Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
Bundesregierung, Chemische Industrie (VCI) und Chemiegewerkschaft (IG BCE) haben sich am 21. August 2003 auf eine gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf der EU-Kommission für eine Reform des europäischen Chemikalienrechts verständigt. Darin bekräftigen und konkretisieren sie ihr gemeinsames Positionspapier zum Chemikalien-Weißbuch der EU-Kommission, auf das sie sich im März 2002 verständigt hatten.
Mit dem im Februar 2001 vorgelegten Weißbuch hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine umfassende Neugestaltung der europäischen Chemikalienpolitik vorgelegt, der das übergreifende Ziel der nachhaltigen Entwicklung verfolgt. Der im Mai 2003 von der Kommission zur Diskussion gestellte Verordnungsentwurf greift einige Anregungen aus dem deutschen Positionspapier auf, weist in anderen Punkten jedoch Mängel auf.
Bundesregierung, Chemische Industrie und Chemiegewerkschaft bekräftigen in der beigefügten Stellungnahme ihr Kernanliegen, einerseits ein hohes Niveau für den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt zu gewährleisten und gleichzeitig die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sicherzustellen. "Wir brauchen Regelungen, die den wirksamen Schutz für Gesundheit und Umwelt bei möglichst geringen Kosten, in schnellen, einfachen und verlässlichen administrativen Verfahren erreichen", erklärten Bundesumweltministerium und Bundeswirtschaftsministerium.
Positiv bewertet werden insbesondere die für Zwischenprodukte in geschlossenen Systemen wie auch für Forschung und Entwicklung vorgesehenen Erleichterungen. Auch die Auswahl der in die Registrierung und Zulassung einzubeziehenden Stoffe wird als sachgerecht bewertet. Die im Vorentwurf enthaltenen Mängel bergen allerdings das Risiko (deshalb Folgenabschätzung - s. weiter unten), dass ohne Änderungen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Arbeitsplätze gefährdet werden können.
Die zentralen Kritikpunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Vor allem das Registrierungsverfahren ist noch zu bürokratisch und aufwändig ausgestaltet und entspricht nicht der Zusage schneller, einfacher und kosteneffizienter Verfahren.
- Anwendungsbereich und Anforderungen für den Chemical Safety Report sind zu weitgehend und stellen insbesondere für die mittelständischen Verwender in der Wertschöpfungskette ein erhebliches Problem dar.
- Der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse wird nicht ausreichend gewährleistet.
Aus Sicht des Gesundheits- und Umweltschutzes sind insbesondere folgende Punkte wichtig:
- Sachgerechte Einbeziehung der risikobehafteten Stoffe in das Zulassungsverfahren, ohne das System zu überfrachten,
- Wirksames System der Qualitätssicherung,
- Im Hinblick auf mögliche Störfälle ein Mindestdatensatz für Zwischenprodukte,
- Klare Regelung der Berichtspflichten für den sicheren Umgang mit Chemikalien.
Die konkreten Verbesserungsvorschläge betreffen insbesondere folgende Punkte:
- Verfahrensvereinfachungen für die Registrierung von Stoffen
- Effektives Management durch die vorgesehene europäische Chemieagentur und einheitliche europäische Standards
- Erleichterungen für die Unternehmen beim "Chemical Safety Report"
- Erleichterungen für Zwischenprodukte in geschlossenen Systemen
- Wirksamer Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei gleichzeitiger Öffentlichkeit der für eine Gefährlichkeitseinstufung relevanten Informationen.
Der Europäische Rat hat am 21. März 2003 auf Initiative von Bundeskanzler Schröder, Premierminister Blair und Staatspräsident Chirac ein klares Signal zur Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit der EU gegeben. Ein wesentliches Kernelement ist, dass die Kommission alle wichtigen Dossiers einer umfassenden Folgenabschätzung ("Impact Assessment") in Bezug auf die industrielle Wettbewerbsfähigkeit unterzieht.
Diese Nutzen- und Folgeabschätzung hat gerade für das neue Chemikalienregime zentrale Bedeutung. Die Beteiligten fordern deshalb gemeinsam die Europäische Kommission auf, einen überarbeiteten Entwurf zügig vorzulegen. Vor der Behandlung dieses Entwurfs im Europäischen Parlament und im Rat sind die konkreten Auswirkungen der vorgesehenen Regelungen auf die europäische chemische Industrie und die Wirtschaft über die ganze Wertschöpfungskette durch eine dritte Stelle zu bewerten. Im Hinblick auf die im Juni 2004 stattfindende Wahl des Europäischen Parlaments dürften damit keine Verzögerungen für die Beratungen verbunden sein.