonferenz "Renewables04" im Juni in Bonn. Dazu erklärt Bundesumweltminister Jürgen Trittin:
Die globale Herausforderung Klimaschutz erfordert ein erneuertes, umweltgerechtes und zukunftsfähiges Energiesystem. Wollen wir katastrophale Auswirkungen für den Globus vermeiden, dann müssen wir die globale Erwärmung bremsen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts darf die durchschnittliche Temperatur nicht um mehr als 2 Grad Celsius gegenüber der Industrialisierung steigen. Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich vermindern. Deutschland ist hier ein Vorreiter. Ein wichtiges Kernelement dazu ist der massive Ausbau erneuerbarer Energien.
Doch die Erneuerbaren helfen nicht nur dem Klimaschutz. Vom Einsatz erneuerbarer Energien gewinnen Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen. Denn:
- Treibhausgasemissionen werden vermieden; wir haben allein in Deutschland ca. 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid durch den Ausbau von Sonnen- und Windenergie, Wasserkraft und Biomasse eingespart;
- Ohne Energie werden wir Armut und Unterentwicklung weltweit nicht überwinden können. Dies wird nur mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien gelingen. Nur mit Erneuerbaren werden arme wie reiche Länder ihre Abhängigkeit vom Öl durchbrechen können;
- Sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern entstehen dadurch neue Beschäftigungsmöglichkeiten; wir haben in Deutschland allein 135.000 Arbeitsplätze geschaffen;
- Erneuerbare Energien sind ein Feld für Technologieentwicklungen.
Dies alles soll mit der renewables2004 global voran gebracht werden. Durch Vorbereitungskonferenzen in vielen Regionen der Welt mobilisieren wir Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft für die Konferenz. Nächste Woche findet hier in Berlin die europäische Vorbereitungskonferenz statt.
Europa ist nicht nur im Klimaschutz, sondern auch bei der Förderung der erneuerbaren Energien führend: in einer Richtlinie zur Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien haben sich alle Mitgliedsstaaten - auch die Beitrittsländer - verpflichtet, dazu beizutragen, dass sich in der EU der Anteil der erneuerbaren Energien an der Elektrizitätsherstellung bis 2010 verdoppelt (im Vergleich zu 1997). In Deutschland soll der Anteil in diesem Zeitraum von 4,5% auf 12,5% steigen.
Doch wir wollen es dabei nicht belassen. In der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die morgen im Bundestag beraten wird, haben wir festgeschrieben: Bis 2020 sollen 20% der heutigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen kommen.
Das Engagement Europas für erneuerbare Energien und für die renewables2004 wird deutlich durch die nächste Woche stattfindende regionale Konferenz für Europa, die von der Europäischen Kommission veranstaltet wird. Fast 500 Regierungsvertreter und Experten aus mehr als 30 Ländern werden erfolgreiche Ansätze zum Ausbau der erneuerbare Energien im Elektrizitätsbereich, im Wärmesektor und im Verkehr diskutieren. Es geht nächste Woche in Berlin - wie im Juni in Bonn - darum, erfolgreiche Politikansätze zur Förderung der erneuerbaren Energien im Wettbewerb zu vergleichen.
Fest vereinbarte Abnahmepreise über einen langen Zeitraum und die Verpflichtung zur prioritäten Abnahme des Stroms aus erneuerbare Energien - wie in unserem EEG geregelt - sind die entscheidende Ursache für den rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Nur damit wurde die notwendige Investitionssicherheit geschaffen. Viele Länder Europas und der Welt übernehmen unsere Regelungen, z.B. Spanien, Frankreich, Griechenland. Damit ist das EEG ein Exportschlager.
Die in einigen EU-Ländern favorisierten Zertifikatslösungen haben demgegenüber zu keinem Marktdurchbruch bei den erneuerbaren Energien geführt. Sie sind zudem teurer - wie ein Vergleich der Kosten für die Kilowattstunde Windstrom in Deutschland und in Großbritannien zeigt.
Europa nimmt auch eine führende Rolle in der Johannesburg Renewable Energy Coalition (JREC) ein. Die JREC ist international der Motor für die erneuerbaren Energien. Über 80 Staaten der Welt - darunter alle 25 jetzigen und künftigen EU-Staaten - haben sich dieser Koalition angeschlossen. Indem sie sich freiwillige Ausbauziele setzen, schaffen sie die nötige Investitionssicherheit.
Die EU-Kommission arbeitet als Sekretariat dieser Koalition. Ausbauziele müssen jedoch von weiteren Maßnahmen flankiert werden. Ich begrüße daher, dass JREC neue Finanzierungsansätze entwickeln wird, mit denen auch Privatkapital für erneuerbare Energien mobilisiert werden soll, da wir nicht nur auf öffentliche Gelder setzen können.
Mit JREC verbindet sich eine weitere Hoffnung: durch die gemeinsame Allianz zwischen Industriestaaten wie der EU sowie G77-Staaten wird es möglich, neue Formen der Zusammenarbeit jenseits der üblichen Blöcke zu finden.
Mit der europäischen Vorbereitungskonferenz soll die Bereitschaft und die Verantwortung Europas unterstrichen werden, eine aktive Vorreiterrolle im Bereich der erneuerbaren Energien zu behalten. Europa muss daher den nächsten Schritt tun: Zur renewables2004 nach Bonn sollte die Botschaft getragen werden, dass Europa aufbauend auf die für 2010 festgelegten Ziele klare und anspruchsvolle Ausbauziele für den Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2020 festlegen wird. Deutschland hat bereit seinen Teil dazu vorgelegt.