Experten aus Europa beraten über vorbeugende Maßnahmen
Auf Einladung des Bundesumweltministeriums findet heute und morgen in Bonn ein internationaler Workshop zum vorsorgenden Hochwasserschutz statt. Hintergrund der Fachtagung, an der mehr als 100 Experten aus ganz Europa teilnehmen, sind die katastrophalen Hochwasserereignisse des vergangenen Sommers in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Die Ereignisse mahnen uns, den menschlichen Beitrag zum Klimawandel drastisch zu reduzieren. Klimaschutz ist Hochwasserschutz für übermorgen. Die Bundesregierung wird deshalb ihre ambitionierte Klimaschutzpolitik konsequent vorantreiben. Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien, Energiesparen und Energieeffizienz spielen dabei eine zentrale Rolle."
Ziel der zweitägigen Arbeitstagung ist es, die im vergangenen Sommer bei der Bewältigung des Hochwassers gesammelten Erfahrungen auszutauschen, hieraus möglichst gemeinsame Schlussfolgerungen zu ziehen und zu prüfen, welche Lösungsansätze im Rahmen der EU gefunden werden können. EU-Kommission und Umweltrat hatten sich im Herbst 2002 darauf verständigt, in diesem Jahr eine Hochwasserstrategie zu erarbeiten, wie künftig EU-weit vorsorgend mit Hochwasser besser umgegangen werden kann. Hierfür soll die Bonner Fachtagung einen wichtigen Impuls liefern. Aufgrund des Hochwassers waren allein in Deutschland 21 Tote zu beklagen, die unmittelbaren Sachschäden belaufen sich auf 9,2 Mrd. € .
Bundesumweltminister Trittin wies darauf hin, dass die Bundesregierung mit ihrem 5-Punkte-Programm verbindliche Maßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz beschlossen hat, um sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Vermeidung von Risiken schnell und wirksam zu verbessern. Das im September beschlossene Programm soll in Zusammenarbeit mit den Ländern und europäischen Nachbarn umgesetzt werden. Jürgen Trittin: "Wir müssen der Elbe und den anderen Flüssen wieder mehr Raum verschaffen. Den Flüssen müssen ihre natürlichen Überschwemmungsflächen zurückgegeben werden, auch durch die Rückverlegung von Deichen. Es gilt, die Auen als natürliche Überschwemmungsgebiete zu erhalten. Dafür bietet das neue Bundesnaturschutzgesetz eine hervorragende Grundlage." Trittin sprach sich auch für bundeseinheitliche Regeln gegen die Bebauung in Überschwemmungsgebieten aus: "Das Hochwasser kommt nicht zu uns, sondern wir sind in die Überschwemmungsflächen gegangen und haben dort gebaut."
Bisher gibt es im Rahmen der EU keine gemeinsame Strategie zur Hochwasservorsorge. Zwar gehört es auch zu den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie, einen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten, konkrete Maßnahmen sind aber nicht ausdrücklich vorgesehen.
In den großen grenzüberschreitenden Flussgebieten Mittel- und Westeuropas stützt sich die Hochwasservorsorge bisher auf flussgebietsweite Hochwasseraktionspläne. Der erste Aktionsplan dieser Art wurde im Januar 1998 in der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins fertiggestellt. Ähnliche Pläne gibt es auch für Maas, Mosel und Saar sowie für die Oder. Für Elbe und Donau steht die Fertigstellung der Aktionspläne noch aus. Bundesumweltminister Trittin appellierte an alle Beteiligten, die Arbeiten dafür zügig abzuschließen.
Weiterhin sind im Rahmen der ECE-Konvention (ECE = Economic Commission for Europe) über den Schutz und die Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen Leitlinien zum vorsorgenden Hochwasserschutz verabschiedet worden. Dem Übereinkommen sind fast alle europäischen Staaten beigetreten. Diese Leitlinien sollen 2004 fortgeschrieben werden. Dazu will die Bundesregierung im nächsten Jahr zu einer internationalen Fachkonferenz nach Deutschland einladen.
Für die Arbeit an einer gemeinsamen Strategie zum vorsorgenden Hochwasserschutz in der EU ist aus Sicht des Bundesumweltministeriums eine Bestandsaufnahme der Arbeiten in den Mitgliedsstaaten und den Beitrittsländern notwendig. Dazu wird die zweitägige Fachtagung in Bonn einen wichtigen Beitrag leisten. Die Hochwasserstrategie wird anschließend unter niederländischer und französischer Leitung sowie unter deutscher Beteiligung vorbereitet.