Europäischer Gerichtshof stellt neue Weichen bei der Entsorgung von Abfällen

13.02.2003
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 015/03
Thema: Kreislaufwirtschaft
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Jürgen Trittin
Amtszeit: 27.10.1998 - 22.11.2005
15. Wahlperiode: 22.10.2002 - 22.11.2005

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute zwei wichtige Urteile im Bereich der Abfallwirtschaft gefällt. In den Verfahren, die die EU-Kommission angestrengt hatte, ging es um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Verbrennung von Abfällen in Industrieanlagen und in Müllverbrennungsanlagen eine energetische Verwertung oder eine Beseitigung von Abfällen darstellt. Der EuGH hat mit seinen Urteilen Festlegungen in der schwierigen Frage der Abgrenzung von Verwertung und Beseitigung getroffen. Die Einstufung der Entsorgungsverfahren als Verwertung oder als Beseitigung ist insbesondere bedeutend für die Frage, ob die Abfälle nach dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit in der EU exportiert werden dürfen oder im Inland bleiben müssen.

Nach einer ersten Einschätzung des Urteils kann künftig die energetische Verwertung von Abfällen in Industrieanlagen in größerem Umfang betrieben werden als bisher. Kriterien wie etwa der Heizwert des Abfalls und sein Schadstoffgehalt sind nach Auffassung der Richter nicht dafür entscheidend, ob eine Abfallverwertung vorliegt. Müllverbrennungsanlagen (MVA) können, auch wenn die bei der Verbrennung entstehende Wärme genutzt wird, in der Regel keine Abfälle verwerten sondern nur beseitigen.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Die Urteile des Gerichtshofes schaffen zumindest Klarheit für die Frage der Abgrenzung, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass die Richter strengere Kriterien an die Verwertung von Abfall gelegt hätten. Gefordert ist jetzt die EU-Kommission, die dafür sorgen muss, dass die rechtlichen Regelungen für die Frage, ob ein Abfall zur Verwertung oder Abfall zur Beseitigung vorliegt, verbessert werden. Wir haben uns wiederholt bei der Kommission für eine Präzisierung des EU-Rechts eingesetzt, damit die hochwertige Verwertung gefördert und die umweltgerechte, sichere Entsorgung auf hohem Niveau gewährleistet werden kann. Es muss verhindert werden, dass ein weitgefasster Verwertungsbegriff die Hintertür eröffnet, dass Abfälle EU-weit in Anlagen mit niedrigerem Umweltstandard gelangen. Auf deutsche Initiative beraten die Mitgliedsstaaten heute und morgen über mögliche Änderungen des EU-Rechts".

Nach Ansicht des Bundesumweltministers wird es künftig darauf ankommen, dass Industrieanlagen, die nun zunehmend Abfälle verwerten dürfen, grundsätzlich die gleichen strengen Emissionsgrenzwerte einhalten wie die Müllverbrennungsanlagen. Dies soll durch die Novellierung der 17. Bundes-Immissionschutzverordnung sichergestellt werden. Ein bereits von der Bundesregierung beschlossener Entwurf wird derzeit im Bundesrat beraten.

Deutsche Vollzugsbehörden der Länder hatten den Export von deutschen Sonderabfällen in belgische Zementwerke mit der Begründung gestoppt, dass es sich um Abfälle zur Beseitigung handele. In diesem Verfahren (Rechtssache C-228/00) hat der EuGH festgestellt, dass der Einsatz der Abfälle in Zementwerken eine energetische Verwertung darstellt. Ausreichend für die Annahme der energetischen Verwertung sei bereits, dass der Einsatz der Abfälle in der industriellen Feuerungsanlage andernfalls erforderliche primäre Brennstoffe ersetze; die von den deutschen Landesbehörden zusätzlich geforderten Kriterien einer möglichst geringen Schadstoffbelastung oder ein hoher Heizwert der Abfälle seien nicht zulässig. Die Landesbehörden hätten den Export daher nicht verweigern dürfen, so die Luxemburger Richter.

In einem zweiten Urteil über die Zulässigkeit des Exports von Hausmüll aus Luxemburg in die Straßburger Müllverbrennungsanlage (Rechtssache C-458/00) hat der EuGH die Frage geklärt, inwieweit eine energetische Verwertung von Abfällen auch in einer MVA mit Wärmerückgewinnung möglich ist. Nach dem EuGH ist die Verbrennung von Abfall in der Straßburger Müllverbrennungsanlage als Beseitigung einzustufen. Abfall ersetze in einer MVA in der Regel keine primären Brennstoffe, weil in derartigen Anlagen - im Gegensatz zu Industrieanlagen - grundsätzlich nur Abfälle eingesetzt würden. Ein Brennstoffersatz sei daher nicht gegeben, urteilten die Richter. Die Urteile des Gerichtshofes vom 13.02.2003 können Sie im Internet einsehen:
- Urteil Nr. C-228/00
- Urteil Nr. C-458/00

13.02.2003 | Pressemitteilung 015/03 | Kreislaufwirtschaft
https://www.bmuv.de/PM1856
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