Baake: Was hat Bayern zu verbergen?
Das Bayerische Umweltministerium hat gestern Abend ein für heute in München angesetztes Fachgespräch zum Atomkraftwerk Isar 1 abgesagt und sich damit über einebundesaufsichtliche Weisung vom 10. Mai rechtswidrig hinweggesetzt. Zu dem Termin war Bayern per Weisung des Bundes gezwungen worden, um Licht ins Dunkel der Vorgänge um das AKW Isar 1 zubringen. Seit Wochen weigert sich das Land, dem Bundesumweltministerium die Gelegenheit zur Teilnahme an einem Fachgespräch mit dem TÜV zu geben und erforderliche Schritte zurAufklärung der Affäre zu ergreifen. Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Rainer Baake, sprach von einem "beispiellosen Affront" des Landes gegen die Atomaufsicht des Bundesund warf der Bayerischen Staatsregierung vor, ihre verfassungsrechtlichen Pflichten zu verletzen.
Erst am gestrigen Vormittag war dem Bundesumweltministerium aus Bayern mitgeteilt worden, das Fachgespräch würde am heutigen Mittwoch stattfinden. Dabei, so das bayerischeUmweltministerium, könnten jedoch die "benannten Vertreter des BMU nicht empfangen werden". Als daraufhin das Bundesumweltministerium ankündigte, auf seinem Recht zur Teilnahme an demGespräch zu bestehen, entschloss sich das bayerische Ministerium, den Termin gänzlich abzusagen.
Staatssekretär Rainer Baake: "Das Verhalten Bayerns ist in der Geschichte der bundesdeutschen Atomaufsicht ohne Beispiel. Noch nie ist eine Landesbehörde der Atomaufsicht des Bundesunter solch offener Missachtung des Grundgesetzes gegenübergetreten. Das Recht des Bundes zur Teilnahme an Fachgesprächen ist unbestreitbar. Eine Behörde, die glaubt, sich in diesermassiven Weise über geltendes Recht hinwegsetzen zu können, muss sich fragen lassen, was sie eigentlich zu verbergen hat. Bayern ist offenkundig an einer rückhaltlosen Klärung dervom BMU gestellten Fragen nicht interessiert."
Baake wies darauf hin, dass ein im Januar übersandter Fragenkatalog des Bundesumweltministeriums bisher nicht beantwortet sei. Das BMU werde der bayerischen Atomaufsicht noch eine letzteFrist einräumen, der Weisung Folge zu leisten. Sollte sich Bayern auch darüber hinwegsetzen, behält sich das BMU verfassungsrechtliche Schritte vor.
Im Oktober des vergangenen Jahres war durch einen anonymen Hinweis bekannt geworden, dass sich zwei Mitarbeiter des AKW Isar 1 verabredet hatten, bei einer Sicherheitsüberprüfung durchden TÜV Süddeutschland relevante Daten zurückzuhalten. Der Vorgang hatte Schwächen der bayerischen Überwachungspraxis offenbart und insbesondere das Verhältnis zwischenTÜV und Anlagenbetreiber in einem fragwürdigen Licht erscheinen lassen. Fraglich erscheint insbesondere, ob der notwendige Bruchausschluss von Rohrleitungen in dem AKW nach dem Stand vonWissenschaft und Technik gegeben ist. Dies war für das Bundesumweltministerium Anlass zu weiteren bundesaufsichtlichen Prüfungen und Maßnahmen.
Trotz mehrfacher Aufforderung hatte das bayerische Umweltministerium bisher verhindert, dass die zuständigen TÜV-Mitarbeiter im Beisein des Bundesumweltministeriums zu ihrerÜberwachungspraxis befragt werden. Auch die zur Aufklärung erforderliche Einsicht in TÜV-Unterlagen wurde dem Bund verwehrt.