Sicherheit des Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) steht außer Frage

05.03.1997
Hinweis: Dieser Text stammt aus dem Pressearchiv.
Veröffentlicht am:
Laufende Nummer: 19/97 S
Thema: Endlagerprojekte
Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Leitung: Angela Merkel
Amtszeit: 17.11.1994 - 27.10.1998
13. Wahlperiode: 17.11.1994 - 27.10.1998
Bundesumweltministerium hält keine Gutachten unter Verschluß - Bundeskabinett beschließt Antwort auf Große Anfrage

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teilt mit:

"Die Sicherheit des Endlagers für radioaktive Abfälle Morsleben (ERAM) ist nach wie vor gewährleistet. Ein Anlaß für einen Stopp des Einlagerungsbetriebes ist nicht gegeben," erklärte Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel anläßlich der heute vom Kabinett beschlossenen Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion der SPD zum ERAM. "Entgegen anderen Behauptungen ist die Sicherheit des ERAM in der Betriebs- und Nachbetriebsphase gegeben. Dies wird durch alle Prüfungen, die insbesondere seit dem Übergang des ERAM in den Verantwortungsbereich des Bundesumweltministeriums durchgeführt wurden und laufend betriebsbegleitend durchgeführt werden, bestätigt", so die Bundesumweltministerin.

Das Endlager wird auf der Grundlage einer bis zum 30. Juni 2000 befristeten Genehmigung betrieben. Für die Zeit danach ist ein Antrag auf Planfeststellung beim Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt gestellt. Die grundlegenden Arbeiten dazu sind bereits im wesentlichen abgeschlossen. Auf der Basis der bisher insgesamt durchgeführten Untersuchungen besteht kein begründeter Zweifel daran, daß die Schutzziele zur Langzeitsicherheit eingehalten werden können.

Bundesumweltministerin Dr. Angela Merkel: "Die von Greenpeace und dem ZDF, Kennzeichen D, aufgestellten Behauptungen, das Bundesumweltministerium hielte Gutachten unter Verschluß, die Sicherheitsmängel im ERAM belegten, sind falsch. Das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) erstellte Gutachten liegt dem Bergamt Staßfurt vor. Dieses Gutachten bezieht sich auf den Zentralbereich der Grube Bartensleben, in dem gar nicht eingelagert wird."

Bereits die 1991 durchgeführte Sicherheitsanalyse hatte zum Ergebnis, daß der Zentralbereich als Einlagerungsort nicht geeignet ist. Alle Grubenteile wurden einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen. Seit 1994 wird im Ost-, Süd- und Westfeld wieder eingelagert. Seitdem sind ca. 12.000 m3 schwach- und mittelradioaktive Abfälle mit im wesentlichen kurzen Halbwertzeiten eingelagert worden.

Die Sicherheit des Betriebes wird fortlaufend gutachterlich im Auftrag des Bundesumweltministeriums begleitet. Dazu gehört auch ein im Auftrag des BfS erstelltes Gutachten von Professor Herrmann zu den Lösungszutritten im ERAM aus dem Jahr 1994, das salinare Lösungszutritte bestätigt. Sowohl die Reaktorsicherheitskommission als auch ein vom Umweltministerium Sachsen-Anhalt in Auftrag gegebenes weiteres Gutachten kamen zu dem Ergebnis, daß Gefährdungen des laufenden Betriebes nicht gegeben sind.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bundesregierung und der SPD hat vorgeschlagen, den Planfeststellungsantrag auf die Stillegung zu beschränken. Die Einlagerung radioaktiver Abfälle soll spätestens dann beendet werden, wenn das bislang vorgesehene Gesamtnuklidinventar erreicht ist. Ob das am 30. Juni 2000 oder - nach einer Verlängerung der Dauerbetriebsgenehmigung - später sein wird, kann derzeit nicht angegeben werden. Im Falle der "Wismut" ist eine Verlängerung der Übergangsfrist des Einigungsvertrages von 10 auf 15 Jahre mit großer Mehrheit des Bundestages beschlossen worden. Da das Planfeststellungsverfahren erst etwa im Jahr 2003 abgeschlossen sein kann, würde die Verlängerung der Dauerbetriebsgenehmigung die Rechtssicherheit für die Zeit nach dem 30.06.2000 erhöhen. Bundesumweltministerin Merkel: "Ich unterstütze diese Vorschläge. Nun gilt es, diese Unterstützung auch von anderer Seite zu bekommen."

Hintergrundinformation:

Zur Entsorgung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle wurde in der ehemaligen DDR ein zentrales Endlager in einer geologischen Salzformation konzipiert. Bei der Konzeption des Endlagers und den Anforderungen an seine Sicherheit wurde den Empfehlungen der Internationalen Organisation für Atomenergie (IAEO) gefolgt. 1970 wurde aus zehn Salzbergwerken die Schachtanlage Bartensleben am Rande der Gemeinde Morsleben (in Sachsen-Anhalt) für eine Nachnutzung als Endlager für radioaktive Abfälle ausgewählt.

Die erste Einlagerung radioaktiver Abfälle begann am 7. Dezember 1971 im Nordfeld des Bergwerks mit der Einlagerung von 235 m3 hauptsächlich Kobalt-60-haltigen Abfällen. Im Jahr 1981 nahm das ERAM den Routinebetrieb auf und erhielt am 22. April 1986 die Dauerbetriebsgenehmigung des Staatlichen Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz (SAAS) der ehemaligen DDR, welche aufgrund des durch den Einigungsvertrag ins Atomgesetz eingefügten § 57 a bis zum 30. Juni 2000 fortgilt. Bis zum Zeitpunkt der deutschen Vereinigung sind in dem Endlager der ehemaligen DDR ca. 14.400 m3 radioaktive Abfälle sowie 6.200 umschlossene Strahlenquellen endgelagert worden. Am 3. Oktober 1990 ging die Zuständigkeit für das ERAM auf das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Betreiber über. Nach vollzogenem Beitritt wurde die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE), Peine, vom BfS mit der Betriebsführung beauftragt. Das BFS überwacht sich als Behörde im Rahmen der materiellen Polizeipflichtigkeit von Hoheitsträgern selbst. Insoweit wurde die Eigenüberwachung des ERAM als eigenständige, vom Betreiber weisungsunabhängige Organisationseinheit eingerichtet, die wiederum der Fachaufsicht des Bundesumweltministeriums unterliegt.

Nach dem Übergang in das bundesdeutsche Rechtssystem wurden in einer dreijährigen Einlagerungsunterbrechung insbesondere die Sicherheit und die Technik des Endlagers überprüft. Nachdem diese Überprüfungen ergeben hatten, daß gegen eine weitere Einlagerung keine Bedenken bestehen, und zudem die Technik optimiert wurde, ist am 13. Januar 1994 der Einlagerungsbetrieb wieder aufgenommen worden. Seitdem wurden bis Ende Februar 1997 ca. 12.000 m3 schwach- und mittelradioaktive Abfälle mit überwiegend kurzen Halbwertszeiten aus der gesamten Bundesrepublik endgelagert. Bis zum Auslaufen der Dauerbetriebsgenehmigung am 30. Juni 2000 sollen weitere etwa 30.000 m3 eingelagert werden, so daß dann im Zeitraum 1994 bis 2000 insgesamt ca. 40.000 m3 und unter Berücksichtigung der zuvor in der DDR eingelagerten Mengen insgesamt etwa 55.000 m3 eingelagert sein werden.

Für den Zeitraum nach dem Auslaufen der Dauerbetriebsgenehmigung hat das BfS am 13. Oktober 1992 beim Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt einen Antrag auf Planfeststellung für einen Weiterbetrieb und die anschließende Stillegung nach Maßgabe noch einzureichender Unterlagen gestellt. Die Arbeiten zur Erstellung der Planunterlagen sowie die Bereitstellung von Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) laufen seitdem. Einen Schwerpunkt bilden dabei Untersuchungsprogramme und Arbeiten für eine langfristige Sicherheit nach dem Verschließen des Endlagerbergwerks (Verschluß- und Verwahrkonzept). Die Erstellung der Planunterlagen und die Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit können nicht vor 1998 abgeschlossen werden. Dies hat zur Folge, daß das Planfeststellungsverfahren nicht vor dem Jahr 2003 beendet werden kann.

Die Sicherheit des ERAM sowohl für die Betriebs- als auch für die Nachbetriebsphase ist mehrfach durch den jeweiligen Betreiber überprüft und dokumentiert, die Ergebnisse der Prüfung sind jeweils vom SAAS bzw. der Eigenüberwachung des BfS beurteilt worden. Darüber hinaus haben durch unabhängige Sachverständige gesamtheitliche Beurteilung und ins einzelnen gehende Prüfungen stattgefunden, z. B. durch die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) - nunmehr Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) - , die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) und die Strahlenschutzkommission (SSK). Hierzu zählen auch die Bewertung der Standsicherheit des Grubengebäudes, Untersuchungen für die Entwicklung eines geotechnischen Konzepts, eines Verfüll- und Verschließkonzeptes sowie für die Langzeitsicherheit.

Die Beurteilungen - auch durch unabhängige Experten - haben insgesamt ergeben, daß keine Gefährdungen bestehen, die eine Einstellung des Betriebes erforderlich machen würden. Erst im Oktober 1996 hat die GRS, die im Auftrag des BMU den Betrieb des ERAM fortlaufend durch gutachtliche Begleitung überwacht, als Ergebnis festgehalten, daß keine Hinweise auf Gefährdungen vorliegen. Seit 25 Jahren wird das ERAM somit ohne wesentliche Vorkommnisse sicher betrieben.

Im Hinblick auf die Langzeitsicherheit wurde über die unmittelbar nach der deutschen Vereinigung von der GRS und der BGR in einer gemeinsamen Sicherheitsanalyse vorgelegten Ergebnisse hinaus auf der Basis vorläufiger Untersuchungsergebnisse und eines vorläufigen Verfüll- und Verschließkonzeptes 1994 dargelegt, daß es Material- und Verschlußalternativen gibt, die den sicheren Einschluß der radioaktiven Abfälle gewährleisten und zum Teil erhebliche Sicherheitsreserven für die Langzeitsicherheit beinhalten. Ein abschließender Langzeitsicherheitsnachweis wird in das seit dem 13. Oktober 1992 laufende Planfeststellungsverfahren, daß auch die spätere Stillegung umfaßt, eingebracht. Nach heutigem Kenntnisstand besteht kein begründeter Zweifel daran, daß die Schutzziele zur Langzeitsicherheit eingehalten werden können.

05.03.1997 | Pressemitteilung 19/97 S | Endlagerprojekte
https://www.bmuv.de/PM1445
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